1 Einleitung
Anders als es die viersprachige Schweiz vermuten lässt, waren zweisprachige Schulmodelle nicht immer auf dem Vormarsch. Forschungen zu zweisprachigem Unterricht in der Schweiz gehen auf das Ende der 1980er Jahre zurück, als die verschiedenen Akteursgruppen begonnen haben, unterschiedliche Modelle auf allen Schulstufen zu entwickeln (vgl. Brohy/Brégy 1998; Fuchs 1999; Le Pape Racine 2000). Inzwischen ist das Thema ein wichtiger Bereich in der Bildungsforschung geworden. Im Rahmen des Berichts des Wissenschaftlichen Kompetenzzentrums für Mehrsprachigkeit wird zweisprachiger Unterricht vermehrt als „vielfältiges und aufstrebendes Modell“ gelobt (vgl. Elmiger/Siegenthaler/Tunger 2022b: 12; Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB 2015). Auch wenn diese zweisprachigen Unterrichtsangebote meist die Landessprachen und Englisch berücksichtigen, verfügen solche pädagogischen Projekte über eine noch wenig beachtete Scharnierfunktion: Sie öffnen den noch immer stark verbreiteten monolingualen Habitus (vgl. Gogolin 1994) und können Bildungsinstitutionen in Richtung lebensweltliche Mehrsprachigkeit (vgl. Gogolin 2010: 531) beeinflussen. Hier konkretisiert sich am Beispiel der zweisprachigen Grundausbildung für Lehrpersonen (Französisch/Deutsch) in Bern und Delémont der sogenannte Dritte Raum als Ort der Offenheit einer sprachenfreundlicheren und demokratischeren Bildung.
Von Verhandlung des Third-Space-Konzepts, das die starren Grenzen sprachlicher Vermittlungsarbeit problematisiert, der praktischen Vorstellung des bilingualen Studiengangs/Cursus bilingue, zu den Widerständen bilingualer Schulprogramme in der institutionellen Zusammenarbeit bis zum Ausblick auf Potentiale zweisprachiger Bildungsgänge mit Blick auf migrationsbedingte Mehrsprachigkeit und demokratischer Bildungswerte beleuchtet der vorliegende Bericht die Praxis und ihre zahlreichen Herausforderungen (Sprach-)Grenzen aufzulösen, respektive kritische Perspektiven anzubieten.
2 Der Dritte Raum oder über die Zweisprachigkeit hinaus
In heutigen Gesellschaften kann davon ausgegangen werden, dass es "keine rein einsprachigen Personen und Kontexte mehr gibt" (Elmiger/Tunger/Siegenthaler 2023: 12), sondern dass die meisten Menschen in schulischen, familiären, privaten oder beruflichen Kontexten mit mehreren Sprachen in Kontakt stehen und Erfahrungen in einem mehrsprachigen Umfeld machen. Mit dieser Perspektive, dass jede Person mit seinen Sprachen einzigartig ist, anerbietet sich das Denkmuster des Dritten Raums des indischen Theoretikers Homi K. Bhabhas. Seiner Theorie (1994) zufolge entsteht beim Zusammentreffen von (Sprach-)Kulturen ein sogenannter Third Space; er steht für eine Zone, einen Austragungsort und die Möglichkeit, kulturelle Differenzen hervorzubringen. Durch die gegenseitige Beeinflussung im sogenannten Dritten Raum werden bestimmte kulturelle Aspekte angenommen, verändert oder ignoriert, alternative Denkweisen werden möglich und nötig. In diesen Zwischenräumen können sich ursprüngliche Machtgefälle auflösen. Diese Betrachtungsweise des Da-Zwischens könnte für die Sprachen und Dialekte – auch die der Migration – herangezogen werden, so dass vermeintlich illegitime Sprachen einen anderen als den ihnen zugewiesenen Platz und neue Anerkennung erhalten würden, analog zu den legitimen Landes- oder Fremdsprachen (vgl. Zingg/Gonçalves 2022). Das Aufeinandertreffen der sprachlichen Räume eröffnet neue Diskurse, gerade in Bezug auf lebensweltliche Mehrsprachigkeit bzw. Sprachen der Migration.
It is that Third Space, though unrepresentable in itself, which constitutes the discursive conditions of enunciation that ensure that the meaning and symbols of culture have no primordial unity or fixity; that even the same signs can be appropriated, translated, rehistoricized and read anew (Bhabha 1994: 37).
Sprachliche Hybridität bildet die Antithese zu Konzepten von sprachlicher und interethnischer Grenzziehung sowie einem essentialistischen Sprach- und Kulturbegriff. Sprachliche Hybridität stellt einen wertneutral gedachten Oberbegriff von unterschiedlichen Formen der sprachlichen Vermischung dar. Insbesondere in den postkolonialen Diskursen der vergangenen Jahrzehnte gewann der Begriff Hybridität durch seinen prominenten Vertreter Bhabha eine zunehmende Bedeutung. Im Verständnis Bhabhas lässt der Prozess der kulturellen Hybridität etwas Anderes entstehen, etwas Neues und nicht Wiedererkennbares, einen neuen Bereich der Auseinandersetzung mit Bedeutung und Repräsentation. Um Sprachideologien der Nationalstaaten zu widerstehen und Bewusstheit für die eigentliche Hyperdiversität von Gruppen und ihren Sprecher*innen zu schaffen, kann der Weg in der Öffnung sogenannter Third Spaces bestehen.
3 Der bilinguale Studiengang/Cursus bilingue
Seit 2018 bieten die beiden Pädagogischen Hochschulen Bern (PHBern) und die Haute École Pédagogique der Kantone Bern, Jura und Neuenburg (HEP-BEJUNE) den bilingualen Studiengang/Cursus bilingue an. Der dreijährige Bachelorstudiengang umfasst 180 ECTS-Punkte und richtet sich sowohl an Studierende mit deutscher als auch französischer Erstsprache sowie an zwei- und mehrsprachige Studierende. Das Lehrdiplom für die Primarstufe und der Bachelor of Arts in Primary Education mit dem Vermerk zweisprachig Deutsch/Französisch ermöglicht das Unterrichten in der Deutschschweiz nach dem Lehrplan 21 (LP21) (vgl. ERZ 2016), in der Romandie nach dem Plan d’études romand (PER) (vgl. CIIP 2011) oder an zweisprachigen Schulen. Durch die Kooperation der beiden Pädagogischen Hochschulen wird zweisprachiger Unterricht auf Tertiärstufe gelebt und der bilinguale Studiengang/Cursus bilingue kommt damit einer steigenden Nachfrage von zweisprachigem Unterricht nach (Elmiger/Siegenthaler/Tunger 2020).1
Im Gegensatz zum traditionellen Sprachunterricht erleben die Studierenden des Cursus bilingue die Immersionssprache der jeweiligen Hochschule in allen Fächern: Während der drei Semester an der HEP-BEJUNE in Delémont findet der Unterricht in Französisch statt, während des 3., 4. und 5. Semesters an der PHBern grundsätzlich in Deutsch. Theorie, Praxis und Reflexion der sprachübergreifenden Praktiken werden verknüpft und gelebt und funktionieren dabei nach dem Prinzip der gegenseitigen, also reziproken Immersion2. Damit die sprachlich heterogen zusammengesetzten Studierendengruppen die Leistungsnachweise in den jeweiligen Unterrichtssprachen in Delémont (Romandie) und in Bern bewältigen können, werden spezifische Sprachkurse angeboten. An der PHBern wird die für alle – auch für die monolingual deutschsprachigen Studierenden – angebotene Schreibberatung in das bilinguale Curriculum eingebunden. Weiter sieht der bilinguale Studiengang Praktika in öffentlichen Schulen in der Deutschschweiz, der Romandie und in zweisprachigen Schulen in den jeweiligen Kantonsgebieten vor und ermöglicht es den Studierenden, sowohl in der Deutschschweiz als auch in der Romandie oder in einer zweisprachigen Schule zu arbeiten. Die konsequent zwei- und mehrsprachige Immersionsklasse der Lehrpersonenausbildung Primarstufe (Kindergarten – 6. Klasse) macht die Zweisprachigkeit und deren Potential sicht- und nutzbar. Der Unterschied zu den regulären Ausbildungsgängen für Lehrpersonen zeigt sich in der Organisation der zweisprachig zusammengesetzten Studierendengruppen, die ein Eintauchen in die jeweils andere Sprachgruppe unterstützt (Prinzip der reziproken Immersion). Die reziproke Immersion3 verlangt von beiden in den Ausbildungsprozess involvierten Institutionen eine enge Zusammenarbeit, die von Offenheit und Respekt geprägt ist. Diese sprachliche und transkulturelle Sensibilisierungsarbeit zwischen den Akteursgruppen beider Institutionen manifestiert sich auf allen Ebenen, also von den Studierenden, dem Lehrkörper, der Administration bis zu den Leitungspersonen.
3. 1 Studierendenklientel
Die bilingualen Klassenzüge sind sprachlich gemischt zusammengesetzt, wobei die Sprachenprofile4 der Studierenden seit der Lancierung in den bisher sieben Kohorten unterschiedlich ausfielen: Einmal bestehen die Gruppen mehr als zur Hälfte aus Deutschsprachigen und meist etwas mehr – Französischsprachige, zudem kommen weitere Erstsprachen wie Arabisch, Englisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Spanisch oder Vietnamesisch hinzu. Einige der Studierenden sind nicht nur lebensweltlich zweisprachig Deutsch-Französisch, sondern können als trilingue bezeichnet werden. Hinzu kommt, dass meist mehrere Studierende pro Kohorte ihr fünftes Semester als Mobilitätssemester an einer ausländischen Universität absolvieren, meist in einem englischsprachigen Raum. Die Zusammensetzung der Studierendengruppen ist sprachlich heterogener als im monolingualen Studiengang Primarstufe; die üblichen Zuordnungen in Ein- oder Zweisprachige werden durch mehrsprachige Studierende erweitert, was die positive Grundhaltung, nicht nur gegenüber der Zwei-, sondern allgemein gegenüber der Mehrsprachigkeit unterstreicht5. Die Grösse der Studierendengruppen variiert zwischen 10 und der maximalen Teilnehmendenzahl von 30 Studierenden.
3.2 Die Begleitmodule – Herzstück des immersiven Studiengangs
Für jedes der sechs Semester der Grundausbildung ist ein studiengangsspezifisches Begleitmodul (BM) oder module d'accompagnement vorgesehen. Während die an der HEP-BEJUNE angebotenen BM den Schwerpunkt stärker auf die Klasseninteraktionen und das Lehrmaterial legen, betonen die drei an der PHBern angebotenen BM die Vielfalt der Ausbildungspraktiken sowohl in den Volksschulen als auch im Tertiärbereich in den beiden Sprachregionen. Konkret ermöglichen die BM einerseits Einzelthemen, die in den beiden einsprachigen Institutionen klassischerweise nicht oder nur wenig thematisiert werden: Bewusstmachung des soziolinguistischen Kontexts der Schweiz, epistemologischer Vergleich zwischen den Curricula LP21 und PER sowie der Lehrmittel der beiden Sprachregionen, Didaktik der Mobilität und des Austauschs, Fokus auf Migrations- und Herkunftssprachen oder das Konzept des Translanguaging (vgl. García/Li Wei 2014; Dietrich-Grappin 2017). Andererseits bieten die modules d'accompagnement Raum für den gegenseitigen Austausch von Beobachtungen in den laufend geführten Logbüchern oder Diskussionen über wissenschaftliche Lektüren. Weitere Reflexionen werden durch Debatten, Gastreferent*innen oder den Austausch mit Praktiker*innen im Kontext von zwei- und mehrsprachigem Unterricht in Gang gehalten. Die Komplexität zeigt sich darin, eine kritische und fundierte persönliche Haltung gegenüber dem zwei-/mehrsprachigen Unterricht zu entwickeln, also der Zugang reicht über zweisprachige Schulmodelle hinaus und sensibilisiert grundsätzlich für mehrsprachigen Unterricht im Praxisfeld. Neben den Besonderheiten der Ausbildungsfelder der BM sind auch die Abschlussarbeiten eigens konzipiert, die Bachelorarbeit kann im Cursus bilingue in Deutsch, Französisch oder aber zweisprachig verfasst werden6. Als nouveauté kann dabei eine Co-Betreuung beantragt werden, d.h. je eine Expertin oder ein Experte der beiden beteiligten Hochschulen begleiten und betreuen diese wissenschaftliche Arbeit.
Die Studierenden haben die Möglichkeit, sich mit den verschiedenen Modellen des zwei- und mehrsprachigen Unterrichts auseinanderzusetzen (z.B. punktueller Kontakt mit der Partnersprache in Form von ateliers bilingues; trilinguale Schulen). Sie sind einer großen Vielfalt an Vorstellungen und konkreten Praktiken des Lehrens und Lernens von und durch Sprachen ausgesetzt. In diesem Zusammenhang steht nicht die Beziehung zum anderen im Vordergrund, sondern die eigene Positionierung (vgl. Gohard-Radenkovic 2006). Dabei werden zahlreiche Selbstverständlichkeiten und Überzeugungen dekonstruiert und hinterfragt: jene im Zusammenhang mit native/non-native speaker (vgl. Derivry-Plard 2020) und ihre (Il-)Legitimität, fremde Sprachen zu unterrichten, oder die euphorischen und naiven Visionen der aktuellen mehrsprachigen „Doxa“ (Adami/André 2015: 1). Die Herausforderung besteht darin, sowohl ein Bewusstsein über plurilinguale und plurikulturelle Kompetenz (vgl. Coste/Moore/Zarate 1997) als auch eine kritische und fundierte persönliche Haltung zum zwei-/mehrsprachigen Unterricht zu entwickeln. Diese Beobachtungen lassen sich beim Lesen der journaux de bord feststellen, in denen die Studierenden ihre Reflexionen während der Grundausbildung kontinuierlich festhalten (vgl. Robin 2024).
3.3 Praxisphasen – Erleben und Reflektieren
Die immersive Lehrpersonenausbildung Primarstufe bietet während der dreijährigen Ausbildung Praktika in deutsch-, französisch- und zweisprachigen Schulen an. Dazu gehören die Klassenzüge der Filière Bilingue (FiBi) in Biel/Bienne, die Classes bilingues (Clabi) in der Stadt Bern, und die obligatorischen Schulen im programme d'enseignement de l'allemand par immersion (PRIMA) und Année d'immersion en Allemand (ANIMA) im Kanton Neuenburg. Hier finden ein Erleben und eine Vertiefung der Unterrichtssprachen statt, die von den angehenden Lehrpersonen als inhaltliche Investition ihrer spezifischen Grundausbildung gesehen werden. Der Austausch zwischen zukünftigen und erfahrenen Lehrpersonen während dieser berufspraktischen Ausbildung entwickelt die kantonale Zweisprachigkeit weiter und vertieft generell das sprachliche Bewusstsein in den (zweisprachigen) Grenzkantonen, wie das Beispiel der deutschsprachigen Praxislehrperson7 Céline zeigt: „Ich denke, während dem Praktikum konnten wir sprachlich voneinander profitieren, ich im Französisch, die Studierenden im Deutsch“ (Céline, Auszug aus einer E-Mail vom 22.09.2022)8.
In den journaux de bord werden die Reflexionen, das Wundern und Staunen der Studierenden manifest. Das von ihnen geführte Logbuch wird zu einer Erzählung, einem récit de l’étonnement (vgl. Keller-Gerber 2022). Die Studierenden reflektieren sowohl ihre sprachlich-pragmatischen Fertigkeiten als auch ihre plurikulturellen und plurilingualen Kompetenzen. Diese gewinnen zunehmend an Bedeutung und haben mit der Einführung des Companion volume (vgl. Council of Europe 2018), dem Begleitband der Kompetenzbeschreibungen zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER), einen Schub erfahren, nicht zuletzt aus sprachpolitischer Sicht. Die angehenden Lehrpersonen erweitern mit dem Einblick in zwei Sprach- und Kulturräume ihr persönliches Repertoire an sprachlichen und sprachkulturellen Ressourcen und sind in der Lage, diese Fähigkeiten einzusetzen, um zwischen Menschen unterschiedlicher soziokultureller und soziolinguistischer Hintergründe zu vermitteln, oder sich zumindest auf diesen Prozess einzulassen. In ihrem Logbuch legt die Studentin Mirjam des Cursus bilingue, beispielsweise den Schwerpunkt auf das Konzept der Autorität, indem sie eine Praktikumssituation in einer französischsprachigen 8H (oder 6. Klasse)9 und in einer 3./4.-Klasse der Deutschschweiz (oder 5H/6H) vergleicht:
Mir ist vor allem ein Aspekt besonders aufgefallen, und zwar was die Autorität betrifft. In meinem ersten Praktikum, in Delémont selbst, hatte ich festgestellt, wie streng und unnahbar die Lehrperson agierte. Ich habe mich damals schon gefragt, ob dies wohl normal sei und auf welche Gründe dieses Auftreten zurückzuführen sei. Eine Aktion der Lehrperson hat mich besonders schockiert. Ein Schüler hatte wiederholt vergessen ein Blatt zu Hause zu unterschreiben, weil er es in der Schule im Pult vergessen hatte. Die Lehrperson hat diesen Schüler aufgefordert, sein Pult aufzuräumen und als dieser dies nicht tat, hat die Lehrperson den gesamten Inhalt des Pultes genommen und auf den Boden geworfen (Mirjam, journal de bord, BM4, Eintrag vom 24.02.2022).10
Das Erstaunen über diese Beobachtung zieht einen Austausch zwischen Mirjam und der frankophonen Lehrperson nach sich. Anschliessend stellt die Studentin ihre Analyse einer Erfahrung aus dem nachfolgenden Praktikum gegenüber: „Jetzt im dritten Praktikum war die Lehrperson auch sehr autoritär, aber es war ganz anders. Diese Autorität von ihr war wohlwollend und fair“ (ebd.). Mirjam fragt sich, ob die von ihr wahrgenommenen Unterschiede auf die beiden Sprachregionen zurückzuführen seien oder ob diese Beobachtungen mit der Schulstufe bzw. mit den jeweiligen Klassendispositionen zu tun haben. Die in der Mitte ihres Bachelorstudiums stehende Studierende reflektiert ihre Erfahrungen in zwei geografisch zwar nahe beieinander liegenden Sprachregionen, deren Bildungssysteme sie doch als unterschiedlich wahrnimmt. Dabei fragt sie sich, in welchem System sie sich positionieren möchte. Ihre differenzierten Überlegungen sind selbstkritisch und stehen für einen kritischen und reflektierten Umgang mit Klischees und/oder Kategorisierungen von sprachkulturellen Zugehörigkeiten. Solche mobilitätsähnlichen Erfahrungen mit „professionellem Mehrwert“ (Leutwyler/Amberg 2017: 45) werden gefordert um ihr Potential bezüglich „lehrberufsspezifischen Kompetenzen“ einzulösen (ebd.: 44). Ein anderer, bei Mirjam Irritation auslösender Moment betrifft die unterschiedlichen Fehlerkulturen und die Frage des Akzents in der Deutsch- und Westschweiz:
Ich habe eine Kollegin, die ebenfalls eine Ausbildung zur Lehrperson begonnen hat, und sie hatte erst gerade ein Gespräch mit einem Dozenten, weil sie die Französischprüfung nicht bestanden hatte und aus dem Studium ausgeschlossen wird, für vier Jahre. Sie arbeitet schon Teilzeit an einer Schule. Dieser Dozent hat ihr im übertragenen Sinne gesagt, sie solle sich schämen mit ihrem (schlechten) Französisch eine PH zu besuchen und dann dieses Fach auch unterrichten zu wollen. Er hatte sie gefragt, ob sie bei ihrer Arbeitsstelle auch Französisch unterrichtet, und als sie dies bejahte, hat er gesagt: «die Schüler*innen hätten Anspruch auf gutes Französisch» (Mirjam, journal de bord, BM4, Eintrag vom 03.03.2022).
Die kontinuierlichen Praktikumserfahrungen in den beiden Sprachregionen zeigen sich in Mirjams weiteren Überlegungen. Sie meint, dass sie die Sprachkompetenzen ihrer Kollegin nicht abschließend beurteilen könne, gibt aber zu bedenken, dass diese immerhin vor der Aufnahme in den Cursus bilingue das DELF B2-Diplom bestanden und anschliessend noch einen Sprachaufenthalt gemacht habe. Mirjam kommt in ihren Reflexionen zu dem Schluss, dass diese Erwartungshaltung sie beschäftige und sie ein solches Auftreten des Dozenten als unprofessionell einstufe.
Das Studium fordert die zukünftigen Lehrpersonen heraus, Studieninhalte und Rahmenbedingungen aus einem verbreiteten Blickwinkel zu betrachten. Die erlebten Normvorstellungen und Zuschreibungen fördern Mirjams Reflexionskompetenz. Die Thematik lässt sie nicht los und im nächsten Eintrag stellt sie diese Fehlerkultur in den Kontext der gelebten Zweisprachigkeit:
Meine Antwort darauf wäre ganz klar: Ja, man hat das Recht Fehler zu machen. Man lernt daraus und es ist ganz einfach menschlich. (…) Die Akzeptanz in der Zweitsprache Fehler zu machen ist indessen immer noch grösser, als wenn man zwei Erstsprachen hat (zweisprachig ist). Meine Mitstudierenden, die zweisprachig aufgewachsen sind, erzählen oft, dass sie nicht das Recht hätten Fehler zu machen, weil der Anspruch auf das perfekte Beherrschen beider Sprachen an sie gestellt wird. Ah, du bist doch zweisprachig, wieso kannst du das nicht übersetzen, wieso benutzt du den falschen Artikel (Mirjam, journal de bord, BM4, Eintrag vom 10.03.2022).
In diesem Eintrag wird nicht nur die Fehlerkultur mit einem bestimmten Bild von Zweisprachigkeit und den damit verbundenen Erwartungen hervorgehoben, sondern es zeigt sich die Befähigung der Studentin, professionsrelevante Handlungskonventionen im Umgang mit Sprache zu hinterfragen. Es ist die Zielsetzung der BM, in den Praxisphasen erlebte sprachbezogene Positionen nicht unreflektiert zu (re-)produzieren (vgl. Zingg 2019; 2023).
4 Monolinguale Triebkräfte im schulischen und tertiären Bildungsbereich und ihre Sichtbarmachung
Die institutionelle Funktionsweise spiegelt sich in den sprachübergreifenden Praktiken und die Ausschnitte aus den journaux de bord vermochten aufzuzeigen, dass das Interesse über die Entwicklung von Sprachkompetenzen hinausreicht. Diese Praktiken, die ein Zeichen für die Dynamik und Kreativität der individuellen Repertoires sind, stossen zudem auf den monolingualen Habitus der schulischen Räume, auf vorgefasste Meinungen und auf die Schwierigkeiten, das in den wissenschaftlichen Räumen generierte Wissen zu übertragen und in die Praxis umzusetzen – für Institutionen, die mit sprachlichen und sozialen Herausforderungen konfrontiert sind, die über sie hinausgehen. Zwar mangelt es weder an fachdidaktischen noch an soziolinguistischen Studien und konkreten Ansätzen, welche diese nicht monolingualen Modelle im Wissenschaftsumfeld aufzeigen. Aber die Sichtbarmachung und Aufwertung der individuellen Mehrsprachigkeit stellt auf der Tertiärstufe eine Innovation dar (vgl. Robin/Ganguillet 2023).
Der bilinguale Studiengang wird als ein Ansatz vorgestellt, um diese Herausforderungen anzugehen und die Potentiale von Mehrsprachigkeit(en) in Bildungskontexten zu nutzen. Diese zweisprachige Ausbildung basiert auf gegenseitiger Immersion und erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen zwei eigenständigen Institutionen mit unterschiedlichen Curricula und institutionellen Vorstellungen. Für beide Seiten geht es darum, dem Bildungsprogramm des Partners mit Offenheit und Respekt zu begegnen (vgl. Robin 2018a). Eine solche Zusammenarbeit ist in einer Konföderation wie der Schweiz, in der die Lehrpläne innerhalb eines zweisprachigen Kantons (noch) nicht unbedingt dieselben sind, ein Kunststück. Es gelten die Lehrpläne derselben Sprachregion. Daher sind Toleranz im Kontakt mit der Andersartigkeit sowohl für die Studierenden, Lehrenden sowie für die verschiedenen institutionellen Entscheidungsträger notwendig. Denn bei der Zusammenarbeit in dieser Grundausbildung ist es nicht die Sprache, sondern können die unterschiedlichen Konzepte der beiden Institutionen zuweilen eine Herausforderung sein (vgl. Buser 2017: 115). Für das Bildungsverständnis sind gerade die sich manifestierenden Unterschiede von Unterrichtspraxis sowohl auf Schul- als auch Tertiärstufe bedeutsam für den Diskurs.
Jede Massnahme oder jedes didaktische Arrangement ist eine Entscheidung, deren erkenntnistheoretische Grundlagen ungeschminkt offengelegt werden müssen (vgl. Robin 2024). Die zweisprachige Ausbildung nimmt für sich in Anspruch, durch die von ihr gewährte Begleitung eben nicht ein Nebeneinander zweier einsprachiger Ausbildungen zu sein. Aber, je nach Sprache des Maturitätsdiploms, werden die Studierenden bei ihrem Eintritt in die Ausbildung von ihren Institutionen als deutschsprachig, französischsprachig oder aber zweisprachig etikettiert (vgl. Robin 2018b). Solche begrenzenden, reduzierenden oder gar kontraproduktiven Zuschreibungen stützen Vorurteile gegenüber der Zweisprachigkeit ebenso wie den monolingualen Habitus, gegen den sich dieser Bildungsgang ursprünglich richtet (vgl. Robin 2024).
Der vollständig „zweisprachige Kooperationslehrgang zwischen der PHBern und der HEP-BEJUNE“ (Elmiger/Siegenthaler/Tunger 2022a: 50) ist nicht frei von Konflikten, kann aber andere Pädagogische Hochschulen anregen, ihren (fremd-)sprachdidaktischen Diskurs kritisch zu überdenken und zugunsten eines ganzheitlichen Ansatzes des Sprachenlernens weiterzuentwickeln. Die Studierenden des Immersionslehrgangs entwickeln ein Bewusstsein für den soziolinguistischen Kontext der Schweiz und eine kritische und fundierte Haltung gegenüber dem zwei- und mehrsprachigen Unterricht. Mit dem epistemologischen Vergleich zwischen den Curricula LP21 und PER sowie den Lehrmitteln der beiden Sprachregionen können Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der (Fremd-)Sprachdidaktik besser verstanden werden. Die Didaktik der Mobilität und des Austauschs wird gefördert, mit dem Fokus auf Migrations- und Herkunftssprachen sowie dem Konzept des Translanguaging. Die Debatten, Gastreferate oder der Austausch mit Praktiker*innen im Kontext von zwei- und mehrsprachigem Unterricht regen die Reflexionen an. So werden die Studierenden während des Cursus bilingue ermutigt, sich mit verschiedenen Modellen des Sprachenlernens auseinanderzusetzen, wie z.B. punktuellem Kontakt mit der Partnersprache in Form von Ateliers. In der Folge müssen sich nicht nur Mitstudierende, sondern der gesamte Lehrkörper, die Praktikumsschulen und nicht zuletzt die Administration kritisch mit Themen wie Spracheinstellungen, Sprachminderheiten oder Native Speakerism (vgl. Cook 2016) auseinandersetzen. Diese Ansätze können dazu beitragen, dass die Studierenden ihr persönliches Repertoire an sprachlichen und sprachkulturellen Ressourcen erweitern und in der Lage sind, diese Fähigkeiten einzusetzen, um zwischen Menschen mit unterschiedlichen soziokulturellen und soziolinguistischen Hintergründen zu vermitteln. Denn ihr Kompetenzprofil und ihr Repertoire weisen deutliche Analogien zu Menschen auf, die ihre lebensweltliche Mehrsprachigkeit(en) durch eine Zuwanderungsgeschichte erhalten haben. Den Herausforderungen in (hyper-)diversen Klassen in städtischen Räumen sind diese zwei- und mehrsprachig ausgebildeten Lehrpersonen besser gewachsen und das jenseits von bloss zweisprachigen Schulmodellen, denn sie haben das Eintauchen in einen anderen Sprachraum selbst erlebt.
5 Fazit und Ausblick
Das Studium der zweisprachigen Studierendengruppe findet alternierend während je drei Semestern an den beiden Hochschulen statt. Die Begegnung und die Interaktion der beiden Sprachgemeinschaften finden im ganzen Umfeld und auf allen Ebenen des bilingualen Studiengangs statt: Studierende, Leitungspersonen, Dozierende, Administration, Praktikumslehrpersonen und reguläre, einsprachige Studierende. An der Schnittstelle der beiden großen Landessprachen (in einem viersprachigen Land) wird das geografische Grenzgebiet des deutschsprachigen Raumes der PHBern und des französischen Raumes der HEP-BEJUNE genutzt. Der bilinguale Studiengang ist in seiner Art in der Schweiz noch einzigartig und mittlerweile wird ihm auf nationaler Ebene eine Ausstrahlungskraft attestiert: Er stärkt nicht nur die institutionelle Mehrsprachigkeit, sondern betont den nationalen Zusammenhalt. Das führte dazu, dass nach einer fünfjährigen Projektphase die von zwei Institutionen angebotene Grundausbildung von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) im Jahr 2022 akkreditiert wurde11.
Die zweisprachigen Bildungsgänge – sei es in der Volksschule oder im hier vorgestellten Cursus bilingue – bieten eine Chance, die monolingualen Strukturen von (Bildungs-)Institutionen in Frage zu stellen und Grenzen aufzubrechen, analog zum Konzept des Dritten Raumes. Wie die Auszüge aus den Lerntagebüchern illustrieren, unterstützen immersive Settings die Studierenden, sich längerfristig mit der eigenen sprachlichen Positionierung auseinanderzusetzen und vermehrt kritische Blicke auf die monolinguale Institution Schule zu wagen. Gerade in einem Land wie der Schweiz, in dem die offizielle Viersprachigkeit insbesondere durch die Einwanderung mehrsprachig geworden ist, können solche Sichtweisen wegweisend sein. Bereits heute arbeiten etliche Absolvent*innen des vorgestellten bilingualen Studiengangs in der öffentlichen Schule des zweisprachigen Klassenzuges FiBi, wo per Aufnahmeregelung in einer Klasse zehn der Schüler*innen zu Hause keine der beiden Unterrichtssprachen sprechen und nur je sechs Schüler*innen Deutsch oder Französisch beim Eintritt als Hauptsprache nennen12. Diese konsequent zweisprachige, öffentliche Schule – eine Lehrperson ist deutscher, die andere französischer Erstsprache – bietet insbesondere migrations- oder, neutraler ausgedrückt, sprachsensiblen Sprachunterricht an, da sich in jeder Unterrichtsstunde immer mehr als die Hälfte der Schüler*innen im Prozess des Sprachenlernens befindet (vgl. Buser 2014). Ein solches Schulmodell basiert – wie auch der bilinguale Studiengang – auf einem fluiden Sprachkonzept. Sprachlehrende und -lernende greifen mit einer neuen Selbstverständlichkeit auf ihre weiteren sprachlichen Ressourcen zurück. Diese sprachenfreundliche Haltung einer Schule und auch der Lehrpersonen ist innovativ, geht weit über ein zweisprachiges Sprachenlernen hinaus und darf in einer zunehmend diversen Gesellschaft als wegweisend für sämtlichen (Fremd-)Sprachenunterricht betrachtet werden. Solche bilingualen Formen bieten zudem ideale Voraussetzungen, um die noch immer markante Unterscheidung zwischen „Elite- und Armutsmehrsprachigkeit“ (Krumm 2014: 24) allmählich aufzulösen Der fluide Gebrauch von Sprachen, so wie es Denkmuster von Bhabhas (1994) Theorie des Dritten Raums vorsehen, werden im Modell des bilingualen Studiengangs/Cursus bilingue willkommen geheissen und könnten den Ein- und Wenigsprachigen die Chance geben, die vom System auferlegten monolingualen Einschränkungen zu überwinden. Der migrationssensible (Fremd-)Sprachunterricht und insbesondere die Bildungspolitiken könnten sich von einer „Offenheit der sprachlichen Umwelt“ (Krumm 2020: 134) sowie der Selbstverständlichkeit dieser plurilingualer werdenden Lebens- und Lernwelten inspirieren lassen.
Die Studierenden des Immersionslehrgangs stellen mit ihrem mehrsprachigen Selbstverständnis institutionelle Muster wie sprachstrukturelle Hierarchien und Machtgefälle in Frage. Für Möglichkeiten zur Weiterentwicklung muss die Zusammenarbeit zwischen Institutionen mit unterschiedlichen Lehrplänen und Visionen gefördert werden (vgl. Elmiger et al. 2022b), um monolinguale Gewohnheiten zu überwinden und die Sichtbarkeit und Wertschätzung individueller Mehrsprachigkeit auf Tertiärstufe zu erhöhen. Dies bedarf einer inklusiven Herangehensweise, die die Fluidität der Sprachnutzung anerkennt und die Vorteile eines mehrsprachigen Repertoires hervorhebt. Bildungspolitiken sollten Theorien des Third Space unterstützen, um über monolinguale Beschränkungen hinauszugehen und mehrsprachige Individuen wie auch die sprachliche Realität einer zunehmend diverseren Gesellschaft willkommen zu heissen.
Notes
- Die zweisprachigen Lehrgänge sind in den unterschiedlichen Schulstufen vertreten, wobei der Großteil auf die Sekundarstufe ll fällt und nur ein knappes Fünftel auf die Volksschulstufe (vgl. Elmiger/Siegenthaler/Tunger 2022a: 6–7). Spannende Projekte sind beispielsweise am Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) (2015) zu finden oder bei den bilingualen Klassenzügen, insbesondere in Grenzkantonen wie Bern (Deutschschweiz) und Neuenburg (vgl. Elmiger 2020): Filière Bilingue (FiBi) in Biel/Bienne, Classe bilingue (Clabi) in der Stadt Bern, Projets Immersion Allemand (PRIMA) und Année d'immersion en Allemand (ANIMA) an obligatorischen Schulen im Kanton Neuenburg. [^]
- Immersion bedeutet ein Eintauchen in eine andere Sprache und geht mit der Idee einher, dass das Sprachbad von hoher Intensität ist. Bei der reziproken Immersion – auch als Zweiwegimmersion oder two-way immersion bekannt – fungieren zwei Sprachen als Zielsprachen, deren Status je nach Unterrichtssprache der Lernenden variieren kann (vgl. Buser 2020; Elmiger et al. 2023: 29, 31, 32). [^]
- Es gibt eine Vielzahl an Modellen zur Immersion, aber grundsätzlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder unterrichtet man eine relativ homogene Gruppe mit derselben Erstsprache zu 50% der Unterrichtszeit in der jeweils anderen Sprache, oder man bildet Gruppen, in denen je 50% der Lernenden die eine und 50% die andere Sprache sprechen (gemischtsprachige Gruppen), und unterrichtet sie zu je 50% in beiden Sprachen. Wenn die Gruppe jeweils zur Hälfte deutsch-, respektive französischsprachig ist, wird dies reziproke Immersion genannt. [^]
- Die Sprachprofile werden durch die Schweizer Diglossie ergänzt: Die dialektalen Varianten geniessen in der Deutschschweiz in allen Lebensbereichen eine hohe Relevanz. [^]
- In Anmeldeformularen oder grundsätzlich in Fragebogen wird in 'einsprachig' oder 'zweisprachig' unterschieden, noch selten gibt es eine Rubrik 'mehrsprachig'. [^]
- Selbstverständlich werden die beiden Unterrichtssprachen nicht willkürlich verwendet, sondern bewusst eingesetzt, beispielsweise wenn fachliche Zugänge in den beiden Lehrplänen – PER und LP21 – erörtert werden. Auch wenn Interviews in den beiden Sprachen geführt wurden, kann bei deren Analyse mit der Sprachwahl ein Akzent gesetzt werden. [^]
- Praxislehrpersonen unterstützen und begleiten Studierende in den Praktika bei der Erweiterung ihrer beruflichen Handlungskompetenzen. [^]
- Bei den hier verwendeten Zitaten und Tagebuchausschnitten handelt es sich um keine systematische Erhebung. Die Zitate wurden im Artikel von Ganguillet/Robin/Zingg (2024) zu Mobilitäten verwendet. Diese Tagebuchausschnitte dienen der Illustration der Praxisphasen des Cursus bilingue, die in zwei Sprach- und Kulturräumen stattfinden. [^]
- Während in der Suisse romande die Schuljahre nach HarmoS-Konkordat gezählt werden und bereits die beiden Kindergartenjahre mitgezählt werden, entspricht das 6. Schuljahr einer Klasse HarmoS 8, also 8H. In der Deutschschweiz stützt sich die Zählung der Klassen noch auf die Primarstufe, zählt die beiden Kindergartenjahr des ersten Zyklus nicht mit. [^]
- Sämtliche Einträge aus den journaux de bord werden anonymisiert, aber unkorrigiert übernommen, um die Authentizität zu gewährleisten. [^]
- In der Evaluation dieser Projektphase stand insbesondere die institutionelle Akkreditierung im Fokus, die zur Sicherung der Qualität im schweizerischen Hochschulbereich beiträgt. Diese regelmässige Überprüfung der Qualität der Lehre, der Forschung und der Dienstleistung wurde im Studienjahr 2021/22 an der Partnerhochschule HEP-BEJUNE durchgeführt und inkludierte den Cursus bilingue. Im Rahmen des EDK-Anerkennungsverfahrens für den bilingualen Studiengang fanden Gespräche mit der EDK-Expert*innengruppe statt und der Cursus bilingue wurde am 15.09.2022 von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren anerkannt. Die EDK-Expert*innengruppe hat sich sehr wohlwollend zum bilingualen Studiengang geäussert und erachtet diesen als wichtiges Angebot innerhalb der Bildungslandschaft. Beeindruckt hat sich die EDK-Expert*innengruppe insbesondere von den bilingualen Studierenden gezeigt (vgl. CDIP Conférence suisse des directeurs cantonaux de l'instruction publique (03.10.2022)). [^]
- Die FiBi hat das Aufnahmekonzept von je einem Drittel der Schüler*innen mit Migrationsgeschichte, Französisch und Deutsch zugunsten der Migrationssprachen geöffnet: Aktuell werden pro Klasse zehn Schüler*innen mit einer Migrationssprache als Familiensprache aufgenommen. [^]
Literatur
Adami, Hervé & André, Virginie (Eds.) (2015): De l’idéologie monolingue à la doxa plurilingue : regards pluridisciplinaires. Bruxelles: Peter Lang.
Bhabha, Homi K. (1994): The location of culture. London/Tübingen: Stauffenburg.
Brohy, Claudine & Brégy, Anne-Lore (1998): Mehrsprachige und plurikulturelle Schulmodelle in der Schweiz oder: ”What's in a Name?” (Bilingual and Multicultural Education Models in Swiss Schools, or ”What's in a Name?”). Bulletin suisse de linguistique applique 67, 85–99.
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Website
Webseiten Bilingualer Studiengang/ Cursus bilingue: https://www.phbern.ch/studium/primarstufe/studienangebot/bilingualer-studiengang (27.07.2024).
Kurzbio
Irène Zingg ist promovierte Sozialanthropologin, Sprachwissenschaftlerin und Historikerin. Ihre Forschungstätigkeit bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Sozialanthropologie, Soziolinguistik und im Bereich Mehrsprachigkeit. Als Forschungsleiterin betreut sie anwendungsorientierte Entwicklungsprojekte im Umfeld einer critical language awareness. Sie lehrt an der Pädagogischen Hochschule Bern (Schweiz) und ist Co-Leiterin des Bilingualen Studiengangs am Institut Primarstufe.
Jésabel Robin ist Professorin für Sprachendidaktik und Soziolinguistik an der Pädagogischen Hochschule Bern, Schweiz. Hier ist sie außerdem Co-Leiterin des Bilingualen Studiengangs am Institut Primarstufe. In ihrer Forschung thematisiert Robin die Dynamiken zwischen Akteur*innen und Bildungssystemen, Mobilitätserfahrungen, Zwei-/Mehrsprachigkeit und die Beziehungen zwischen den Schweizer Sprachregionen sowie Familiensprachenpolitiken.
Anschrift:
PHBern
Institut Primarstufe
Fabrikstrasse 8
CH-3012 Bern
PHBern
Institut Primarstufe
Fabrikstrasse 8
CH-3012 Bern