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Aufsatz zum Themenschwerpunkt

Italienisch als Herkunftssprache im Fremdsprachenunterricht: Die Rolle der Dialektkompetenz

Abstract

Unser Beitrag beschäftigt sich mit italienischen Herkunftssprecher/innen im Fremdsprachenunterricht Italienisch in Baden-Württemberg, wobei wir drei Perspektiven einnehmen: (i) die Mikro-Perspektive der Herkunftssprecher/innen,die in der Regel flüssig Italienisch sprechen, aber oft bidialektal mit einer Varietät des Italienischen sind, (ii) die Meso-Perspektive der Lehrenden, die diese angemessen in ihren Unterricht integrieren müssen, (iii) die Makro-Perspektive der Schulpolitik des Landes, die den Rahmen für den Italienischunterricht vorgibt. Die Mikro- und Meso-Perspektiven werden anhand von Survey-Studien mit ehemaligen Schüler/inne/n bzw. Lehrkräften dargestellt; die Makroperspektive anhand einer Analyse sprachpolitisch relevanter Dokumente. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Ausbildung der Lehrkräfte mit Hinblick auf Herkunftssprecher/innen und ihre Varietäten noch ausbaufähig ist.

Italian as heritage language in foreign language lessons The role of dialect competence
We investigate the situation of heritage speakers in Italian language classesin a federal state in Germany, taking three perspectives: (i) themicro-perspective of heritage speakers, mostly fluent in Italian but oftenbidialectal, (ii) the meso-perspective of the teachers who must interactadequately with them, (iii) the macro-perspective of the education policiesthat determine the curriculum. The micro- and meso-perspectives will berepresented by means of survey studies with former students and teachers, themacro-perspective by means of an analysis of policy-relevant documents. Resultssuggest that there is room for further improvement in teacher training when itcomes to heritage speakers and their varieties.

Riassunto. Il nostro saggio tratterà i parlanti d’originedell’italiano nelle lezioni d’italiano nel Baden-Wurttemberg tramite treprospettive: (i) La micro-prospettiva dei parlanti d’origine che di solitoparlano l’italiano molto fluido, ma che sono bidialettali con una varietàitaliana, (ii) la meso-prospettiva degli professori che devono interagireadeguatamente con loro durante le lezioni, (iii) la macro-prospettiva dellapolitica educativa del Land che disegna la cornice per queste lezioni. Le primedue prospettive verranno presentate da due sondaggi fatti con ex-studenti edocenti, mentre la macro-prospettiva sarà coperta da un’analisi di documentirilevanti per la politica delle lingue. I risultati lasciano capire che laformazione dei docenti sia da migliorare sui campi dei parlanti d’origine e leloro varietà.

Keywords: Herkunftssprecher/innen, Dialekte, Varietäten, Sprachenpolitik, Italienisch, Akzentbewertung, Italian, heritage speakers, dialects, varieties, language policy, accent rating

How to Cite:

Arona, Sebastiano & Kupisch, Tanja (2022):
Italienisch als Herkunftssprache im Fremdsprachenunterricht: Die Rolle der Dialektkompetenz.
Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 27: 2, 17–49.
https://doi.org/10.48694/zif.3491

1 Einleitung

Im Jahr 2020 waren nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamts 648.360 Personen mit italienischer Herkunft in Deutschland ansässig, von denen 24 % in Deutschland geboren sind (Statistisches Bundesamt 2020). Italiener/innen repräsentieren somit neben Personen mit türkischer, syrischer, polnischer und rumänischer Herkunft die fünftgrößte Gruppe in Deutschland.1 Diese Arbeit konzentriert sich auf Italiener/innen in Baden-Württemberg – eines der deutschen Bundesländer mit der größten italienischen Gemeinde und einem breit aufgestellten Angebot für Italienischunterricht (vgl. Michler/Reimann 2019: 5; Salvadori/Walla 2008, Schmid 2014: 26).

Viele der italienischen Arbeitsmigrant/innen, die seit den 1950er Jahren nach Deutschland eingewandert sind, stammen aus dem Mezzogiorno, dem Süden Italiens. Sie sind zu einer Zeit ausgewandert, als der Dialektgebrauch in Italien den Alltag dominierte, und aus Regionen, in denen die Dialekte (damals wie heute) lebendiger sind als in anderen Teilen Italiens (vgl. Berruto 2018; ISTAT 2017). Ferner wurden im Rahmen des Anwerbeabkommens der 1950er Jahre zwischen Italien und Deutschland insbesondere Personen ohne spezifische Ausbildung gesucht, so dass der Anteil von Arbeitern aus niedrigen Bildungsschichten, die vergleichsweise wenig Kontakt mit dem Standarditalienischen hatten, besonders hoch war. Da die Arbeitsmigrant/innen oft nicht nur aus ähnlichen Gegenden oder sogar den gleichen Dörfern stammten, fand die Kommunikation unter den Italiener/innen in Deutschland nicht selten in ihren regionalen Varietäten oder Dialekten statt (vgl. Schmid 2014). Die Nachkommen dieser Einwanderer machen heute die zweite oder dritte Generation der Italiener/innen in Deutschland aus und werden als Herkunftssprecher/innen (HS) des Italienischen bezeichnet.

Unser Beitrag soll unter anderem verdeutlichen, dass die sprachliche Vielfalt der Italiener/innen in Deutschland komplexer ist, als im Rahmen von Studien zum Bilingualismus üblicherweise angenommen. Aufgrund der gerade erläuterten Situation ist davon auszugehen, dass die Eltern der heutigen Sprecher/innen – typischerweise als baseline speakers bezeichnet (Polinsky 2018) – Dialekt wie Standard mit ihren Kindern gesprochen haben. In diesem Beitrag diskutieren wir die Implikationen für den Italienischunterricht in Deutschland.

Der Fokus richtet sich beispielhaft auf das Sizilianische, da mit Bezug auf die Zahlen für das Jahr 2008 (35 % der Italiener/innen in Baden-Württemberg kommen aus Sizilien) der Anteil sizilianischer Italiener/innen besonders hoch ist (vgl. Schmid 2014: 29). Konkret gehen wir folgenden Fragen nach:

  1. Was ist die sprachliche Realität der HS des Italienischen, welche Rolle haben ihre Dialekte dabei und was sind ihre eigenen Einstellungen und Erfahrungen beim Dialektgebrauch im Unterricht?

  2. Wie geht der baden-württembergische Bildungsplan für das Fach Italienisch mit der Präsenz von HS und Varietäten im Unterricht um?

  3. Bieten die Schulbücher Differenzierungs- und Individualisierungsangebote, die auf die Bedürfnisse der HS abgestimmt sind?

  4. Inwiefern sind Lehrkräfte auf die Präsenz von HS und den Gebrauch ihrer Varietäten vorbereitet?

Bevor wir die Thematik vertiefen, möchten wir den Dialektbegriff klären, da dieser je nach Kontext unterschiedlich verwendet wird. Es gibt kein allgemein akzeptiertes Kriterium zur Unterscheidung von Dialekt und Sprache, obwohl oft die Kriterien der gegenseitigen Verständlichkeit und der strukturellen Distanz zugrunde gelegt werden. Der Terminus Dialekt hat zwei Verwendungsweisen. In der ersten bezieht er sich auf die Varietät einer bestimmten Sprechergruppe, die durch ihre regionale Herkunft (Regiolekt), soziale Klasse (Soziolekt) oder Ethnie (Ethnolekt) definiert ist. Die Unterscheidung zwischen Standard und Nicht-Standard ist oft sozial, politisch oder historisch bedingt; auch die Standardvarietät kann als Dialekt bezeichnet werden. In dieser Bedeutung sind die Dialekte einer Sprache eng verwandt und untereinander verständlich. In der zweiten Verwendungsweise meint Dialekt eine Nicht-Standard-Varietät und kann eine politische Konnotation haben, da Dialekte meist keine institutionelle Verankerung haben. In Italien wird das Standarditalienische oft als die einzige ‚richtige‘ Sprache gesehen, während andere Varietäten als Dialekte degradiert werden (vgl. Dal Negro 2005). In diesem Sinne würde man die Nationalsprache nicht als Dialekt bezeichnen, weil sie Prestige hat sowie einen offiziellen Status und im Alltag und in allen Regionen das öffentliche Leben dominiert. Tatsächlich haben sich jedoch die Dialekte Italiens, inklusive des Standarditalienischen, unabhängig voneinander aus dem Latein entwickelt (vgl. z.B. Berruto 1989; Loporcaro 2009). Obwohl diese Tatsachen weitgehend bekannt sind, wird sowohl in nationalen Umfragen als auch in der sprachwissenschaftlichen Literatur der Dialektbegriff weitgehend in Opposition zu Standard(Italienisch) verwendet. In unserem Beitrag folgen wir dieser Konvention, wobei wir selbstverständlich keine Abwertung der Dialekte intendieren.

2 Die italienische Bevölkerung in Baden-Württemberg

2.1 Vom Arbeitsmigranten zum Migranten

Nach dem zweiten Weltkrieg lag Europa wirtschaftlich und materiell in Trümmern. Schnell wurde den deutschen Entscheidungsträgern klar, dass Arbeitskräfte für den Wiederaufbau nötig waren, die man aus dem Ausland anwerben konnte. Diese kamen ab Mitte der 1950er Jahre im Rahmen eines bilateralen Anwerbeabkommens als sog. Arbeitsmigrant/innen u.a. aus Italien, welches einen Arbeitskräfteüberschuss zu verzeichnen hatte. Die Dienststellen, die sich mit der Anwerbung italienischer Arbeitskräfte befassten, verloren jedoch an Bedeutung, da im Jahre 1961 die Personenfreizügigkeit innerhalb des Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) eingeführt wurde. Von dem Zeitpunkt an konnten italienische Staatsbürger problemlos nach Deutschland reisen und dort ein Arbeitsverhältnis aufnehmen, ohne den bürokratischen Weg über die Außenstellen der Agentur für Arbeit zu gehen (vgl. Caestecker/Vanhaute 2012; Schmid 2014; Steinert 2014). Die Folge war ein Hin- und Herpendeln von Italiener/inne/n zwischen einem Arbeitsplatz in Deutschland und einer Arbeitsmöglichkeit in Italien. Zusätzlich kam es durch die Möglichkeit der Reisefreiheit innerhalb der EWG zu einem Wandel in der Arbeitskräfterekrutierung (Sala 2012). Man verließ sich in Italien nun mehrheitlich auf die bereits in Deutschland lebenden Italiener/innen, die sogenannten Pioniere. Durch das informelle und personalisierte System der raccomandazione (Weiterempfehlung) (vgl. Schmid 2014: 273) besorgten die Arbeitsmigrant/innen Bekannten oder Verwandten, die noch in Italien waren, eine Arbeitsstelle. Dadurch hatten die raccomandati bereits beim Verlassen der italienischen Heimat einen Arbeitsplatz in Deutschland.

Die Arbeitsmigrant/innen hatten ursprünglich nicht geplant, über einen längeren Zeitraum in Deutschland zu bleiben. Vielmehr wollten sie ihre persönliche finanzielle Lage verbessern und sich mit dem erwirtschafteten Vermögen ein angenehmes Leben in ihren Herkunftsorten in Italien ermöglichen. Da es die wirtschaftliche Situation in Italien aber nicht zuließ, verzögerte sich die Rückkehr oft um viele Jahre. Für die meist jungen Italiener/innen war somit die einzige Lösung in Deutschland zu verbleiben, was in der Regel einen Familiennachzug oder eine Familiengründung bedeutete. Das Verbleiben in Deutschland warf für viele vor allem bildungstechnische Probleme auf. Weder konnten die Kinder der Arbeitsmigrant/innen auf Deutschkenntnisse zurückgreifen, noch war die deutsche Politik auf die schnelle Integration dieser Gruppe vorbereitet. Was im Kontext der heutigen Flüchtlingsaufnahme normal erscheint – nämlich die Frage nach einer raschen Integration der Migranten –, wurde im damaligen Deutschland vollkommen vernachlässigt. Die damalige Bundesrepublik Deutschland sah sich nicht als Einreise- bzw. Aufnahmeland und somit zumindest anfangs auch keine Notwendigkeit für integrationsfördernde Maßnahmen (vgl. Blümling 2018: 111–117).

Nicht nur die deutsche Politik, sondern auch die italienischen Migranten selbst sahen wenig Bedarf, die Sprache oder Kultur des Gastlandes kennenzulernen oder staatlich organisierte Integration zu erfahren (vgl. Blümling 2018). Stattdessen blieben sie meist unter sich, d.h. in ihren familiären Strukturen oder in ihrem Netzwerk mit anderen bekannten Arbeitsmigrant/innen aus ähnlichen Herkunftsorten (vgl. Schmid 2014: 288–292). Ferner gründeten sich in den 1970er und -80er Jahren in Deutschland Glaubensgemeinschaften unter der Bezeichnung der ‚Mission‘. Durch diese katholischen Verbünde wurden Plattformen geschaffen, auf denen sich italienische Migrant/inn/en austauschen und in Kontakt treten konnten (vgl. Thränhardt/Winterhagen 2012: 205–206). Diese rein italienischen Strukturen boten den neu eingetroffenen aus Italien eine erste Orientierung, eine Anlaufstelle, die ihnen das Leben in Deutschland näher brachte und sie an wichtige Stellen wie z.B. Ärzte oder Ämter verweisen konnte. Zusammen mit der Tatsache, dass viele Arbeitsmigrant/innen aus denselben Herkunftsorten kamen, trug zusätzlich dazu bei, dass sich in Deutschland italienische Sprachenklaven bilden konnten, in denen bestimmte Dialekte gesprochen wurden. Dieses dialektale Spracherbe gaben die Arbeitsmigrant/innen (in der Funktion der Baseline-Sprecher/innen) an ihre Nachkommen weiter.

2.2 Folgen der Migrationspolitik nach der Jahrtausendwende

Mit der Jahrtausendwende gab es verschiedene Neuerungen in der Migrations- und Integrationspolitik (vgl. Schmid 2014: 371). Durch das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) wird seit dem 1. Januar 2000 allen Kindern von Ausländern, die seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben (gemeint sind „gewöhnlicher Aufenthalt“ oder „Aufenthaltserlaubnis“), die deutsche Staatsangehörigkeit erteilt, wenn sie innerhalb der Bundesrepublik geboren wurden (§4 Absatz 3 StAG). Somit haben viele Nachkommen der Arbeitsmigrant/innen per Geburt in Deutschland die deutsche Staatsangehörigkeit und tauchen in vielen Statistiken zu ausländischen Staatsbürgern innerhalb der Bundesrepublik gar nicht auf. Unter diesem Gesichtspunkt muss man die folgenden Zahlen und Daten zur aktuellen Lage in Deutschland und speziell für Baden-Württemberg mit Vorsicht betrachten. Es dürfte eine hohe Anzahl an Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft oder deutscher Staatsangehörigkeit geben, die aufgrund ihrer Ethnie bzw. ihres Migrationshintergrundes als Italiener/innen zählen könnten und folglich HS des Italienischen sein könnten (vgl. Salvadori 2007: 5; Extra/Yagmur 2011). Als Reaktion auf diese unklaren Zahlen hat das statistische Landesamt Baden-Württemberg im Jahre 2015 die Bevölkerung nach Migrationshintergrund erfasst und nach drei Kategorien unterschieden. Demnach haben fast drei Viertel der Bevölkerung in Baden-Württemberg (72 %) keinen Migrationshintergrund, während 12,9 % einen Migrationshintergrund und eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzen. Deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund bilden die Brücke zwischen diesen beiden Gruppen und sind mit 15,1 % in der Gesellschaft im Südwesten repräsentiert. Personen mit Migrationshintergrund (unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit) sind also mit ca. 28 % ein zentraler Teil der baden-württembergischen Gesellschaft, wobei die italienische Bevölkerungsgruppe im Jahre 2015 die zweitgrößte Gruppe darstellte (7,5 % aller Personen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg) (vgl. Kölle 2017: 17–21). Noch heute bilden die Italiener/innen in Baden-Württemberg nach türkischstämmigen Personen die zweitgrößte Gruppe mit Migrationshintergrund und somit die größte Gruppe ausländischer EU-Staatsangehöriger in Baden-Württemberg. Die Erhebung des Landes vom 31.12.2020 zählte 183.920 Italiener/innen (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2020a), also ca. 1,65 % der Gesamtbevölkerung im Südwesten (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2021a).

2.3 Italiener/innen im schulischen Kontext/Bildungssystem

Unter der italienischen Bevölkerung in Baden-Württemberg gibt es viele schulpflichtige Kinder und Jugendliche, die schulische Einrichtungen des Landes besuchen, um einen Abschluss zu erlangen. Die amtlichen Schulstatistiken des Statistischen Landesamtes (2020b, 2020c, 2020d) geben allerdings ein entmutigendes Bild über die Verteilung der Italiener/innen an den weiterführenden Schulen: Von den im Schuljahr 2018/19 ca. 10.400 zur Schule gehenden Italiener/innen besuchten nur 902 (9 %) ein Gymnasium. Fast ebenso viele (897) besuchten ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ). Fast die Hälfte aller italienischstämmigen Schüler (47 %) besuchte eine Realschule, eine Werkreal- oder Hauptschule oder eine Gemeinschaftsschule. Ähnliche Zahlen ergaben sich aus einer Umfrage des Bundesministeriums für Migration und Flüchtlinge (BAMF 2010), wonach 11,5 % der Italiener/innen ohne Schulabschluss die Schule verließen, 61,1 % mit einem Hauptschulabschluss und nur 16,4 % bzw. 12,1 % mit einem Realschul-/Gymnasialabschluss. Hingegen haben unter den 726.729 deutschen Schulabgängern im Jahr 2019 nur 15,1 % einen Hauptschulabschluss erlangt, 42,7 % einen Realschulabschluss und 36,7 % die Hochschulreife (vgl. Statistisches Bundesamt 2021).

Diese Zahlen zeigen noch Jahrzehnte nach der Migration der Arbeitsmigrant/innen Probleme mit der Integration in das deutsche Bildungssystem. Der italienische Generalkonsul in Stuttgart, Salvadori (2007: 8), verwies bereits vor vielen Jahren auf die vergleichsweise geringen Zahlen von italienischstämmigen Lernenden in Realschulen oder Gymnasien und warnte davor, dass die hier lebenden Italiener/innen Probleme hätten, sich im Schulsystem zurechtzufinden und folglich weniger Chancen auf einen sozialen Aufstieg. Ein Grund dafür könnte in der Migrationsgeschichte der Italiener/innen liegen. Im Rahmen des Anwerbeabkommen wurden von Deutschland insbesondere Arbeiter ohne Ausbildung rekrutiert. Ferner kamen viele Italiener/innen, um Geld zu verdienen und sich ein besseres Leben zu ermöglichen, weshalb Arbeit und nicht Ausbildung priorisiert wurde. Diese Einstellung könnte an die Folgegenerationen weitergegeben worden sein. Ein weiteres Problem könnte im Italienischunterricht liegen. Salvadori (2007) bemängelte die Durchführung des muttersprachlichen Unterrichts als eine gesonderte Frage, d.h. unter Anwendung der in Italien üblichen Lehrpläne und ohne Verbindung zum deutschen Schulsystem. Ferner müsse Sorge getragen werden, dass im Zuge der Integration in das deutsche System ausreichend Möglichkeiten zum Erhalt der Herkunftssprache und der Kultur des Herkunftslandes geboten werden, was nicht nur eine höhere Wertschätzung symbolisieren würde, sondern auch der deutschen Gesellschaft zugutekäme. Hier könnte aufgrund der hohen Zahlen das Angebot ausgeweitet und an die Bedürfnisse der Italiener/innen im Land angepasst werden. An genau diesem zweiten Punkt setzt dieser Beitrag an. Wir argumentieren, dass der Fremdsprachenunterricht Italienisch trotz der vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit, dass HS des Italienischen daran teilnehmen, nur wenig an deren Bedürfnisse angepasst ist (vgl. Salvadori/Walla 2008: 21–23).

3 Sprachgebrauch und Italienischunterricht aus Perspektive der Herkunftssprecher/innen

Um Erfahrungen und Einstellungen von Schüler/innen mit sizilianischen Wurzeln in Baden-Württemberg (BW) zu erfassen, wurde ein Online-Fragebogen auf der Plattform SoSci Survey (https://www.soscisurvey.de/) erstellt. Neben Fragen zu Dialektgebrauch und Einstellungen wurden Sprachproben im Italienischen und Sizilianischen elizitiert.

3.1 Teilnehmer/innen

Die Rekrutierung der Teilnehmenden erfolgte über soziale und akademische Netzwerke. Nur vollständige Fragebögen aus BW wurden einbezogen. Die verbleibenden zehn Teilnehmenden hatten sizilianische Wurzeln, waren in BW wohnhaft, zwischen 18 und 30 Jahren alt, vorwiegend männlich (6/10) und gehörten überwiegend der dritten Generation an (6/10). Bei der Hälfte der Teilnehmer/innen stammten beide Eltern aus Sizilien. Fast alle (9/10) hatten Abitur, davon vier mit zusätzlichem Hochschulschluss. Die meisten (8/10) hatten Unterricht in Italienisch als Fremdsprache in der Schule2 bzw. in der Schule und Universität (7/10) und fühlten sich als Italo-Deutsche, also der deutschen und der italienischen Kultur zugehörig. Nur wenige hingegen (4/10) fühlten eine ausgeprägte Bindung an Sizilien. Das Sizilianische wird von den meisten (9/10) als Dialekt (und nicht als Sprache) klassifiziert und von fast genauso vielen (8/10) mit einem niedrigeren Prestige verbunden als das Standarditalienische. Von zehn Teilnehmenden spielt der Dialekt nur für zwei in der alltäglichen Kommunikation eine (sehr) wichtige Rolle, obwohl nach eigenen Angaben vier über produktive Kompetenzen im Sizilianischen verfügen (weitere 4 haben rezeptive Kompetenzen und 2 keine Kompetenz). Trotzdem empfinden von zehn Befragten sieben das Sizilianische als (sehr) schön, neun würden sich (sehr) freuen, wenn sie jemand auf Sizilianisch anspräche und würden es als (sehr) schlimm empfinden, wenn das Sizilianische ausstürbe.

3.2 Methode

Die Umfrage war in vier Komponenten gegliedert. Im ersten Teil wurden biographische Informationen erfasst. Es folgten Fragen zum Sprach- und Dialektgebrauch, zu Einstellungen sowie wahrgenommenen Einstellungen mit Hinblick auf das Sizilianische. Abschließend wurden die Teilnehmenden gebeten, eine Situation, stimuliert durch je eine Collage, einmal auf Italienisch und einmal auf Sizilianisch zu beschreiben. Konkret sollten sie eine Bestellung in einem Restaurant aufgeben, wobei auf der Collage verschiedenste (überwiegend sizilianische) Speisen abgebildet waren. Die Elizitation auf Sizilianisch war an die Angabe aktiver Dialektkompetenz geknüpft, d.h., nur wenn der/die Teilnehmer/in aktive Dialektkompetenz angegeben hatte, wurde er/sie zur Sprachproduktion auf Sizilianisch stimuliert.

3.3 Ergebnisse

Abbildung 1 zeigt den quantitativen Gebrauch der beiden italienischen Varietäten im Vergleich zum Deutschen mit unterschiedlichen Personen zu Hause und an der Schule bzw. Hochschule.3 Insgesamt zeigt sich ein starker Gebrauch des Italienischen; das Deutsche überwiegt lediglich mit Geschwistern, Cousins/Cousinen sowie an der (Hoch)Schule. Der Vergleich Italienisch vs. Sizilianisch in Abbildung 2 zeigt, dass – außer an der (Hoch)Schule – der ausschließliche Gebrauch des Italienischen eine Ausnahme darstellt und dass die meisten Teilnehmer/innen in allen Kontexten beide Varietäten verwenden. Der Kontakt mit den Großeltern sticht durch den überwiegenden Gebrauch des Sizilianischen hervor.

Abb 1: Gebrauch des Italienischen/Sizilianischen im Vergleich zum Deutschen

Abb 2: Gebrauch des Italienischen und Sizilianischen im Vergleich

Abbildung 3 zeigt die Einstellungen der HS in Bezug auf das Sizilianische. Während das Sizilianische von der Mehrheit nicht als wichtig für die alltägliche Kommunikation empfunden wird, haben die Sprecher/innen überwiegend positive Assoziationen (Liebe, Stolz, Sympathie) mit dem Sizilianischen bzw. dessen Sprecher/inne/n.

Abb 3: Einstellungen zum Sizilianischen und zu dessen Sprecher/inne/n

Mit Hinblick auf formale Kontexte, in denen sieben (Universität) bzw. acht (Schule) der Teilnehmenden Italienischunterricht hatten, geben sechs von 10 Befragten an, dass sie sich wohl gefühlt haben. Nur eine Person fühlte sich beim Hochschulunterricht überfordert und zwei Befragte haben sich eigenen Angaben zufolge in der Schule gelangweilt. Auf die Frage, ob der Dialektgebrauch im Unterricht durch die Lehrenden korrigiert wurde, gaben vier von fünf Personen an, dass sie in der Schule nie korrigiert wurden, eine Person hingehen immer. Für den Schulkontext gab ebenfalls nur eine von fünf Personen an, beim Dialektgebrauch korrigiert worden zu sein. Beim Gebrauch des Standards an der Hochschule gaben drei von sieben Personen an, dass sie nie korrigiert wurden, während die anderen vier Personen häufig korrigiert wurden. Für den Schulkontext war das Bild ebenfalls gemischt – mit fünf Personen, die angaben, kaum oder fast nie korrigiert worden zu sein, während die anderen fünf von häufigeren Korrekturen berichteten. Insgesamt deuten diese Daten darauf hin, dass der Dialektgebrauch im Unterricht von den befragten Herkunftssprecher/inne/n bis auf eine Person als nicht als besonders problematisch oder korrekturbedürftig empfunden wurde. Da jedoch lediglich vier Personen aktive Dialektkompetenz angaben, sind die Daten nur bedingt aussagekräftig, weshalb die Einschätzungen der Lehrkräfte hierzu weitere Informationen liefern könnten.

4 Der Italienischunterricht in Baden-Württemberg

Im Raum des heutigen Baden-Württemberg wird Italienisch seit Jahrhunderten als Fremdsprache unterrichtet. Schon die spätmittelalterliche Goldene Bulle (1356) des deutsch-römischen Kaisers Karl IV. erzählt vom Italienischunterricht. Hierin verpflichten sich die Kurfürsten, die eine bedeutende Rolle in der Wahl des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation spielten, ihre Kinder vom siebten Lebensjahr an in Latein, Italienisch und Tschechisch zu unterrichten (vgl. Müller 1957: 99). Die Lernenden waren also Sprösslinge adliger Familien mit Privatunterricht in Altitalienisch (vgl. Michler/Reimann 2019: 2–3). Mit Beginn der Neuzeit (16. Jh.–18 Jh.) waren auch Händler daran interessiert, dass ihre Kinder Italienisch lernten. Dabei ging es vor allem um mündliche Kompetenzen, die bei der Ausweitung existierender Handelsverbindungen auf die Apenninenhalbinsel hilfreich sein konnten (vgl. Michler/Reimann 2019: 4–5). Mit dem 17./18. Jahrhundert kam es zu einer Art Institutionalisierung des Fremdsprachunterrichts, indem Italienisch nun an Hochschulen, vereinzelt auch an weiterführenden Schulen sowie Gymnasien unterrichtet wurde. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gab es den ersten Italienischlehrer an einem Stuttgarter Gymnasium und das Fach Italienisch hatte im süddeutschen Raum den Status eines „ordentlichen Unterrichtsfach[s]“ erlangt (ebd.: 6; vgl. Schröder 1985: 414). Das Ziel des Italienischunterrichts blieben jedoch Italienkenntnisse zum Zwecke des Ausbaus wirtschaftlicher Beziehungen nach Italien. Erst im 19. Jahrhundert bekam das Italienische durch das Ansehen der italienischen Kultur und Sprache durch Dichter und Gelehrte (Goethe, Herder, Humboldt), Kaufleute und Adelige eine neue Bedeutung und wurde zunehmend gefördert (vgl. Michler/Reimann 2019). Es blieb jedoch ein Wahlfach, welches an wenigen Schulen unterrichtet wurde. Im 20. Jahrhundert schwankte das Prestige des Italienischunterrichts: Mit dem 1. Weltkrieg sank es aufgrund der schlechten politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien; mit der Machtübernahme des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland, das ein Bündnis mit dem gleichgesinnten faschistischen Italien anstrebte, nahm das Prestige wieder zu (vgl. Hausmann 2008: 62–65, 466–467). In der Nachkriegszeit hatten Englisch und Französisch eine größere Bedeutung, wodurch Italienisch die Rolle der dritten Fremdsprache übernahm (vgl. Michler/Reimann 2019: 7). Das 1958 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Kulturabkommen zwischen Italien und der Bundesrepublik Deutschland sollte den Stellenwert des Italienischunterrichts erhöhen; Italien verpflichtete sich dazu, selbiges mit dem Deutschunterricht umzusetzen. In den vergangenen Jahrzehnten durchlief das Fach Italienisch in Baden-Württemberg (und teilweise bundesweit) folgende Entwicklung (vgl. Michler/Reimann 2019: 8): (i) Mit der Oberstufenreform im Schuljahr 1972/73 wurde Italienisch bundesweit als Grund- und Leistungskursfach der gymnasialen Oberstufe etabliert; (ii) In den 1980er Jahren wurde Italienisch als dritte Fremdsprache ins Fächerportfolio in Baden-Württemberg aufgenommen und 1992/93 zum Leistungskursfach zugelassen; (iii) Um das Jahr 2000 wurde Italienisch in Baden-Württemberg als spät einsetzende Fremdsprache ab der 10. bzw. 11. Jahrgangsstufe eingeführt und verzeichnete damit eine stark ansteigende Nachfrage. Während es im Schuljahr 1968/69 bundesweit noch um die 2.000 Schülerinnen und Schüler mit Italienischunterricht gab, waren es im Jahre 2000 schon ca. 35.000 und im Jahr 2019 sogar über 50.000 (vgl. Michler/Reimann 2019).

4.1 Lehrkräfteausbildung

In Baden-Württemberg waren im Schuljahr 2015/16 insgesamt 98.844 Lehrkräfte tätig (vgl. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2017). Mehr als 20 % davon unterrichten an einem Gymnasium (21.446), was für das Fach Italienisch relevant ist. Die Anzahl an Italienischlehrkräften ist – vermutlich aufgrund der geringen Größe dieser Gruppe – statistisch nicht erfasst, aber der Nachwuchs an Lehrkräften lässt die schwache Repräsentation von Italienisch in der Fächerlandschaft erahnen: Im laufenden Schuljahr 2020/21 wurden mit Bestehen des zweiten Staatsexamens 46 Lehrbefähigungen erlangt (davon 42 von Frauen), d.h. 0,01 % der insgesamt 4.226 erteilten Lehrbefähigungen (vgl. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2021b).

Um an diesen Punkt zu gelangen, durchlaufen angehende Lehrkräfte in Baden-Württemberg eine Ausbildung, die sich in den letzten 20 Jahren nur minimal verändert hat. Aufgeteilt ist diese in einen universitären Teil4, in dem fachwissenschaftliche und fachdidaktische Aspekte erlernt werden, und in einen praktischen Teil, der sich auf die praktische Umsetzung des Bildungsplans und die Anwendung im Klassenzimmer konzentriert. Vergleicht man die letzten drei Prüfungsordnungen zum Lehramtsstudium5, lassen sich im Hinblick auf die Aspekte Herkunftssprecher/innen und Dialekte einige positive Entwicklungen feststellen. Diese sind jedoch weiterhin ausbaufähig. Die Verordnungen weisen zwar einen Trend zur Auseinandersetzung mit sprachlicher Heterogenität im Klassenraum auf, doch wie mit dieser Heterogenität umgegangen wird, bleibt weitgehend der Lehrkraft überlassen. Die nötigen Instrumente sollen die Lehramtsstudierenden beim Besuch des vorgeschriebenen Seminars zu Varietäten lernen, in denen es u.a. um die „Frage [nach] der Standardnorm“ geht. Nach der aktuell gültigen Rahmen VO-KM von 2015 soll auch das Thema „Spracherwerb“ Teil des Studiums sein, was auch eine Beschäftigung der zukünftigen Lehrkräfte mit HS bedeuten kann (WPO 2001; GymPO I 2009; RahmenVO-KM 2015). Dennoch müssen Lehramtsstudierende im Rahmen ihrer Ausbildung besser für die Zielgruppe der HS sensibilisiert werden.

Im praktischen Teil der Lehrkräfteausbildung, dem Referendariat, dürften die Lehrkräfte erstmals für einen längeren Zeitraum mit HS konfrontiert werden, da diese in der Regel Teil der zu unterrichtenden Klassen sind. Um diesen letzten Teil der Ausbildung erfolgreich beenden zu können, gibt es vom Kultusministerium verfasste Prüfungsordnungen, die die Lernziele für die Referendarinnen und Referendare vorgeben. Gerade in den neueren Verordnungen heißt es, dass die Lehrkräfte auf die besonderen Bedürfnisse der „Muttersprachler“ im Italienischunterricht einzugehen hätten (GymPO I 2009; RahmenVO-KM 2015; MKJS 2016a). Problematisch ist hier, dass den HS muttersprachliche Sprachkompetenzen unterstellt werden, obwohl sie selten die gleichen Kompetenzen wie in Italien lebende Muttersprachler/innen erlangen, zumal sie nicht die gleiche Quantität und Qualität an Input haben. Die Vorgaben greifen auch nicht die ggf. vorhandenen Kompetenzen in Nicht-Standardvarietäten auf, wodurch unangemessene Leistungserwartungen an die HS entstehen (vgl. Brehmer/Mehlhorn 2018; Villa 1996). Wichtig wäre es, diese Problematik näher zu beleuchten und die Lehramtsanwärter möglichst früh durch längere zusammenhängende Praxisphasen daran zu gewöhnen. Neben dem Referendariat könnte das Schulpraxissemester nach der RahmenVO-KM (2015) eine Gelegenheit für angehende Italienischlehrkräfte bieten, sich früh mit dem Thema zu beschäftigen.

4.2 Bildungsplan

Den rechtlichen Rahmen für den Fremdsprachenunterricht Italienisch in Baden-Württemberg bildet der Bildungsplan 2016. Hierin befinden sich alle Standards, nach denen die Lehrkräfte sich zu richten haben, wie z.B. die Zielsprache: Hier heißt es, dass der Unterricht grundsätzlich auf Italienisch „nach dem Prinzip der aufgeklärten Einsprachigkeit“ zu halten sei. Das zu erlernende Italienisch habe sich an der „italienische[n] Gegenwartssprache, wie sie heute von den nationalen Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie von der Presse verwendet wird“, zu orientieren (MKJS 2016b: 8). Somit ist das Maß, das die Italienischlehrkräfte anzulegen haben, das Standarditalienische. Einen Verweis auf die Varietäten Italiens sucht man im Bildungsplan vergeblich. Die Lehrkräfte sollten orientiert am Standarditalienischen eine „behutsam[e]“ Fehlerkorrektur in mündlicher Form durchführen, um den Lerneffekt zu fördern. Eine Messung an „Muttersprachlern“ sei jedoch nicht empfehlenswert. Besser sei es hier das Leistungsniveau der Klasse als Maßstab zu nehmen. Dennoch kommt der Hinweis, dass neben der „sprachliche[n] Korrektheit […] auch die Verständlichkeit und [die] […] Flüssigkeit sowie das Ausdrucksvermögen zu berücksichtigen sind“. Somit zeigt der Fremdsprachenunterricht Italienisch aus curricularer Sicht in seiner jetzigen Form wenig Spielraum für die Varietäten und die Bedürfnisse der HS (ebd.: 8).

4.3 Lehrmaterialien

Welche Differenzierungsangebote bieten die Lehrwerke und sind sie geeignet für HS? Der Bildungsplan sieht vor, dass Lehrwerke und andere Materialien im Unterricht verwendet werden (MKJS 2016b: 8) – so z.B. die zwei vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) zugelassenen Lehrwerke Ecco 1, 2 und 3 (jeweils von 2015, 2016 und 2017) und Scambio A1 und A2 (jeweils von 2015, 2016). Untersucht man nun diese zwei bildungsplankonformen Lehrwerke (vgl. ZSL 2021a und 2021b) nach ihrem Differenzierungsangebot (d.h. Zusatzaufgaben), lässt sich feststellen, dass ein Großteil der Zusatzaufgaben eine schriftliche Bearbeitung vorsieht. Das ist gut für die HS, die in diesen Bereichen in der Regel die größten Schwierigkeiten aufweisen (vgl. Banzhaf et al. 2015; 2016; Brehmer/Mehlhorn 2018). Der Großteil der Zusatzaufgaben, wenn auch in Schriftform, stellt jedoch in Scambio häufig Dialoge oder andere eigentlich mündliche Situationen dar (Banzhaf et al. 2015; 2016), obwohl für HS gerade Aufgaben, die die geschriebenen Register einbeziehen, wichtig sein dürften. Bei den Lehrwerken der Reihe Ecco scheint dies teilweise umgesetzt worden zu sein, denn dort finden HS im Differenzierungsteil Angebote zur Förderung der intensiveren Textarbeit. Mit Hinblick auf Varietäten bleibt das ernüchternde Urteil, dass diese keine explizite Erwähnung in den Lehrbüchern finden. Die Lehrkraft kann entsprechende Inhalte jedoch über selbst zusammengestellte Materialien zum Unterrichtsgegenstand machen und den Lernenden so die sprachliche Diversität Italiens vermitteln (vgl. Blahnik/Brückner/Cerrato-Baumeister 2015; Volk 2016; Legler 2017).

5 Die Perspektive der Lehrkräfte

Um die Erfahrungen und Einstellungen der Lehrenden zu erfassen, wurde eine Online-Umfrage mit SoSci-Survey erstellt (s. Anhang), an der 34 Lehrkräfte des Italienischen teilgenommen haben. Die Umfrage umfasste biographische Informationen, die Bewertung von Sprachproben (Rating-Studie) sowie Fragen zu Erfahrungen mit HS und Dialektgebrauch.

5.1 Teilnehmer/innen

Die Teilnehmer/innen waren überwiegend weiblich (85,3 %) und überwiegend (79,4 %) an Schulen und teilweise Hochschulen (20,6 %) in Baden-Württemberg tätig.6 Die Gruppe der Befragten war heterogen mit Hinblick auf Lehrdeputat, Berufserfahrung und Italienerfahrung. Die Lehrdeputate der Befragten umfassten zwischen weniger als fünf und mehr als 16 Wochenstunden; die Berufserfahrung variierte zwischen Teilnehmenden mit gerade abgeschlossenem Referendariat und mit über 26 Jahren Berufserfahrung, wobei knapp die Hälfte (53 %) zwischen 11 und 25 Jahren Berufserfahrung aufwies. Ein großer Teil der Lehrkräfte ist italienischer Abstammung durch beide Eltern (38,3 %), selten durch ein Elternteil (2,9 %), aber überwiegend ohne italienische Herkunft (58,8 %). Ein erheblicher Teil hat mehr als fünf Jahre in Italien gelebt (41,2 %) bzw. nie (32,3 %); ein vergleichsweise geringer Teil hat bis zu einem Jahr in Italien gelebt (14,7 %) oder 1–5 Jahre (11,8 %). Die Italienerfahrungen stammten überwiegend aus Norditalien (44 %) oder Mittelitalien (34 %). Nur zwei der Lehrkräfte haben in Sizilien gelebt und vier in Regionen, in denen süditalienische Dialekte gesprochenen werden, konkret Apulien (alto meridionale) und Kampanien (alto-meridionale, meridionale intermedio und meriodionale estremo). Die meisten Lehrkräfte geben an, nur passive Dialektkenntnisse zu haben (70,6 %) und nur ein geringer Teil auch aktive Kenntnisse (17.6 %). Auf die Frage, mit welchen Dialekten sie vertraut sind, gaben 48 % der Teilnehmer/innen süditalienische Dialekte an.

5.2 Methode

Die Umfrage wurde auf SoSci-Survey erstellt; die Teilnehmer/innen wurden per Einladungslink via Mail rekrutiert. Wie eingangs erwähnt, beinhaltete die Umfrage unter anderem ein Rating-Experiment, in dem die Lehrkräfte 28 Sprachproben mit Hinblick auf unterschiedliche Parameter bewerteten. Die zu bewertenden Sprachproben stammten von Italiener/inne/n auf Sizilien, HS des Italienischen in Deutschland und Fremdsprachenlernenden (FSL) des Italienischen (L1 Deutsch), wobei von den HS und Sizilianern jeweils zwei Sprachproben enthalten waren: eine, in der sie Italienisch sprechen und eine Bestellung in einem Restaurant aufgeben, sowie eine, in der sie Sizilianisch sprechen und eine Bestellung in einem Restaurant in Sizilien aufgeben. Die zu bewertenden Sprachproben verteilten sich wie folgt auf die unterschiedlichen Gruppen und Sprachcodes: Sizilianisch sprechende HS (N=4), Sizilianisch sprechende Sizilianer (N=6), Italienisch sprechende Sizilianer aus Sizilien (N=6), Italienisch sprechende HS aus Deutschland (N=6), deutsche FSL des Italienischen (N=6).

Die Sprachproben wurden in der vorangegangenen Studie (siehe 3.2) sowie auf Sizilien erhoben und auf eine einheitliche Länge von 9 Sekunden (±10 %) gekürzt. Die Proben wurden in semi-randomisierter Reihenfolge präsentiert und die Lehrkräfte bekamen keine Informationen darüber, von wem die Sprachproben stammten. Um die Lehrkräfte bei ihrer Bewertung nicht zu beeinflussen, wurden Fragen zur Erfahrung mit Dialekten und HS im Klassenzimmer erst nach der Rating-Studie gestellt. Die Bewertung der Proben in der Rating-Studie erfolgte in vier Schritten. Im ersten Schritt sollten die Lehrkräfte eine Schulnote zwischen 1–5 entsprechend dem deutschen Bewertungssystem (1=sehr gut, 5=mangelhaft) geben. Anschließend sollten sie auf einem Kontinuum (5-Punkte-Skala) bewerten, ob die Probe dialektal oder Standarditalienisch klingt und ob sie den Sprecher/die Sprecherin eher für eine/n Deutsche/n oder eine/n Italiener/in halten. Abschließend wurden sie gebeten, sofern als notwendig erachtet, Korrekturbedarf zu explizieren, wobei der Bereich der Korrekturen (Aussprache, Wortschatz, Akzent) in der Fragestellung vorgegeben wurde.

5.3 Ergebnisse

Die Bewertung nach Schulnoten (Abb. 4) zeigt, dass die besten Noten für Sizilianer und HS vergeben wurden, sofern sie Italienisch sprechen. Deutsche FSL erhalten bessere Noten als Sizilianer oder HS, wenn letztere Sizilianisch sprechen. Da einige Lehrkräfte italienische Muttersprachler sind und einige deutsche Sprecher/innen des Italienischen, ist ein Vergleich der Bewertungen der beiden Gruppen miteinander interessant. Der Vergleich zeigt, dass deutsche Lehrkräfte für die Dialektproben tendenziell etwas bessere Noten vergeben als Muttersprachler/innen des Italienischen, wobei sie diese jedoch etwas weniger gut als solche identifizieren können. Dies gilt insbesondere für HS, die von deutschsprachigen Lehrenden nur zu 86 % als Dialektsprecher/innen identifiziert wurden und von italienischsprachigen Lehrenden zu 93 %. Bei der Identifizierung der sizilianischen Sprecher/innen aus Sizilien unterscheiden sich die beiden Lehrergruppen mit je 84 % und 85 % nicht wesentlich. Für die sizilianischen Proben vergeben Italiener/innen im Schnitt die Note 3,4 bei Sizilianern und die Note 3,3 bei HS. Im Vergleich dazu vergeben die Deutschen im Durchschnitt die Noten 2,8 und 3,0. Bei den anderen Gruppen bewerten die deutschen Lehrkräfte tendenziell etwas strenger: 1,2 (italienische Lehrende) vs. 1,4 (deutsche Lehrende) für Italienisch sprechende Sizilianer, 1,8 (italienische Lehrende) vs. 1,9 (deutsche Lehrende) für Italienisch sprechende HS und 2,2 (italienische Lehrende) vs. 2,6 (deutsche Lehrende) für FSL.

Abb 4: Bewertung der Sprachproben nach Schulnoten

Die Lehrenden sehen entsprechend wenig Korrekturbedarf bei den Sizilianern und HS, wenn sie Italienisch sprechen (Abb. 5). Für die verbleibenden drei Gruppen wird Korrekturbedarf auf allen Ebenen, Aussprache, Lexikon und Grammatik gesehen, wobei die Aussprache eher bei den FSL als problematisch gesehen wird und Wortschatz eher bei den sizilianischen Sprachsamples.

Abb 5: Bewertung der Sprachproben nach Korrekturbedarf

Die Abbildungen 6 und 7 zeigen, zu welchem Grad die Lehrkräfte dialektale bzw. deutsche Einflüsse heraushören. Die sizilianischen Samples werden dabei eindeutig identifiziert (Abb. 6). Ein deutscher Einfluss wird überwiegend bei den FSL wahrgenommen und, in geringerem Maße, bei den HS, die in Deutschland aufgewachsen sind. Die Lehrkräfte sind also insgesamt, obwohl sie eine relativ heterogene Gruppe ausmachen, sehr gut in der Lage, dialektale und deutsche Einflüsse herauszuhören. Wie jedoch zuvor angedeutet, haben die italienischen Lehrkräfte die Dialektproben der HS etwas besser identifizieren können als die Lehrkräfte, für die Italienisch eine Fremdsprache darstellt (93 % korrekte Identifizierung vs. 86 %).

Abb 6: Bewertung der Sprachproben nach Dialekt vs. Italienisch („Klingt die Sprachprobe (eher) dialektal oder (eher) Standarditalienisch?“)

Abb 7: Bewertung der Sprachproben nach Deutsch vs. Italienisch („Klingt der Akzent der Sprecher/innen (eher) Deutsch oder (eher) Italienisch?“)

Mit Hinblick auf die praxisorientierten Fragen zu HS und Dialektgebrauch im Klassenzimmer/Kursraum zeigte sich, dass fast alle Lehrkräfte mit HS konfrontiert waren, die meistens einen Anteil von bis zu 10 % ausmachten, aber in einigen Fällen sogar bis zu 25 % der Klasse bzw. des Kurses. Dabei liegt der Anteil von Lernenden mit italienischem Hintergrund in den Sprachkursen an den Hochschulen höher als an den Schulen. Die Gestaltungsfreiheit, wie diese Lernenden zu unterrichten sind, liegt bei den Lehrenden, die sich überwiegend (zu 70 %) für ein differenziertes Unterrichtsangebot für HS und FSL aussprechen. Nur 10 % der Lehrenden favorisieren separaten Unterricht für die dialektsprechenden HS, während fast 20 % eine Trennung für nicht zielführend hält, sondern exakt dasselbe Programm wie bei FSL verfolgen würde.

Zu einem differenzierten Unterrichtsprogramm gehören auch die Materialien. So gaben zwei von drei befragten Gymnasiallehrkräften beim Thema Schulbuch an, dass sie Lehrwerke und Zusatzmaterialien zu gleichen Anteilen nutzen. Fast 30 % nutzen ausschließlich oder überwiegend das Schulbuch, während ein kleiner Teil von nicht einmal 5 % überwiegend andere Materialien für den Italienischunterricht heranzieht. Bei den eingesetzten Lehrwerken nannte die breite Mehrheit die bereits in Abschnitt 3 erwähnten Lehrwerke Ecco 1, 2 und 3 (Cornelsen) (2015, 2016 und 2017) und Scambio A1 und A2 (C.C. Buchner) (2015 und 2016), die vom Land Baden-Württemberg zugelassen wurden und sich durch ein breites Differenzierungsangebot auszeichnen. Dennoch greift die Mehrheit der Befragten unterschiedlich oft7 auf weitere Materialien zurück. Es steht natürlich außer Frage, dass eine Anpassung an die Bedürfnissen der Zielgruppe und dass Hinzuziehen weiterer Materialien sinnvoll ist. Trotzdem vermuten wir, dass der Rückgriff auf Alternativen auf die Heterogenität im Klassenzimmer und möglicherweise die Präsenz von HS zurückzuführen ist, für die es nicht genügend geeignete Aufgaben in den Lehrwerken gibt.

6 Diskussion

Die vorangehenden Abschnitte haben die Situation der italienischen HS im Fremdsprachenunterricht Italienisch am Beispiel von Sprecher/innen mit sizilianischen Wurzeln in Baden-Württemberg illustriert. Dabei wurden unterschiedliche Perspektiven eingenommen: die Mikroebene der Sprecher/innen selbst, die Makroebene der bildungspolitischen Vorgaben und die Metaebene der Institutionen. HS machen einen erheblichen Teil der Bevölkerung aus und viele von ihnen haben neben Kenntnissen im Deutschen und Italienischen passive oder sogar aktive Dialektkenntnisse.

6.1 Bildungsplan und Lehrmaterialien

Im Bildungsplan 2016 werden HS als solche nicht genannt (vgl. MKJS 2016b). Stattdessen ist von „Muttersprachlern“ die Rede, was in theoretischer Hinsicht zwar nachvollziehbar ist (VGL. Kupisch 2021; Kupisch/Rothman 2018), für die Lehrkräfte aber irreführend sein könnte, da Herkunftssprachen überwiegend im familiären Umfeld genutzt werden und ihre Sprecher/innen oft weder schriftliche noch formale Register erwerben. Einige HS haben zwar insbesondere in der mündlichen Kommunikation muttersprachliche Kompetenzen, könnten aber in anderen Bereichen ein ähnliches Niveau aufweisen wie Fremdsprachenlernende. Das Gleichsetzen mit „Muttersprachlern“ im Bildungsplan wird der besonderen Situation der HS nicht gerecht und könnte den Lernerfolg gefährden (vgl. MKJS 2016b: 4–8; Brehmer/Mehlhorn 2018: 38–47, 50–51, 86–93).

Der Bildungsplan 2016 thematisiert das Thema Dialektgebrauch nicht. Diese Tatsache verwundert sowohl aufgrund der bekannten Migrationsgeschichte der Italiener/innen (s. Abschnitt 3.1) als auch bei der Betrachtung der Daten zum Sprachgebrauch 3.3), wonach 80 % der Befragten rezeptive Kompetenzen und 40 % produktive Kompetenzen im Sizilianischen aufweisen. Ferner wird deutlich, dass im familiären Umfeld eine Mischung beider Varietäten vorherrscht. Im schulischen bzw. universitären Kontext benutzen die befragten HS zwar nach eigenen Angaben keinen Dialekt, doch ist nicht auszuschließen, dass Elemente aus dem Sizilianischen in ihre Variante des Italienischen einfließen (Code-Switching oder Spracheneinfluss), ohne dass es den Sprecher/inne/n selbst bewusst ist (vgl. dazu auch Villa 1996 und Leeman 2008 zum Spanischen). Für Lernende, die im Unterricht dialektale Elemente benutzen, sieht der Bildungsplan eine Korrektur vor. Das Ganze passiert jedoch ohne einen Hinweis auf die Lehrplaneinheit „Varietäten Italiens“, die das Phänomen hinter dem vermeintlichen „Fehler“ erklären würde. Die aktive Beschäftigung mit der sprachlichen Vielfalt Italiens wäre jedoch gerade ein wichtiger Teil der im Bildungsplan stark forcierten „interkulturellen kommunikativen Kompetenz“ (MKJS 2016b: 4). Den Themen Dialekte und HS wird also in der heutigen Lehrkräfteausbildung relativ wenig Aufmerksamkeit gewidmet; sie kommen, wenn überhaupt, nur in sprachwissenschaftlichen Veranstaltungen zur Sprache, wo wiederum die Verbindung zur Unterrichtspraxis nur selten hergestellt wird. In der Schulpraxis werden diese Themen als zweitrangig behandelt, auch wenn es mit dem dreiwöchigen Orientierungspraktikum, dem zwölfwöchigem Schulpraxissemester und der 18-monatigen Zeit im Vorbereitungsdienst einige Praxisphasen gibt, in denen die angehenden Lehrkräfte mit HS konfrontiert werden und erste Erfahrungen mit den Varietäten im Italienischunterricht sammeln können (vgl. RahmenVO-KM 2015; MKJS 2021).

Die Thematisierung der Dialekte im Fremdsprachenunterricht Italienisch könnte das Wissen um Varietäten fördern, was nicht nur in Anbetracht potenzieller Italienaufenthalte von FSL von Vorteil wäre, sondern gleichzeitig die Wertschätzung ihrer Sprecher/innen symbolisiert, die Teil des interkulturellen Klassenzimmers sind. Nicht nur die Betroffenen selbst dürften ein hohes Interesse daran haben, sich mit den Besonderheiten ihrer Gruppe zu beschäftigen. Leider handelt es sich um Wünsche, die vermutlich auch im nächsten Bildungsplan keine Berücksichtigung finden werden, da das Erlernen des Standarditalienischen in Schrift und Wort priorisiert wird. In den Kommentaren der Lehrkräfte-Umfrage wurde durch eine Lehrkraft explizit ausgedrückt, warum die Thematik der Dialekte nicht behandelt werden kann: „Seitdem es das G8 gibt, hat das Erlernen des Italienischen in der Sekundarstufe mit weiteren Schwierigkeiten zu kämpfen. Es fehlt Zeit um zu wiederholen und zu vertiefen […]“. Durch den Wegfall des neunten gymnasialen Schuljahres sei die für das Festigen der Italienischkenntnisse nötige Zeit weggefallen. Somit fehlt erst recht die Zeit, sich im Unterricht aktiv mit HS und Dialekten auseinanderzusetzen.

Die vom Land für den Italienischunterricht empfohlenen bzw. zugelassenen Lehrwerke bieten wenige Zusatzaufgaben für HS. Es bleibt der Lehrperson überlassen, die Heterogenität im Klassenzimmer anhand eigener Materialien auszugleichen. Die Lehrkräfte müssen sich zwar am Bildungsplan orientieren, haben aber die Möglichkeit, ihre Arbeitsmaterialien und Aufgaben an die Lernenden anzupassen. Unsere Umfrage zeigte, dass dies durch alle an den Schulen tätigen Lehrkräfte teilweise umgesetzt wird, indem sie eine Mischung aus Lehrbuch und anderen Materialien nutzen.

In Bezug auf Bildungsplan, Unterrichtsziele und Lehrwerke lässt sich also ein ernüchterndes Urteil fällen: Das Standarditalienische wird als Norm und Zielsprache definiert, wodurch Abweichungen davon als fehlerhaft und korrekturbedürftig anzusehen sind. Allerdings liege es im Ermessen der Lehrkraft die Korrekturen in einem angemessenen Maße durchzuführen, ohne die „Verständlichkeit (…), Flüssigkeit (…) [oder] das Ausdrucksvermögen“ der Lernenden in großem Maße zu behindern. Ebenso sei es wichtig, dass Muttersprachler im Italienischunterricht nicht als Maß für die Fremdsprachenlerner zu gelten hätten (MKJS 2016b: 8), wobei, wie zuvor diskutiert, die Bezeichnung „Muttersprachler“ irreführend sein dürfte. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige Weiterbildungsmaßnahmen vermehrt auf HS und Varietäten eingehen, um so die Unterrichtsqualität trotz der teils stark divergierenden Leistungsniveaus innerhalb der Klassenzimmer zu gewährleisten.

6.2 Sensibilisierung für Varietäten im Fremdsprachunterricht

Können Lehrkräfte kompensieren, was der Bildungsplan nicht thematisiert? Die Befragung von HS ergab, dass sich die Lernenden im Italienischunterricht überwiegend wohl gefühlt haben, was so interpretiert werden kann, dass im Allgemeinen auf die Bedürfnisse der heterogenen Klassenstruktur Rücksicht genommen wird. Einige Lernende haben sich jedoch während des Italienischunterrichts an der Schule gelangweilt, was auf Unterforderung durch ein ungeeignetes Unterrichtsprogramm hindeuten könnte (vgl. Götz/Frenzel 2010). Die Befragung der überwiegend sehr erfahrenen Lehrkräfte ergab, dass so gut wie jede Italienischlehrkraft in BW mit HS interagieren muss; die Tatsache, dass sie besondere Bedürfnisse haben, scheint vielen bewusst zu sein. Trotzdem verzichtet ein Drittel der befragten Lehrkräfte in heterogenen Lerngruppen auf Binnendifferenzierung zwischen FSL und HS. Der separate Italienischunterricht für HS, den sich fast 10 % der befragten Lehrkräfte wünschen, würde nach aktuellen Inklusionsforschungen ein falsches Signal setzen (vgl. Sturm 2016). Separater Italienischunterricht für HS würde den Lernbedürfnissen dieser Zielgruppe jedoch stärker entgegenkommen als die Beschulung innerhalb des Fremdsprachenunterrichts, der sich an Lernende ohne sprachliche Vorkenntnisse richtet. Der Wunsch erscheint daher durchaus nachvollziehbar, die Umsetzung wird aber häufig an Kapazitätsfragen scheitern. Im Sinne eines erweiterten Inklusionsbegriffs wäre es also sinnvoll, innerhalb heterogener Lerngruppen möglichst zielgerichtet zu differenzieren, um sowohl Fremdsprachen- also auch Herkunftssprachenlernende sprachlich zu fördern.

In Bezug auf Korrekturen durch die Lehrkräfte beim Gebrauch dialektaler Äußerungen bieten die Selbstaussagen der HS keine zuverlässigen Informationen, denn Dialektsprecher/innen benutzten Dialekt und Standard oft unbewusst, da die beiden Varietäten auf einem Kontinuum liegen. Auf die Frage, wie stark der Dialektgebrauch durch die Lehrkräfte tatsächlich stigmatisiert, unterbunden oder korrigiert wird, gibt der Bewertungsteil der Lehrkräfte allerdings einige Hinweise. Die Sprachproben mit Dialekt wurden als solche identifiziert und tendenziell als schlechter bewertet als Sprachproben von FSL sowie HS und Sizilianern, wenn diese Standarditalienisch sprechen. Während Lehrkräfte mit italienischem Hintergrund die Sprachproben besser klassifizieren können als ihre deutschstämmigen Kollegen/innen, bewerten sie diese tendenziell als negativer, was darauf hindeuten könnte, dass sie ihre Aufgabe darin sehen, die Standardsprache vor andersartigen Einflüssen zu bewahren (vgl. dazu auch Valdés et al. 2008 zum Spanischen). Die schlechtere Bewertung sizilianischer Sprachproben und die teilweise ungenaue Einordnung auf dem Kontinuum zwischen Standard und Dialekt legt nahe, dass Lehrkräfte noch besser darauf vorbereitet werden könnten, HS mit Dialektkompetenz zu unterrichten. Ferner dürfte die mit einer negativen Bewertung der Dialekte einhergehende Stigmatisierung die Motivation von Lernenden mit italienischer Herkunft im Unterrichtsverlauf deutlich dämpfen, da somit ihr kulturelles Erbe und folglich auch ihre Identität in Frage gestellt wird (vgl. Fleckenstein/Möller 2018). Die Lehrkräfte sind jedoch durch den Bildungsplan daran gebunden, das Standarditalienische als Norm anzuerkennen und jegliche Abweichung als fehlerhaft zu identifizieren. Sie haben somit nicht die nötige Handlungsempfehlung für den Fall, dass HS ihren Dialekt nutzen.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema der Dialekte und Varietäten im Italienischunterricht ist für alle Beteiligten ein wichtiger Baustein, der unserer Meinung nach zum obersten Ziel des Bildungsplans, der interkulturellen kommunikativen Kompetenz gehört (vgl. MKJS 2016b: 4). Aufgrund unser Ergebnisse erscheint uns die Ausbildung der Italienischlehrkräfte mit Hinblick auf HS jedoch noch ausbaufähig. Insbesondere könnte durch eine Anpassung in der Lehrkräfteausbildung eine noch stärkere Sensibilisierung für Varietäten erfolgen. Hier sind vor allem die Fachwissenschaften (insbesondere die Linguistik) und die Fachdidaktik, aber auch der Bereich der Sprachmittlung, in der Pflicht, sich in Bezug auf die Vermittlung von Varietäten in der Lehrerausbildung abzusprechen. Erstens darf der Gebrauch dialektaler Strukturen nicht stigmatisiert werden, denn mit der Stigmatisierung der Dialekte geht auch die Stigmatisierung ihrer Sprecher/innen einher. Dialektale Strukturen dürfen und sollen identifiziert werden, wenn es darum geht, die Standardsprache zu vermitteln. Sie als „falsches“ oder „schlecht(es)“ Italienisch zu bezeichnen ist jedoch sowohl aus didaktischer als auch fachlicher Sicht unangemessen. Wenn die linguistischen Grundlagen in den Fachwissenschaften gelegt werden und Studierende in den sprachwissenschaftlichen Veranstaltungen zumindest exemplarisch lernen, Varietäten (Dialekte, Register, kontaktsprachliche Phänomene) voneinander zu unterscheiden und entsprechende Unterschiede linguistisch zu beschreiben, kann in der Didaktik daran angeknüpft werden, indem man Diagnosekompetenzen und Strategien zur Bewusstmachung von Varietäten und Registern vermittelt und einübt. Auf diese Weise könnten HS einer dialektalen Varietät in ihrem Auftreten bestärkt werden. Zugleich erhalten Lernende des Italienischen als Fremdsprache einen Einblick in die sprachliche Vielfalt Italiens, und erwerben dadurch das im Bildungsplan festgeschriebene soziokulturelle Wissen und Sprachbewusstheit (vgl. MKJS 2016b: 4).

6.3 Forschungsdesiderata

Aufgrund des kleinen Samples müssen die hier vorgestellten Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden. Insbesondere in der Befragung der HS war die Anzahl der Teilnehmer/innen durch die Selektionskriterien (sizilianische Wurzeln, wohnhaft in Baden-Württemberg) sehr klein. Ferner haben diese unterschiedliche Arten von Unterricht besucht, der teilweise schon länger zurück lag. Eine größer angelegte Umfrage mit Lernenden italienischer Wurzeln könnte weitere Erkenntnisse liefern. Da quantitative Befragungen die Perspektive der Befragten naturgemäß nur in Auszügen erfassen kann, würde sich für eine weitergehende Analyse eine qualitative Herangehensweise in Form von Interviews mit den betroffenen Akteuren (Lehrern, Schüler/inne/n) anbieten. Was die Lehrkräfteausbildung angeht, so basieren unsere Erkenntnisse ausschließlich auf der Analyse von Statistiken, Curricula und Lehrwerken. Somit konnten wir hier nur die Rahmenbedingungen skizzieren, die zwar Hinweise geben, aber nicht ohne weiteres auf die Qualität der Lehramtsausbildung schließen lassen. Auch in dieser Hinsicht könnten qualitative Interviews weitere Erkenntnisse liefern.

7 Fazit

Das Migrationsland Deutschland sollte Integration nicht nur in der Gesellschaft betreiben, sondern muss es auch im Unterricht tun. Ein neues Ziel dürfte deshalb sein, das Schulfach Italienisch nicht nur auf FSL zuzuschneiden, sondern auch auf HS. Hierfür sind Kompetenzen erforderlich, die möglicherweise über die Vorgaben des Bildungsplans hinausgehen. Diese sind aus der sprachwissenschaftlichen Forschung zu HS generierbar und könnten in der Lehrkräfteausbildung mit Praxisbezug (stärker) thematisiert werden. Die Lehrkräfte-Befragung zeigte, dass HS im Italienischunterricht ein bekanntes Phänomen darstellen, aber die Lehrenden vor Probleme stellen. Die Lehrenden empfinden den Dialektgebrauch als besonders korrekturbedürftig, können aber aufgrund von Zeitmangel bei einem bereits (zu) vollen Bildungsplan und unterschiedlichen Leistungsniveaus in den Klassen auf diese (von der Standardsprache abweichende) Vielfalt nicht angemessen, z.B. mit Rücksicht auf vorhandene Dialektkompetenzen, eingehen. Eine mögliche Folge ist die Stigmatisierung des Dialektgebrauchs und eine verpasste Chance, deutschsprachige Lernende mit der sprachlichen Variation in Italien vertraut zu machen. Die Dialektthematik betrifft nicht nur das Italienische, sondern auch eine Reihe weiterer Herkunftssprachen wie Arabisch, Chinesisch, Französisch, Spanisch und Türkisch und ist deshalb für die Herkunftssprachendidaktik im Allgemeinen relevant. Die Sensibilisierung der Lehrkräfte für HS und ihre Dialekte sollte also im Fremdsprachencurriculum stärker berücksichtigt werden. Mehrsprachigkeit, Heterogenität und Interkulturalität dürfen nicht als Unterrichtshindernis gelten, sondern als eine Chance, aus sprachlicher Vielfalt und unterschiedlichen Leistungsniveaus eine offene Lernatmosphäre zu schaffen. Es bleibt zu hoffen, dass den Lehrkräften aller Fremdsprachen die nötigen Ressourcen in Form von Zeit, Informationen, Handlungshinweisen und Lernmaterialien zur Verfügung gestellt werden können, um den Unterricht für Lernervarietäten und Sprecher/innen unterschiedlichster Herkunft zu öffnen.

Notes

  1. Es ergeben sich allerdings Unschärfen in den Statistiken durch Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft (siehe Abschnitt 2.2). [^]
  2. Da der Fokus dieser Studie auf die Erfahrungen der HS im Fremdsprachenunterricht gerichtet war, haben die Befragten keine Angaben darüber gemacht, ob sie auch herkunftssprachlichen Unterricht besucht haben. [^]
  3. Hier wurde nicht spezifisch nach dem Sprachgebrauch im Italienischunterricht gefragt, sondern nach der Unterrichtssprache im Allgemeinen. [^]
  4. Regelstudienzeit zehn Semester (seit 2015: sechs Semester im Bachelor of Education und vier Semester im Master of Education, davor zehn Semester bis zum ersten Staatsexamen). [^]
  5. WPO (Wissenschaftliche Prüfungsordnung) vom 13. März 2001, GymPO I (Gymnasiale Prüfungsordnung I) vom 31. Juli 2009 und RahmenVO-KM (Rahmenvorgabenverordnung Lehramtsstudiengänge) 2015. [^]
  6. Lektor/inn/en an Hochschulen haben nicht immer ein Lehramtsstudium absolviert, aber sie haben – neben Erfahrungen mit HS in ihren Veranstaltungen – einen direkten Einfluss auf die sprachlichen Kompetenzen der angehenden Lehrenden an Schulen und wurden deshalb einbezogen. [^]
  7. 3,7 % der Befragten geben an, überwiegend auf weitere Materialien zurückzugreifen, während knapp jede/r Vierte überwiegend das Lehrwerk nutzt und zwei Drittel Schulbuch und andere Materialien zu gleichen Teilen im Unterricht verwenden. [^]

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Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.) (2020a): Bevölkerung im Überblick: Bevölkerung nach Nationalität – vierteljährlich. www.statistik-bw.de/BevoelkGebiet/Bevoelkerung/01035055.tab?R=LA (30.06.2022).

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.) (2020b): Allgemeinbildende Schulen. Ausländische Schüler nach Nationalität und Schularten. www.statistik-bw.de/BildungKultur/SchulenAllgem/LRt0607.jsp (30.06.2022).

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.) (2020c): Allgemeinbildende Schulen. Schüler nach Schularten und ausgewählten Nationalitäten. https://www.statistik-bw.de/BildungKultur/SchulenAllgem/13013004.tab?R=LA (30.06.2022).

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.) (2020d): Allgemeinbildende Schulen. Ausländische Schüler seit 1986/87 nach Nationalität und Schularten. www.statistik-bw.de/BildungKultur/SchulenAllgem/13015127.tab?R=LA (30.06.2022).

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.) (2021a): Zum Europatag: 908 000 EU-Staatsangehörige leben in Baden-Württemberg. Pressemitteilung 101/2021. www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2021101 (30.06.2022).

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.) (2021b): Allgemeinbildende Schulen. Lehrkräftenachwuchs. 2020/21 mit erfolgreich abgelegter 2. Lehramtsprüfung nach Lehrbefähigung (Fallzählung). https://www.statistik-bw.de/BildungKultur/SchulenAllgem/lehrerAusbildg.jsp (30.06.2022).

Steinert, Johannes-Dieter (2014): Migration and Migration Policy. West Germany and the Recruitment of Foreign Labour, 1945–61. Journal of Contemporary History 49: 1, 9–27.

Sturm, Tanja (2016): Lehrbuch Heterogenität in der Schule. München: Ernst Reinhardt.

Thränhardt, Dietrich & Winterhagen, Jenni (2012): Der Einfluss der katholischen Migrantengemeinden auf die Integration südeuropäischer Einwanderungsgruppen in Deutschland. In: Oltmer, Jochen et al. (Hrsg.): 199–216.

Valdés, Guadalupe; González, Sonia; López García, Dania & Marquez, Patricio (2008): Heritage Languages and Ideologies of Language. In: Brinton, Donna M.; Kagan, Olga & Bauckus, Susan (Eds.): Heritage Language Education, New York/London: Routledge, 107–130.

Villa, Daniel J. (1996): Choosing a „Standard“ Variety of Spanish for the Instruction of Native Spanish Speakers in the U.S. Foreign Language Annals 29: 2, 191–200.

[WPO] Wissenschaftliche Prüfungsordnung (2001): Verordnung des Kultusministeriums über die Wissenschaftliche Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien vom 13. März 2001, Stuttgart.

[ZSL] Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg (Hrsg.) (2021a): Liste der zugelassenen Schulbücher. Allgemein bildendes Gymnasium. Zulassungen auf der Basis des Bildungsplans 2016. www.schule-bw.de/service-und-tools/listen-der-zugelassenen-schulbuecher/schulbuchliste_gy_bp2016.pdf (30.06.2022).

[ZSL] Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg (Hrsg.) (2021b): Liste der zugelassenen Schulbücher Gymnasien. Zulassungen auf der Basis des Bildungsplans 2004. www.schule-bw.de/service-und-tools/listen-der-zugelassenen-schulbuecher/schulbuchliste_gy_bp2004.pdf (30.06.2022).

Lehrwerke

Ecco: 

Blahnik, Alexander; Brückner, Thomas & Cerrato-Baumeister, Olga (2015): Ecco 1. Berlin: Cornelsen.

Volk, Phillip (Hrsg.) (2016): Ecco 2. Berlin: Cornelsen.

Legler, Rosmarie (2017): Ecco 3. Berlin: Cornelsen.

Scambio:

Banzhaf, Michaela; Bentivoglio, Antonio; Bernabei, Paola; Bernhofer, Verena; Assunta Braidi, Claudia; Campagna, Anna; Cherubini, Simone; Fischer, Anne-Rose; Grassini, Stefano; Ickler, Ingrid; Klein, Annika; Maurer, Isabella;; Miceli, Tiziana; Nonn, Stephanie & Stenzenberger, Martin (2015): Scambio A, Schülerband 1. Bamberg: C.C. Buchner.

Banzhaf, Michaela; Bentivoglio, Antonio; Bernabei, Paola; Bernhofer, Verena; Assunta Braidi, Claudia; Campagna, Anna; Fischer, Anne-Rose; Grassini, Stefano; Ickler, Ingrid; Maurer, Isabella; Nonn, Stephanie & Stenzenberger, Martin (2016): Scambio A, Schülerband 2. Bamberg: C.C. Buchner.

Anhang

Questionario sul sondaggio dei docenti (versione originale in lingua italiana)

  • 1. In quale istituzione lavora?

    • istituto scolastico (con Sekundarstufe II)

    • università

  • 2. Riguardo alle lezioni/ai corsi d’italiano: Quante ore d’italiano insegna per settimana?

    Con ora si intende l’ora scolastica, cioé un’ora vale 45 minuti.

    • fino a cinque ore/settimana

    • tra sei e dieci ore/settimana

    • tra undici e 15 ore/settimana

    • più di 16 ore/settimana

    • attualmente non do lezioni/corsi d‘italiano

  • 3. Da quanti anni lavora in una scuola/università nel Baden-Württemberg come docente di italiano?

    (per i professori: Referendariat incluso)

    • solo il Referendariat

    • fino a cinque anni

    • tra sei e dieci anni

    • tra undici e 25 anni

    • più di 26 anni

  • 4. Ha vissuto in Italia per un periodo più lungo di sei mesi?

    • No

    • Sì, per un periodo tra sei mesi e un anno.

    • Sì, per un periodo tra uno e cinque anni.

    • Sì, per un periodo più lungo di cinque anni.

  • 5. Se sì, in quale regione/quali regioni d’Italia ha vissuto.

  • 6. Lei ha origini italiane?

    • Sì, mia madre è italiana.

    • Sì, mio padre è italiano.

    • Sì, entrambi i miei genitori sono italiani.

    • No.

  • 7. Inserisca la provincia (Landkreis) in cui sono nati i Suoi genitori e in cui è nato/a Lei.

  • 8. Qual è il Suo genere?

    • maschile

    • femminile

    • diverso

    • preferisco non rispondere

  • 9. Sulle prossime pagine del questionario avrà il compito di valutare alcune frasi che sono state realizzate da persone di età diverse in un contesto specifico: al ristorante.

    Dopo ogni audio dovrà rispondere a quattro domande.

    • A. Come valuterebbe la persona che ha parlato con i voti scolastici (del sistema tedesco) tra 1 (ottimo) e 5 (malissimo)?

    • B. Dove vedrebbe la persona che ha parlato nel continuo tra dialettale e italiano standard? (alternativa: „altro“)

    • C. Secondo Lei, la persona che accento ha? Dove si troverebbe la persona nel continuo tra “accento tedesco” e “accento italiano“? (alternativa: „altro“)

    • D. Correggerebbe la persona che ha sentito? Se sì, su quale campo (p.e. lessico, pronuncia, sintassi/grammatica etc.)?

Adesso La prego di ascoltare le frasi e di rispondere in modo spontaneo come se Lei si trovasse in classe/a lezione. Se vuole potrà riascoltare le frasi una seconda volta.

Seguono 28 prove vocali in ordine randomizzato con le domande A-D (veda sopra)

  • 10. Parla e/o capisce un dialetto/più dialetti dell’italiano?

    • Parlo e capisco un dialetto/più dialetti dell’italiano.

    • Capisco, ma non parlo un dialetto/più dialetti dell’italiano.

    • Non parlo e non capisco i dialetti dell’italiano.

  • 11. Se parla e/o capisce un dialetto/più dialetti, di quale dialetto/i si tratta?

  • 12. Come valuterebbe la relazione tra l’uso del libro scolastico e l’utilizzo di altri materiali per le Sue lezioni?

    • scala tra 1 (soltanto il libro scolastico) e 5 (soltanto altri materiali)

  • 13. Come si chiama il libro scolastico utilizzato dalla Sua struttura scolastica?

  • 14. Nei Suoi corsi si trovano anche degli studenti che hanno imparato l’italiano a casa?

  • Nella media, quanti punti percentuali dei Suoi studenti rappresentano?

    • tra il 1 e 10%

    • tra il 11 e 25%

    • tra il 26 e 50%

    • più del 51%

    • Non ci sono degli studenti con queste caratteristiche nei miei corsi.

  • 15. Se potesse decidere, come farebbe lezione con questi studenti che utilizzano il loro dialetto in classe?

    • un corso proprio con gli studenti che hanno imparato l’italiano a casa (più o meno come i corsi di un madrelingua)

    • lezioni con un programma differenziato (p.e. alcuni esercizi più specifici adatti alle necessità di ogni studente)

    • non distinguerei tra studenti che già sanno parlare l’italiano e quelli che ancora lo devono imparare come lingua straniera

  • 16. Questi studenti tendono a utilizzare il loro dialetto?

    (p.e. uno studente che ha imparato l’italiano a casa e ha genitori provenienti da Napoli o Milano, tende ad utilizzare anche il napoletano o il milanese durante le Sue lezioni?)

    scala tra 1 ((quasi) mai) e 5 ((quasi) in ogni lezione); non lo saprei dire

Fragebogen zur Lehrkräfte-Befragung (Übersetzung ins Deutsche)

  • 1. In welcher Einrichtung unterrichten Sie?

    • weiterführende Schule (mit Sekundarstufe II)

    • Hochschule

  • 2. Wie viele Stunden (Schulstunden à 45 Minuten) unterrichten Sie Italienisch?

    • Bis zu fünf Stunden/Woche

    • Zwischen sechs und zehn Stunden/Woche

    • Elf bis 15 Stunden/Woche

    • Über 16 Stunden/Woche

    • Aktuell unterrichte ich nicht

  • 3. Wie lange lehren Sie schon in Baden-Württemberg das Fach Italienisch?

    • bisher nur das Referendariat

    • bis zu fünf Jahre

    • sechs bis zehn Jahre

    • elf bis 25 Jahre

    • über 26 Jahre

  • 4. Haben Sie in Italien für einen längeren Zeitraum als sechs Monate gelebt?

    • Nein.

    • Ja, sechs-zwölf Monate.

    • Ja, zwischen einem und fünf Jahre.

    • Ja, länger als fünf Jahre.

  • 5. Wenn ja, in welcher Region/welchen Regionen?

  • 6. Haben Sie italienische Wurzeln?

    • Ja, durch meine Mutter.

    • Ja, durch meinen Vater.

    • Ja, durch beide Elternteile.

    • Nein.

  • 7. In welchem/n Landkreis/en sind Ihre Eltern und Sie geboren?

  • 8. Welchen Geschlechts fühlen Sie sich zugehörig?

    • Männlich

    • Weiblich

    • Divers

    • Keine Angabe

  • 9. Auf den folgenden Seiten werden Sie den Auftrag haben Sprachproben anzuhören und zu bewerten. Die Proben wurden durch Personen unterschiedlichen Alters im Rahmen eines Restaurantbesuchs erstellt. Nach jeder Sprachprobe werden folgende vier Fragen zu beantworten sein:

    • A. Wie würden Sie den Sprecher/die Sprecherin mit Schulnoten bewerten? (Wir beschränken uns auf die Noten 1 (sehr gut) – 5 (mangelhaft) des dt. Notensystems)

    • B. Wo würden Sie die Sprachprobe auf einem Kontinuum zwischen „dialektal“ und „Standarditalienisch“ einordnen? (Alternative: „Anderes“)

    • C. Welchen Akzent hat der/die Sprechende nach Ihrer Einschätzung? Legen Sie sich auf dem Kontinuum zwischen „deutschem Akzent“ und „italienischem Akzent“ fest. (Alternative: „Anderes“)

    • D. Würden Sie die Person korrigieren? Falls ja, geben Sie bitte an, in welchem Bereich (z.B. Lexik, Aussprache, Syntax/Grammatik, etc.).

Es folgen 28 Sprachproben in randomisierter Reihenfolge mit den Fragen A-D (s.o.)

  • 10. Sprechen/Verstehen Sie einen oder mehr Dialekte des Italienischen?

    • Ich spreche und verstehe einen oder mehrere Dialekte des Italienischen.

    • Ich spreche nicht, aber verstehe einen oder mehrere Dialekte des Italienischen.

    • Ich spreche und verstehe keine Dialekte des Italienischen.

  • 11. Falls Sie einen oder mehrere Dialekte sprechen/verstehen, um welche(n) handelt es sich?

  • 12. Wie würden Sie das Verhältnis des Gebrauchs des Schulbuches und anderer Materialien bei Ihnen beschreiben?

    Skala von 1 (ausschließlich das Schulbuch) - 5 (ausschließlich andere Materialien)

  • 13. Welches Lehrwerk benutzen Sie hauptsächlich für Ihren Unterricht/an Ihrer Schule?

  • 14. Befinden sich in Ihren Italienischklassen Lernende, die bereits zuhause Italienisch gelernt haben? Wie hoch ist der Anteil dieser Schüler/innen im Durchschnitt?

    • 1-10%

    • 11-25%

    • 26-50%

    • mehr als 51%

    • Ich habe keine solche Lernenden in meinen Klassen.

  • 15. Falls sich solche Lernende in Ihren Klassen befinden, wie würden Sie diese im Idealfall unterrichten wollen?

    • Ein eigener Kurs (eine Art muttersprachlicher Unterricht)

    • Binnendifferenzierter Fremdsprachunterricht gemischt mit Schüler/innen, für die Italienisch eine Fremdsprache ist

    • Ich würde diese Lernenden ohne besondere Differenzierung wie Fremdsprachlernende unterrichten

  • 16. Falls sich solche Lernende in Ihren Klassen befinden, erkennen Sie bei diesen Lernenden eine Tendenz zum Dialektgebrauch im Italienischunterricht? (z.B., ob ein Schüler/eine Schülerin aufgrund ihres neapolitanischen Hintergrunds im Unterricht dazu tendiert Neapolitanisch zu sprechen)

    • Skala von 1 (nie) – 5 (in jeder Unterrichtsstunde);

    • ich kann das nicht einschätzen

Kurzbio

Sebastiano Pio Arona studiert Italienisch, Geschichte, Deutsch und Bildungswissenschaften im Rahmen des Master of Education an der Universität Konstanz, um in Zukunft in der Sekundarstufe II unterrichten zu können. Seine Interessenschwerpunkte sind Sprach- und Bildungspolitik, Dialekte und herkunftsbedingte Mehrsprachigkeit.

                                                                                                Anschrift: 

                                                                                Universität Konstanz

                                                           sebastiano.arona@uni-konstanz.de

Tanja Kupisch ist Professorin für romanistische Linguistik an der Universität Konstanz und Adjunkt Professor an der UiT Arctic University of Norway (Tromsø). Sie forscht zur Mehrsprachigkeit in unterschiedlichen Kontexten (bilinguale Sprachentwicklung, Bidialektalismus, Tertiärspracherwerb, Sprachpolitik) mit einem Fokus in den Bereichen Syntax und Phonologie.

                                                                         Universität Konstanz und

                                                         UiT The Arctic University of Norway

                                                               tanja.kupisch@uni-konstanz.de

Authors

  • Sebastiano Pio Arona (Universität Konstanz)
  • Tanja Kupisch (Universität Konstanz und UiT The Arctic University of Norway)

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  • ZIF 27: 2 : Themenschwerpunkt: Unterricht in der Herkunftssprache

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