1 Einleitung
In Vorbereitungsklassen1 werden neu zugewanderte Kinder und Jugendliche, die die deutsche Sprache als (noch) nicht ausreichend für die Partizipation am Regelunterricht erachtet sprechen, beschult. Obgleich Vorbereitungsklassen je nach Bundesland und in schulischer Verantwortung unterschiedlich ausgestaltet werden (vgl. Massumi/von Dewitz 2015), zielen sie darauf ab, dass die Schüler:innen in einem eigenen Klassenverbund und in einem zeitlich begrenzten Rahmen die deutsche Sprache erlernen, um anschließend in das Regelsystem überzugehen. So ist z.B. in Hamburg der Übergang in das Regelsystem nach Erreichen des Deutschsprachniveaus B12 oder „spätestens nach einem Jahr“ (BSB 2018: 11) vorgesehen. Bei Vorbereitungsklassen handelt es sich um äußerst heterogene Lerngruppen, die sich durch unterschiedliche Bildungsbiografien, Sprachkenntnisse, Alphabetisierungskenntnisse und -niveaus, Aufenthaltsstatus, Alter und psychosoziale Hintergründe auszeichnen (vgl. Diebel/Ahrenholz 2023). Diese Vielfalt wird durch eine kontinuierliche Fluktuation, also eine unbeständige Schüler:innenschaft, verstärkt, da die Zuweisung von neu zugewanderten Schüler:innen nicht an den Schuljahresrhythmus gebunden ist (vgl. z.B. für Hamburg BSB 2018: 6). Stattdessen können im laufenden Schuljahr neue Schüler:innen hinzukommen oder die Vorbereitungsklasse verlassen.
Die skizzierte Heterogenität stellt Lehrkräfte vor die zweifach gelagerte Herausforderung, auf die stark variierenden sprachlichen und fachlichen Vorkenntnisse der Lernenden einzugehen (vgl. Hövelbrinks 2017). Um sich auf diese höchst heterogene Schüler:innenschaft einzustellen, wird in vielen Vorbereitungsklassen – so wie auch häufig in Regelklassen – auf eine Form differenzierten Lernens zurückgegriffen, bei dem versucht wird, den individuellen Lernständen und -bedürfnissen Rechnung zu tragen (vgl. z.B. Plöger 2023; SVR 2018; Hövelbrinks 2017). Auch im Projekt SpraBÜ3 wurde beobachtet, dass Lehrkräfte in Internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) den Lernenden individuelle Zugänge zum Lernen ermöglichen. Grundlage dieser Beobachtungen ist die je zweijährige ethnographische Begleitung von drei Hamburger Stadtteilschulen (STS) zwischen April 2018 und Mai 2022. Ziel war es, die Ausgestaltung sprachlicher Bildung in den begleiteten Vorbereitungs- und Regelklassen der Sekundarstufe I sowie die Erfahrungen neu zugewanderter Schüler:innen mit den Sprachbildungsangeboten zu rekonstruieren. Es wurde ein ethnographischer Forschungsansatz gewählt, um die Erfahrungen, Praktiken und Deutungsmuster der sozialen Akteur:innen im Handlungsfeld Schule zu rekonstruieren und gleichzeitig institutionelle Entwicklungen, Handlungsabläufe und Perspektiven kontextbezogen nachzuvollziehen (s. Breidenstein/Hirschauer/Kalthoff/Nieswand 2015). Der Erhebungszeitraum von zwei Jahren pro Schule eröffnete besonders differenzierte Erkenntnismöglichkeiten, indem Entwicklungen und Dynamiken über Schuljahre hinweg systematisch nachvollzogen wurden.
Die Beobachtung, dass in den begleiteten IVK individuelle Zugänge zum (Deutsch-)Lernen ermöglicht wurden, erscheint insofern nicht überraschend, als dass in der Forschung bereits gut belegt ist, dass Innere Differenzierung in IVK aufgrund der unterschiedlichen fachlichen und sprachlichen Kompetenzen der Schüler:innen unabdingbar ist (vgl. Benz et al. 2017; Ahrenholz/Ohm/Ricart-Brede 2017). Offen ist hingegen die Frage, wie die Lehrkräfte die Herausforderung der Inneren Differenzierung in Vorbereitungsklassen in der Praxis erleben. Dieser Forschungsfrage widmet sich der vorliegende Beitrag anhand eines aus der Praxis entstandenen Erkenntnisinteresses, das in Kap. 3 skizziert wird. Zunächst erfolgt eine theoretische Rahmung und eine Einführung in den Forschungsstand zu Differenzierung im Kontext von Vorbereitungsklassen (Kap. 2). Anschließend werden die ethnographischen Methoden der Datenerhebung und -auswertung sowie das konkrete Vorgehen im Projekt beschrieben (Kap. 3). Die in den Blick genommene Projektschule wird anhand einer ethnographischen Collage (nach Friebertshäuser/Richter/Boller 2013) vorgestellt (Kap. 4). In der Analyse werden Ausschnitte aus drei verschiedenen Interviews mit der IVK-Lehrerin Frau Schilling4 exemplarisch präsentiert und durch Erkenntnisse aus ethnographischen Daten angereichert, um ein umfassendes Bild der Schul- und Unterrichtssituation zu generieren (Kap. 5). Die Ergebnisse werden zunächst vor dem Hintergrund des aktuellen Diskurses um Separation und Inklusion diskutiert (Kap. 6) und abschließend Implikationen für ebendiesen aufgeworfen (Kap. 7).
2 Differenzierung im Kontext von Vorbereitungsklassen
Vor dem Hintergrund einer immer heterogener werdenden Schüler:innschaft gewinnt differenzierender Unterricht zunehmend an Bedeutung, um den vielfältigen Lernvoraussetzungen und Bedürfnissen der Lernenden gerecht zu werden (vgl. Häcker 2023). Die den Schüler:innen zugeschriebenen Unterschiede werden dabei nicht als ‚naturgegeben‘, sondern als gesellschaftlich konstruiert und relational zu dem, was als ‚normal‘ betrachtet wird, verstanden (vgl. ebd.). Im Folgenden wird aufgezeigt, was unter Differenzierung verstanden wird und welche Chancen und Herausforderungen die Innere Differenzierung im Speziellen mit sich bringt. Sodann wird dies auf den Kontext von Vorbereitungsklassen übertragen und aufgezeigt, welche Erkenntnisse bislang zu Differenzierung in Vorbereitungsklassen vorliegen.
Mit Differenzierung sind Strategien des Umgangs mit Heterogenität gemeint, indem unterschiedliche Lernangebote zur Verfügung gestellt werden (vgl. Bohl/Batzel/Richey 2012: 47). Bei der Differenzierung werden anhand einer „merkmalsbezogene[n] Gruppierung in der Lerngruppe bzw. Klasse, z.B. nach Leistung oder nach Interesse“ (ebd.: 47) Unterrichtsinhalte vermittelt. Dabei ist eine Äußere von einer Inneren Differenzierung (auch Binnendifferenzierung) zu unterscheiden: Bei der Äußeren Differenzierung lernen die Schüler:innen in schulorganisatorisch getrennten Gruppen (z.B. in Förderkursen oder unterschiedlichen Schulformen), während sie bei der Inneren Differenzierung im gemeinsamen Verbund lernen. Allerdings schließen sich die Ansätze nicht aus: Auch in der Äußeren Differenzierung bleiben die Lerngruppen i.d.R. heterogen, sodass zusätzlich Innere Differenzierung erforderlich sein kann, um den Bedürfnissen aller Schüler:innen gerecht zu werden. Innere Differenzierung wird, verbunden mit der Zuversicht, „heterogenen Ausgangslagen von Schülerinnen und Schülern in einer Lerngruppe optimal gerecht werden zu können“, als „reformerischer Hoffnungsträger“ (Wischer/Trautmann 2012: 24) betrachtet. Gleichzeitig weisen Wischer und Trautmann auf die fehlende Schärfe des Konzeptes hin. Da sich Innere Differenzierung zum einen organisatorisch von der Äußeren Differenzierung und zum anderen pädagogisch-didaktisch von einem standardisierten Unterricht abgrenze, fehle das Konstitutive der Inneren Differenzierung, weshalb sie nicht „mit der konkreten Lösung selbst zu verwechseln“ (ebd.: 36) sei. Ein Blick in die Praxis zeigt, dass Innere Differenzierung in allen Schulformen am häufigsten über abgestufte Materialien und Aufgaben umgesetzt wird (vgl. Letzel/Otto 2019: 289), um den heterogenen Ausgangslagen der Schüler:innen gerecht zu werden. Gleichzeitig müsse „in der Interaktion auch ein gemeinsames Wissen“ (Fürstenau 2009: 67; H.i.O.) entwickelt werden, „[d]amit allen Schülerinnen und Schülern eine erfolgreiche Schullaufbahn ermöglicht wird“ (ebd.). Hierin zeigt sich eine zentrale Herausforderung der Inneren Differenzierung, denn das Bestreben, die Individualität der Schüler:innen konstruktiv anzuerkennen kann dem Bestreben widersprechen, Bildungsungleichheiten mit Blick auf die Erreichung gewisser Bildungsstandards auszugleichen (vgl. Hinz 2002).
Der skizzierte Diskurs um Innere Differenzierung verdeutlicht, dass der Ansatz immer vor dem Hintergrund von auszuhandelnden Widersprüchen und Herausforderungen betrachtet werden muss. Hinz nennt den Zusammenhang von Chancengleichheit und Heterogenität daher auch „eine bildungstheoretische Antinomie“ (ebd.: 128). Antinomien gelten als „konstitutiv und damit als nicht aufhebbar“ (Helsper 2016: 53) für pädagogisches Handeln. Die Herausforderungen, die mit der Gestaltung Innerer Differenzierung im Unterricht einhergehen, lassen sich mit der Sachantinomie (ebd.: 56) rahmen: Einerseits ist die Lehrkraft „der Vermittlung einer Sache verpflichtet“, andererseits der Orientierung „an den spezifischen Rahmungen, biographischen und lebensweltlichen Hintergründen der Person“ (ebd.). Die Lehrkraft soll sich also einerseits an Bildungsstandards orientieren und gleichzeitig ein differenzierendes, auf die Lernausgangslagen und besonderen Bedürfnisse der Schüler:innen abgestimmtes Lernen ermöglichen. Das stellt „Lehrerinnen und Lehrer im Alltag vor große Probleme“ (Von der Groeben/Kaiser 2012: 11).
Anhand einer objektivhermeneutischen Analyse von vermeintlich differenzierenden Materialien in Grundschullehrwerken zeigt Kabel (2024) diese Herausforderung auf: Es zeigt sich „eine mehr oder weniger starke Unverbundenheit der Differenzierungslogik mit den jeweils zu vermittelnden Sachen“ (90), wodurch zwar ein differenzierter Zugang zum Lernen ermöglicht wurde, aber keine Annäherung an die Bildungsziele stattfand. Denn die Materialien orientierten sich an der „Festsetzung dreier Niveaus“ und nicht an „den zu vermittelnden Sachen und deren differenzierter Erschließung“ (91), wodurch infrage gestellt werden müsse, inwieweit eine solche Differenzierung Bildungsungleichheiten nicht abbaue, sondern noch verstärke. Auch Bohl et al. (2012) stellen heraus, dass Innere Differenzierung „keinesfalls per se wirksam ist, sondern […] intelligent organisiert sein muss“ (62). Denn neben differenzierenden Lernangeboten brauche es weiterhin eine „klare Zielvorgabe, Strukturierung und gute Organisation“ (Klieme 2020: 130) durch die Lehrkraft. Bohl et al. nennen als Gelingensbedingungen – neben Aspekten wie dem didaktischen Material, Rahmenbedingungen und Ressourcen – gerade die „Einstellungen, Haltungen, Überzeugungen bei Lehrkräften zum Umgang mit Heterogenität“ (2012: 54): Differenzierung könne gelingen, wenn „Heterogenität als Bereicherung“ (ebd.) gesehen werde.
Im Kontext von Vorbereitungsklassen muss Differenzierung auf mehreren Ebenen betrachtet werden. Zunächst stellen Vorbereitungsklassen an sich eine Form der Äußeren Differenzierung dar, weil die Schüler:innen aufgrund ihrer Deutschkenntnisse formal vom Regelschulsystem exkludiert werden, um ihren spezifischen Bedürfnissen entsprechend unterrichtet zu werden. In erster Linie werden diese spezifischen Bedürfnisse im Sinne (deutsch-)sprachlicher Bedürfnisse ausdifferenziert. Da Schüler:innen so auf Grundlage ihrer Deutschkenntnisse eine Teilhabe am Regelschulsystem (zunächst) verwehrt bleibt, stehen Vorbereitungsklassen in der Kritik (vgl. hierzu weiterführend Panagiotopoulou/Knappik 2022; Karakayali/zur Nieden/Kahveci/Groß/Heller 2017). Gleichzeitig zeigen Studien, dass Vorbereitungsklassen auch Schutzraum und ein Ort des Ankommens für die Schüler:innen sein können, weil sie hier noch nicht unmittelbar den Anforderungen des Schulsystems genügen müssen (vgl. Plöger 2023; Fuchs/Birnbaum/Ahrenholz 2017).
Innerhalb der separierten Vorbereitungsklassen stellt sich dann „die Frage nach dem Umgang mit Heterogenität in doppelter Weise, da das Vorwissen der Lernenden sowohl in sprachlichen als auch in fachlichen Teilkompetenzen stark variieren kann“ (Hövelbrinks 2017: 192). Das zeigt sich beispielhaft an den Literalitätserfahrungen der Schüler:innen. Während einige Schüler:innen sowohl in der Herkunftssprache als auch der lateinischen Schrift über Literalitätserfahrungen verfügen, haben andere Schüler:innen „nahezu keine Schul- und Literatlitätserfahrung“ (Diebel/Ahrenholz 2023: 12). Im Bundesland Hamburg sind für Schüler:innen, die noch nicht in der lateinischen Schrift alphabetisiert sind, sogenannte „Basisklassen“ (BSB 2018: 8) vorgesehen, die sie besuchen, bevor sie nach einem Jahr in eine Vorbereitungsklasse wechseln. Die Praxis zeigt allerdings, dass auch in der Vorbereitungsklasse Kinder und Jugendliche ankommen, die die lateinische Schrift noch nicht oder nur in Ansätzen beherrschen (vgl. Fuchs et al. 2017: 269). Die Aufgabe der Alphabetisierung, die eigentlich in der Basisklasse erfolgen soll, obliegt dann der Lehrkraft der Vorbereitungsklasse. Das Beispiel verdeutlicht die starke Heterogenität der Schüler:innenschaft und dass sich Lehrkräfte flexibel auf die sprachlichen und fachlichen Kenntnisse der ankommenden Schüler:innen einstellen müssen. Hinzu kommt die Fluktuation der Schüler:innen. Sowohl Schüler:innen als auch Lehrkräfte unterliegen in dem skizzierten Kontext dem Druck, dass die Vorbereitungsklasse in Hamburg eigentlich5 nach spätestens einem Jahr von den Schüler:innen verlassen werden muss und Schüler:innen damit auch unterjährig die Klasse verlassen und ein kontinuierliches Arbeiten in der Lerngruppe somit kaum möglich ist.
Um diesen spezifischen Bedingungen zu begegnen, wird als didaktisches Mittel Innere Differenzierung gefordert (vgl. Benz et al. 2017) und konnte z.B. im EVA-Sek-Projekt in der Praxis beobachtet werden (vgl. Ahrenholz et al. 2017). Hövelbrinks weist darauf hin, dass es bislang an systematischen empirischen Beschreibungen einer differenzierenden Didaktik „in vorbereitenden Förderangeboten für Lernende mit Deutsch als Zweitsprache“ (2017: 192–193) fehle. Dieses Desiderat nimmt sie zum Anlass, im Rahmen einer fokussierten Ethnographie aufzuzeigen, wie die Lehrkraft einer Vorbereitungsklasse verschiedene differenzierende Maßnahmen nutzt. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Lehrkraft mit Blick auf „Komplexitäts-/Schwierigkeitsgrad der Aufgabestellung, lehrerseitige Hilfestellung während der Gruppenarbeitsphase […] sowie Arbeitsmaterialien und -aufträge“ (210) differenziert. In einer Interviewstudie mit Lehrkräften aus sogenannten Übergangsklassen in Mittel- und Berufsschulen in Bayern fanden Kärner, Reinke, Frim und Heinrichs (2019) heraus, dass diese „den Einsatz innere[r] Differenzierungsmaßnahmen im Unterricht […] grundsätzlich für notwendig und sinnvoll erachten“, es aber gleichzeitig als herausfordernd empfinden, „ihren Unterricht adressatengerecht zu gestalten und Lernangebote zu schaffen, welche allen Lernenden möglichst gut gerecht werden“ (70). Als hinderlich werden u.a. der (zeitliche) Aufwand, (organisatorische) Rahmenbedingungen, die Klassengröße bzw. das Betreuungsverhältnis sowie fehlende Qualifikationen der Lehrpersonen wahrgenommen (vgl. Schumann/Kärner/Maué 2019); in einer weiteren Studie wurde zudem das Fehlen einer gezielten Diagnostik in Bezug auf bildungsrelevante Vorkenntnisse kritisiert, wodurch eine angemessene Anpassung der Lernangebote erschwert werde (vgl. Heinrichs/Kärner/Ziegler/Feldmann/Reinke/Neubauer 2016). Der Diskrepanz zwischen dem Einsatz Innerer Differenzierung als vielversprechender didaktischer Methode in heterogenen Lerngruppen einerseits und dem Erleben Innerer Differenzierung als Herausforderung andererseits wird im Beitrag am Einzelfall der Lehrerin einer Vorbereitungsklasse ethnographisch nachgegangen. Dazu wird im Folgenden in das konkrete methodische Vorgehen und den Forschungskontext eingeführt.
3 Methodisches Vorgehen
Im Projekt SpraBÜ wurde durch die ethnographische Begleitung von drei Hamburger Stadtteilschulen der Frage nachgegangen, wie die einzelnen Schulen und deren Akteur:innen die sprachliche Bildung am Übergang von Vorbereitungs- in Regelklassen ausgestalten und welche Erfahrungen die Schüler:innen damit machen. In der Forschung haben sich Phasen der physischen und digitalen Ethnographie aufgrund der Corona-Pandemie abgewechselt (vgl. Barakos/Plöger 2021). Es wurde ein reflexiv institutionell-ethnographischer Forschungsansatz entwickelt: Durch die methodologische Verbindung der Institutionellen Ethnographie (vgl. Smith 2005) bei der Datenerhebung und der Reflexiven Grounded Theory (vgl. Breuer/Muckel/Dieris 2019) bei der Datenauswertung ermöglichte der Ansatz eine systematische, datenbasierte Beschreibung und Analyse der sprachlichen Bildung an den Projektschulen aus institutioneller sowie Akteur:innenperspektive (vgl. Plöger/Barakos 2021). In Anlehnung an das Ziel der Institutionellen Ethnographie, die Verknüpfung alltäglicher Erfahrungen von Individuen mit institutionellen Strukturen und Prozessen zu untersuchen (vgl. Smith 2005), umfasste die Datenerhebung teilnehmende Beobachtungen im Präsenzunterricht, Teilnahme am Fernunterricht über Messenger-Dienste, informelle Gespräche sowie Interviews in Präsenz und digital mit unterschiedlichen Akteur:innen aller Schulen. Insgesamt liegen im Projekt 25 qualitative, leitfadengestützte Interviews mit Lehrkräften aus Vorbereitungs- und Regelklassen, Schulleitungen und Schüler:innen sowie 225 Gesprächs- und Beobachtungsprotokolle vor. Darüber hinaus wurden Artefakte wie Unterrichtsmaterialien, Fotos, Elternbriefe, Zeugnisse und schulinterne Kommunikationsunterlagen gesammelt und ausgewertet. Die Datenauswertung erfolgte in Anlehnung an die Reflexive Grounded Theory nach Breuer et al. (2019). Das reflexive Moment in der Auseinandersetzung mit den Daten zeigte sich in einem stetigen Hinterfragen dessen, wie die Selbst- und Fremdwahrnehmung und Positionierung als weiße, deutschsprachige Forscherinnen unsere Forschung, also das Wahrnehmen von Situationen und das Interpretieren von Daten, beeinflussen könnte (vgl. Plöger/Barakos 2021). Mithilfe der Software MAXQDA wurden durch offene, axiale und selektive Kodierungen6 unterschiedliche Schlüsselkategorien herausgearbeitet, die sich für die Projektarbeit und -fragen als zentral erwiesen haben. Eine solche Schlüsselkategorie war die der „Heterogenität“ mit den Codes „Herausforderung Individualisierung“ und „Gruppentrennung – starke vs. schwache Gruppe“, die in Vorbereitung auf diesen Artikel ausgewertet wurden. So wurden zunächst ethnographische Daten aus allen Projektschulen ausgewertet. Ausgangslage für die genauere Analyse dieser Schlüsselkategorie war die vermeintliche Diskrepanz zweier Erkenntnisse. Zum einen konnte beobachtet werden, dass die DaZ-Lehrerinnen der Vorbereitungsklassen aller drei Projektschulen sowohl im Fern- als auch Präsenzunterricht großen Wert darauf legten, dass die Schüler:innen an differenzierten Aufgaben arbeiteten, die ihrem aktuellen Lernstand und dem jeweiligen grammatikalischen Schwerpunkt, den sie gerade erarbeiten, entsprachen. Dies wird in den Datenauszügen noch deutlicher herausgestellt (s. Kap. 4). Zum anderen schildert Frau Schilling, dass sie diese Art des Arbeitens als herausfordernd empfindet und dass sie rückblickend die Äußere Differenzierung wie zu Zeiten der Corona-Pandemie eigentlich als das zielführende Arbeiten empfindet. Ausgehend davon wurden Interviews und Gesprächsprotokolle mit Frau Schilling zusammengestellt, in denen sie die Herausforderung der Inneren Differenzierung thematisiert. Die Ausschnitte aus Interviews7 zu drei verschiedenen Zeitpunkten mit Frau Schilling stehen im Fokus der Analyse. Ergänzt werden die Daten um ethnographische Beobachtungen, Zeugnisse sowie um Ausschnitte aus einem Interview mit dem zuständigen Abteilungsleiter und einem Mitarbeiter der Schulbehörde. Auf dieser Datengrundlage wurde ein Kodierparadigma entwickelt (s. Abb.1), das leitend für die Analyse ist.
Abb. 1: Kodierparadigma nach Breuer et al. 2019
Ein Kodierparadigma8 gilt als „Orientierungsrahmen“, durch den „das Zusammenfügen der gegenstandsbasiert destillierten Kategorien in einer Gesamtstruktur“ (Breuer et al. 2019: 289) unterstützt werden kann. Es wurden auf Grundlage von bestehenden Kodes und Kategorien sowie durch die erneute Kodierung der benannten Datensets Kategorien rund um das zentrale Phänomen „Herausforderung der Inneren Differenzierung in Vorbereitungsklassen“ erarbeitet. Dazu wurden zunächst der Kontext und die ursächlichen Bedingungen für das Auftreten des Phänomens beschrieben. Als Handlungsstrategien zum Umgang mit der Herausforderung konnte das Umsetzen Innerer Differenzierung sowie ein Ausweichen auf eine Äußere Differenzierung herausgearbeitet werden – intervenierende Bedingung dafür, dass eine Äußere Differenzierung überhaupt als Handlungsstrategie infrage kam, war die Coronapandemie. Die Handlungsstrategien, ebenso wie die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, werden im Mittelpunkt der Analyse stehen. Im Folgenden werden der Kontext und die ursächlichen Bedingungen für das Arbeiten in der spezifischen Vorbereitungsklasse, die begleitet wurde, anhand einer ethnographischen Collage skizziert. Eine ethnographische Collage ist eine aus den erhobenen Daten „erzeugte Materialzusammenstellung in Form eines ethnographischen Quellentextes“, der als „Datenbasis für die nachfolgenden Interpretationen“ (Friebertshäuser et al. 2013: 380) dient. Das ethnografische Wissen, das während der zweijährigen Begleitung der Schule, die als STS Grünmoor bezeichnet wird, gewonnen wurde, ist systematisch in die Collage eingeflossen.
4 Ethnographische Collage der IVK an der STS Grünmoor
Die STS Grünmoor wird von Kindern und Jugendlichen besucht, die aus zwei Hamburger Stadtteilen kommen, in denen vergleichsweise viele unter 15-Jährige in Mindestsicherung leben (im Durchschnitt 26,6 % im Vergleich zu 18,2 % in Hamburg allgemein; vgl. Statistikamt Nord 2022). Auch wenn die Zahlen für die Stadtteile also schon höher als für Hamburg insgesamt liegen, spitzt sich die Verteilung mit Blick auf die Schüler:innenschaft noch einmal zu: Im Interview gibt der Abteilungsleiter der Jahrgänge 5–7 an, dass „ungefähr 75 % unserer Schüler […] bildungs- und teilhabeberechtigt“ sind, also z.B. Zuschüsse zu Klassenfahrten, Mittagessen oder Nachhilfe erhalten (Interview, Herr Schumacher, 11.01.2022, Z. 351–352). Damit ist die Schule ein sogenannter „KESS-19 Standort“, der „nicht den besten Ruf“ habe und daher ein „schwieriger Standort“ sei (ebd., Z. 123–125).
An der STS Grünmoor gibt es eine IVK für die Jahrgangsstufe 5/6, in der Schüler:innen zwischen zehn und 13 Jahren vor allem in Deutsch (16 Stunden/Woche) und darüber hinaus in Mathe und Englisch (je 4 Stunden), Natur und Technik, Gesellschaft und Sport (je 2 Stunden) unterrichtet werden. Frau Schilling unterrichtet in der IVK DaZ und Gesellschaft. Sie ist darüber hinaus die Klassenlehrerin der IVK und hat jeden Tag eine Organisationszeit von 25 Minuten mit den Schüler:innen. Frau Schilling ist studierte DaZ-Lehrerin und arbeitet ausschließlich in der IVK. Zu Beginn der Forschung im Jahr 2020 arbeitet sie seit neun Jahren als IVK-Lehrerin, seit fünf Jahren an der STS Grünmoor. Die anderen Fächer werden von Fachlehrer:innen unterrichtet, die nicht explizit in DaZ ausgebildet sind. Über die ethnographische Begleitung von 2020 bis 2022 hinweg besuchen insgesamt 36 Schüler:innen die IVK, die Bulgarisch, Türkisch, Arabisch, Englisch, Pashtu, Kurdisch, Ungarisch, Portugiesisch, Kreol, Russisch, Nepali, Dari Französisch und Ukrainisch als Erstsprachen sprechen. Während manche bereits über Deutschvorkenntnisse verfügen, sind andere noch nicht in der lateinischen Schrift alphabetisiert. Frau Schilling selbst beschreibt die IVK immer wieder als äußerst heterogen. Sie habe Schüler:innen „von top gymnasialem Niveau bis Analphabeten“ (Interview, Frau Schilling, 24.03.21, Z. 50). Die Klassengröße der IVK liegt während des Forschungszeitraums bei ca. 15 bis 18 Schüler:innen. Aufgrund der Coronapandemie erhalten viele Schüler:innen auf Antrag von Frau Schilling bei der Schulbehörde eine Verlängerung ihrer Zeit in der IVK, sodass die meisten nicht – wie vorgesehen – nach einem Jahr, sondern ca. zwei bis drei Monate später in die Regelklassen wechseln.
Zum Schuljahr 2021/22 zieht die gesamte Schule in ein neues Schulgebäude um, ein moderner Neubau unweit des alten Gebäudes. Im alten Gebäude ist die IVK auf einem Flur mit den 7. Klassen untergebracht, weil kein anderer Raum zur Verfügung steht. Die Schüler:innen kommen hier nicht mit anderen Kindern aus den 5. und 6. Klassen in Kontakt, in die sie altersgemäß meist nach der IVK wechseln. Im neuen Gebäude hingegen sind die Jahrgänge in sogenannten Clustern organisiert, d.h. es gibt ganze Flurabschnitte für jeweils einen Jahrgang, in denen die Klassen so angeordnet sind, dass es in der Mitte einen gemeinsamem Aufenthaltsraum gibt, von dem die einzelnen Klassen sowie eine ‚Teamstation‘, ein Aufenthaltsraum für die Jahrgangslehrer:innen, abgehen. Alles ist hell und mit vielen Glasfronten gestaltet. Die Jahrgänge der Schule sind grundsätzlich fünfzügig. Um aber im Jahrgangsflur der 5. Klassen einen Klassenraum für die IVK zu haben, wurden im Schuljahr 2021/22 nur vier 5. Klassen eingerichtet. Auf die Einrichtung einer fünften Regelklasse wurde zugunsten der IVK verzichtet.
Die Arbeit von Frau Schilling zeichnet sich durch eine enge Kooperation mit dem zuständigen Abteilungsleiter aus, der in seiner Position zum Schulleitungsteam gehört. Diese Kooperation zeigt sich beispielsweise darin, dass der Abteilungsleiter bei allen Aufnahmegesprächen neu zugewanderter Schüler:innen dabei ist und in Übergangsentscheidungen und Platzierungen der Schüler:innen in Regelklassen aktiv involviert ist. Er verfügt über ein umfassendes Wissen über die Schüler:innen, was im Vergleich zu den Beobachtungen an den anderen Projektschulen als Besonderheit hervorzuheben ist. Zudem ist bemerkenswert, dass Frau Schilling für jede:n Schüler:in zu beiden Halbjahren ein Zeugnis verfasst, was nicht verpflichtend ist (vgl. BSB 2018). In den Zeugnissen gibt es neben Noten für die verschiedenen Fächer und Einschätzungen zum Sprachstand gemäß dem GER auch „Angaben zur individuellen Lernentwicklung, zum erreichten Lernstand und zu den überfachlichen Kompetenzen“ (Zeugnis IVK STS Grünmoor). Hierfür formuliert Frau Schilling in den Zeugnissen einen halbseitigen Text für jede:n Schüler:in und das Zeugnis wird vom Schulleiter unterschrieben. Die Zeugnisse sind ein Beispiel für das Engagement Frau Schillings. Sie bezeichnet sich selbst als „die Mama“ (Interview, Frau Schilling, 24.03.2021, Z. 18), was die enge Bindung zwischen ihr und den Schüler:innen verdeutlicht. Oft bleibt sie auch nach einem Wechsel in die Regelklasse die erste Ansprechpartnerin für die Schüler:innen. Darüber hinaus bezieht Frau Schilling Mehrsprachigkeit der Schüler:innen aktiv in den Unterricht ein, was ihre diversitätssensible Unterrichtsführung und ihre Bemühungen, die individuellen Hintergründe der Lernenden einzubeziehen, unterstreicht.
Die Einblicke der ethnographischen Collage zeigen, dass die IVK an der STS Grünmoor (nach dem Umzug in das neue Gebäude) ein selbstverständlicher Teil des fünften Jahrgangs ist, indem sie als eine von fünf Parallelklassen läuft. Zudem wird sie von einer in DaZ ausgebildeten Lehrkraft unterrichtet und Übergangsentscheidungen werden in enger Absprache mit dem Abteilungsleiter getroffen. Diese Voraussetzungen sind nicht selbstverständlich, denn bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass Vorbereitungsklassen häufig räumlich exkludiert werden, bei der Gestaltung des Schullebens ‚vergessen‘ werden und darüber hinaus von Personal unterrichtet werden, das nicht im Bereich DaZ ausgebildet ist (vgl. Plöger 2023; Karakayali/zur Nieden/Groß/Kahveci/Güleryüz/Heller 2017; SVR 2018). Die Bedingungen und Arbeitsvoraussetzungen, unter denen Frau Schilling arbeitet, sind also als vergleichsweise gut zu bewerten. Dennoch fühlt sich Frau Schilling als IVK-Lehrerin vor Herausforderungen gestellt.
5 Ergebnisse
In den Interviews, die während und nach den coronabedingten Schulschließungen geführt wurden, erläutert Frau Schilling ihre beiden Handlungsstrategien (s. Abb. 1) im Umgang mit der Differenzierung in der IVK: Während sie normalerweise auf eine Innere Differenzierung (4.1) setzt, griff sie während der Schulschließungen auf eine Äußere Differenzierung (4.2) zurück. Im Rahmen der Analyse wird aufgezeigt, inwiefern Frau Schilling die Innere Differenzierung als Herausforderung erlebt und welche Schlüsse sie daraus zieht.
5.1 Das Erleben von Innerer Differenzierung als „nicht gerecht“-Werden
Während der ethnographischen Unterrichtsbeobachtungen konnte beobachtet werden, dass Frau Schilling in der IVK auf ein differenzierendes Arbeiten im Sinne einer Inneren Differenzierung setzt. Dazu arbeitet sie z.B. häufig mit sogenannten Lernstationen: Es gibt zehn Stationen mit Arbeitsblättern auf unterschiedlichen Niveaus, die die Schüler:innen nach und nach bearbeiten und auf einem Lernplan abhaken, welche Stationen sie erledigt haben. Im Interview erklärt Frau Schilling das Vorgehen:
LS10: Zum Beispiel wir sind jetzt beim Thema Berufe, Berufe und so. Und das heißt, die Kinder, die noch nicht so weit sind, die sind nur mit den Berufsbezeichnungen beschäftigt, Bilder (lernen) so die Berufsbezeichnungen. Einige Kinder arbeiten schon an richtig schwierigem grammatischen Stoff: Wo arbeitet der der Arzt? In dem – Dativ – ne in dem Krankenhaus. Wo arbeitet denn der Polizist? Bei der Polizei. Das, was zum Beispiel die die Neuen noch gar nicht verstehen können.
I: Und woher kommen die Materialien? Hast du die selbst irgendwie beschafft oder wurden die dir zur Verfügung gestellt?
L: Also die Materialien setze ich eigentlich nach Kriterien genau, die die selbsterklärend oder sinnvoll sind oder nicht. Also ich sammle aus vielen Lehrwerken. Also wir haben, wenn du das meinst, wir haben kein Lehrwerk, wo die Kinder da Seite für Seite da abarbeiten. Schon aus dem Grund, dass … es ist, was macht ein Kind, das im Mai kommt? Muss es das Lehrwerk dann kaufen und dann, wo soll es einsteigen? {lacht} Da zum Ende des Lehr-, das ist doch Quatsch! Deswegen genau deswegen machen wir das so, dass ich die Sachen kopiere und zur Verfügung stelle. Ja, bloß wie gesagt, bloß eigentlich auf drei Niveaus: Ganz, ganz einfach; dann die Mitte wird dann abgedeckt mit den meisten Aufgaben und dann habe ich die Spitze, die dann zusätzliche Aufgaben bekommt. Das ist ja die Klassik. (Interview, Frau Schilling, 10.02.2022, Z. 346–365)
Frau Schilling schildert, wie sie auf die heterogenen Deutschkenntnisse der Schüler:innen eingeht, indem sie unterschiedliche Materialien zur Verfügung stellt, die unterschiedliche Kenntnisständen gerecht werden. Es wird deutlich, dass die Klasse an einem gemeinsamen Thema arbeitet (im genannten Beispiel: Berufsbezeichnungen), dann aber differenziert wird, ob die Schüler:innen erst einmal am Wortschatz arbeiten oder grammatikalische Strukturen, wie den Dativ, erarbeiten. Um das differenzierende Arbeiten zu ermöglichen, greift Frau Schilling auf selbst zusammengestellte Materialien zurück. Sie erklärt, dass es nicht möglich wäre, mit einem einzigen Lehrwerk zu arbeiten und bezieht sich dabei auf die Fluktuation der Schüler:innen. Auch Lehrkräfte an den anderen Projektschulen erklärten ein ähnliches Vorgehen aus gleichen Gründen (vgl. z.B. folgender Ausschnitt aus einem Gesprächsprotokoll mit der IVK-Lehrerin an der STS Burg: „Sie erzählt mir, dass sie kaum Lehrbücher verwendet, weil diese einfach nicht für ihre heterogene Lerngruppe adäquat wären. Sie erstellt und gestaltet alle Arbeitsblätter und Materialien vorwiegend selbst.“ Gesprächsprotokoll, Frau Jansen, 21.09.2021, Z. 53–56;). Bei der Zusammenstellung des Materials ist Frau Schilling wichtig, dass dieses „selbsterklärend oder sinnvoll“ ist. Was sie unter „sinnvoll“ versteht, wird nicht genauer erklärt und auch nicht erfragt, was zu einer tiefergreifenden Analyse hätte beitragen können. Aufschluss geben kann hier die beobachtete Unterrichtspraxis: Frau Schilling ist in der Regel als einzige Lehrkraft vor Ort, was es für sie unmöglich macht, allen Schüler:innen gleichzeitig die Materialien zu erklären. Vermutlich greift sie daher auf Materialien zurück, die die Schüler:innen im besten Fall alleine verstehen und bearbeiten können.
Obwohl Frau Schilling in ihrer Unterrichtspraxis Innere Differenzierung anwendet, wird in den Interviews deutlich, dass sie diese als herausfordernd erlebt. Immer wieder beschreibt sie das Gefühl, den Schüler:innen nicht „gerecht“ werden zu können, wie z.B. in den folgenden Zitaten: „durch die Anfänger, durch die Schwächeren war ich ein bisschen langsamer dann im Unterricht und konnte den Guten nicht gerecht sein (Interview, Frau Schilling, 24.03.2021, Z. 55–56) und „wenn jetzt wieder mal ähm ganz normaler Unterricht sein sollte hoffentlich bald [nach dem coronabedingten Wechselunterricht] und ähh dann werde ich natürlich nicht allen Kindern dann gerecht“ (ebd., Z. 75–77). In ihren Augen sei es trotz der Inneren Differenzierung nicht möglich, allen Kindern gleichermaßen gerecht zu werden, was vor allem an dem unterschiedlichen Deutschniveau der Schüler:innen zu liegen scheine, da sie begründet, sie werde durch die „Schwächeren“ den „Guten“ nicht gerecht. Sie erklärt weiter, dass sie sich nicht „zerreißen“ könne (ebd., Z. 144), was auf eine Überforderung hindeutet, die auf zu viele Schüler:innen oder zu wenig Personal zurückgeführt werden könnte. Auf diese Punkte wird im Folgenden genauer eingegangen, wenn gezeigt wird, wie sie stattdessen die Äußere Differenzierung erlebt.
5.2 Das Erleben von Äußerer Differenzierung als „einzig gute Lösung“
Während der Schulschließungen im Rahmen der Corona-Pandemie hat Frau Schilling vor den Sommerferien 2020 und im Frühjahr 2021 die IVK zeitweise in zwei Gruppen eingeteilt, um mit kleineren Gruppen vor Ort arbeiten zu können. Ein Arbeiten mit Kleingruppen in Präsenz wurde im Frühsommer 2020 zunächst nur für die IVK möglich gemacht („wir waren die einzige Klasse und […] das war so ein Graubereich“, Interview, Frau Schilling, 24.03.2021, Z. 261–264), weil sich der Distanzunterricht hier als besonders herausfordernd gestaltete, weil viele der Schüler:innen keine digitalen Endgeräte oder keinen Internetzugang hatten (vgl. hierzu Barakos/Plöger 2021). Die Entscheidung oblag der Schulleitung. Im Gegensatz dazu war die Situation ein Jahr später behördlich geregelt. Ein entsprechender Mitarbeiter der Schulbehörde sagte im Interview, dass den IVK zum „frühestmöglichen Zeitpunkt“ (Interview, Herr Kraus, 10.12.2021, Z. 483) eine Rückkehr in die Schule ermöglicht wurde. Aus einem Dokument schulinterner Kommunikation geht hervor, dass im Frühjahr 2021 sowohl die „Abschlussjahrgänge 9, 10 und 13 als auch die Internationale Vorbereitungsklasse im Wechselunterricht beschult“ wurden (Informationsschreiben STS Grünmoor, 13.03.2021). Wechselunterricht bedeutet, dass die Lerngruppen in Kleingruppen aufgeteilt und abwechselnd unterrichtet wurden. Im Fall der IVK wurden die beiden Kleingruppen an drei Tagen pro Woche für je 90 Minuten (Frühsommer 2020) bzw. 60 Minuten (Frühjahr 2021) nacheinander in Präsenz unterrichtet. Die Einteilung der IVK oblag Frau Schilling. Im Interview erklärt sie, dass sie die Gruppen nach „Leistung“ eingeteilt habe:
LS: Ich habe keine heterogenen Gruppen gemacht, wie es eigentlich empfohlen wird, sondern per Leistung. Ich denke, das ist die einzig gute Lösung in der IVK, so die stärkere Gruppe und die schwächere Gruppe. Dann konnte ich jeder Gruppe besser gerecht sein. (Interview, Frau Schilling, 24.03.2021, Z. 38–41)
Frau Schilling rahmt ihre Aussage mit dem Hinweis, dass „eigentlich“ heterogene Gruppen empfohlen würden, womit sie sich auf didaktische Empfehlungen zu beziehen scheint, die sie jedoch nicht expliziert. Sie kontrastiert „heterogene Gruppen“ mit Gruppen „per Leistung“ und impliziert damit, dass eine Einteilung „per Leistung“ automatisch weniger heterogene Gruppen bedeuten würde. Dies ist insofern infrage zu stellen, als die Gruppen hinsichtlich Alter, Herkunftssprachen, Lernvoraussetzungen und -strategien weiterhin heterogen bleiben. Frau Schilling scheint sich hier vor allem auf die „Leistung“ mit Blick auf die deutschen Sprachkompetenzen zu beziehen. Das ethnographische Kontextwissen lässt darauf schließen, dass sie damit nicht nur die deutschsprachigen Kompetenzen der Schüler:innen in den Blick nimmt, sondern auch Aspekte wie das Sozialverhalten und die Leistungsbereitschaft der Schüler:innen. Das zeigt sich z.B. in den Zeugnissen, in denen sie Bezug darauf nimmt, wie sich die Schüler:innen während des Unterrichts verhalten, wie folgendes Zitat aus einem der Zeugnisse deutlich werden lässt: „Du verfolgtest den Deutschunterricht konzentriert und warst immer motiviert, etwas zu schaffen und zu leisten.“ Die Inbezugnahme verschiedener Aspekte für die Leistungsbeurteilung steht in Einklang mit behördlichen Dokumenten, in denen darauf verwiesen wird, dass die Leistungsbewertung „mündliche Beiträge“, „schriftliche Lernerfolgskontrollen“ und das „Arbeitsverhalten“ einbeziehen solle (vgl. BSB 2017: 6).
In Abwägung der Leistung entschied sie sich für eine Einteilung der Klasse in zwei Gruppen, um die Schüler:innen gezielter zu fördern. In der Praxis, so beschreibt sie in einem Gespräch per Zoom im Sommer 2020, habe sie dann mit den Gruppen unterschiedliche Themen behandelt: „Mit den Anfänger:innen habe sie das ABC und erste Wörter gelernt und mit der anderen Gruppe z.B. über die Valenz der Verben und Akkusativ/Dativ gesprochen“ (Gesprächsprotokoll, Frau Schilling, 07.07.2020, Z. 117–119). Die Entscheidung mit zwei kleineren Gruppen zu arbeiten, gibt ihr das Gefühl, den einzelnen Schüler:innengruppen „besser gerecht“ zu werden.
Im Mai 2021 bekräftigt sie ihre Entscheidung für die Äußere Differenzierung im Interview und hebt hervor, dass die Gruppengröße für sie ein entscheidender Faktor ist:
LS: Also ich habe wirklich sehr gute Erfahrungen mit diesem Teilen gemacht, obwohl es eigentlich hieß es ja man sollte heterogene Gruppen machen, die Kinder lernen voneinander. Das hat bei uns alles nicht hingehaut, sage ich ganz ehrlich. Das mag wahrscheinlich auf dem Papier schön klingen, dass die Kinder helfen einander. […] Das heißt, ich habe in einer Gruppe acht, in der anderen sieben und ähm das ist wirklich genau richtig eigentlich. So sollte es in der IVK sein, weil wenn alle, jetzt auf einmal alle 15 in einer Klasse sitzen, da sind solche rasanten ähm Unterschiede und ich bin ganz alleine. (Interview, Frau Schilling, 12.05.2021, Z. 15–20 & 54–57)
Erneut verweist Frau Schilling auf einen Diskurs, der „heterogene Gruppen“ empfehle, und distanziert sich von diesem für den Kontext der IVK, in der es nicht funktioniere, dass die Schüler:innen voneinander lernen. In der Gesamtgruppe gebe es „rasante“, womit sie vermutlich gravierende Unterschiede (in den Deutschkenntnissen) meint, denen sie alleine gar nicht gerecht werden könne bei mind. 15 Schüler:innen. In Frau Schillings Aussage scheinen die Grenzen Innerer Differenzierung hervorzutreten: Die Unterschiede zwischen den Schüler:innen seien zu gravierend sowie die Lerngruppe zu groß, als dass sie diesen ohne zusätzliche Unterstützung genügen könne – vermutlich, weil Innere Differenzierung in ihren Augen ohne spezifische Unterstützung der Lehrkraft eben nicht auskomme. Sie schlussfolgert daraus, dass die Aufteilung der Schüler:innen in zwei Gruppen mit kleinerer Gruppengröße eigentlich „wirklich genau richtig“ sei und zieht das Fazit: „So sollte es in der IVK sein!“ Damit macht sie deutlich, dass sie ihre Perspektive nicht nur auf die besondere Situation während der Coronazeit bezieht, sondern eine grundsätzliche Vorstellung davon formuliert, wie das Unterrichten in der IVK idealerweise gestaltet sein sollte. Dies zeigt sich auch in anderen Aussagen: „So sollte es in meinen Augen sein. Nicht 18 Kinder auf einmal mit einer Lehrkraft, also das ist zu viel verlangt“ (Interview, Frau Schilling, 24.03.2021, Z. 90–91) und „Also so, wie es jetzt läuft, so sollte es für mich laufen“ (ebd., Z. 58–59).
Ihre Argumentation spiegelt sich in einem Interviewausschnitt von März 2021, in dem sie die Metapher verwendet, die den Artikel betitelt und verdeutlicht, welchen Herausforderungen sie sich als IVK-Lehrkraft gestellt sieht:
LS: Also klar, ich sehe das selbst, dass es ihnen mehr nützt, als wenn ich ne-, man sagt ja: Wenn du zwei Hasen hinterherläufst, dann fängst du keinen von ihnen. Und so kann ich gezielt einem bestimmten Hasen hinterherlaufen. (Interview, Frau Schilling, 24.03.2021, Z. 101–104)
Frau Schilling nutzt die Metapher von zwei Hasen, denen sie hinterherläuft, um ihr Erleben der Differenzierung in Vorbereitungsklassen zu beschreiben: Sie verdeutlicht, dass sie es herausfordernd findet, gleichzeitig den unterschiedlichen Bedürfnissen der Schüler:innen gerecht zu werden. Das Ziel, mehrere Bedürfnisse zu bedienen bzw. Lernziele, zu erreichen, führe – der Metapher folgend – in der Praxis dazu, keines der Ziele zu erreichen. Mit der Schlussfolgerung „so kann ich gezielt einem bestimmten Hasen hinterherlaufen“ drückt Frau Schilling aus, dass sie durch eine Fokussierung auf spezifische Gruppen oder Lernbedürfnisse effektiver arbeiten kann. Indem sie sich auf eine kleinere, vermeintlich homogenere Gruppe konzentriert, könne sie gezielter auf die Bedürfnisse der Schüler:innen eingehen und ihnen so besser helfen.
6 Diskussion
Die Lehrerin vergleicht ihre Arbeit in der Vorbereitungsklasse mit einem Hinterherlaufen hinter zwei Hasen, womit sie eine Innere Differenzierung in höchst heterogenen Lerngruppen wie Vorbereitungsklassen als unmöglich beschreibt. Als besonders herausfordernd an der Inneren Differenzierung stellt sie die großen Leistungsunterschiede zwischen den Schüler:innen – bezogen auf ihre Deutschkenntnisse – sowie die Gruppengröße von 15 bis 18 Schüler:innen heraus. Dadurch sei es ihr nicht möglich, allen Schüler:innen gleichermaßen gerecht zu werden – eine kritische Selbsteinschätzung, die auch die anderen im Projekt begleiteten Lehrerinnen der Vorbereitungsklassen teilen. Als die Lehrerin während der lockdown-bedingten Schulschließungen die Vorbereitungsklasse in zwei kleinere Lerngruppen aufteilt und damit äußerlich differenziert, scheint es ihr hingegen möglich, beiden Gruppen gerecht zu werden, weil sie sich besser auf das jeweilige Sprachniveau einstellen kann. Dass es sich trotz Äußerer Differenzierung nach wie vor um höchst heterogene Lerngruppen handeln muss und vermutlich auch hier eine weitere Form der Inneren Differenzierung notwendig sein wird, thematisiert Frau Schilling nicht, hebt aber die kleinere Gruppengröße positiv hervor, unter der eine Differenzierung möglich scheint. In den Interviews spricht sie sich dafür aus, dass diese Art des Unterrichtens über Äußere Differenzierung nach (deutschsprachlicher) Leistung, d.h. mit weniger Schüler:innen und einer vermeintlich homogeneren deutschsprachlichen Niveaustreuung, Standard sein sollte. Das Ergebnis verdeutlicht also die Spannungen, die zwischen den Anforderungen einer Unterrichtsgestaltung im Sinne Innerer Differenzierung und den realen Bedingungen in der Praxis erlebt werden.
Während das Ergebnis als solches nicht überrascht, weil es die Erwartung bestätigt, dass Innere Differenzierung in heterogenen Klassen eine große Herausforderung darstellt, ist es vor dem Hintergrund der Arbeitsbedingungen, unter denen Frau Schilling arbeitet, durchaus interessant: Selbst unter vergleichsweise guten Arbeitsbedingungen, wie der eigenen Professionalisierung, der Anerkennung im Kollegium und der Vernetzung innerhalb der Jahrgangsstufe, fühlt sich die hier interviewte Lehrerin überfordert, weil sie den Eindruck hat, 15 bis 18 Schüler:innen gleichzeitig nicht gerecht werden zu können. Interessant ist das deshalb, weil in der Diskussion um Separation und Inklusion neu zugewanderter Schüler:innen genau diese Punkte für eine gelingende Praxis genannt werden (vgl. Fürstenau 2017). Erkenntnisse des Forschungsstandes zur Arbeit in Vorbereitungsklassen zeigen zudem, dass diese Bedingungen keineswegs selbstverständlich sind (vgl. Karakayali et al., 2017). Wie in Kap. 2 skizziert, weisen Bohl et al. z.B. darauf hin, dass positive „Einstellungen, Haltungen, Überzeugungen bei Lehrkräften zum Umgang mit Heterogenität“ (2012: 54) Gelingensbedingungen für Innere Differenzierung seien. Sie stellen zwar notwendige Bedingungen dar, sind jedoch – wie die Analyseergebnisse zeigen – nicht ausreichend. Stattdessen wird deutlich, dass allen Schüler:innen im Rahmen der Inneren Differenzierung gerecht zu werden selbst unter diesen ‚guten‘ Arbeitsbedingungen eine Herausforderung, bleibt (vgl. auch Kärner et al. 2019). Zudem wird der Wunsch nach einem besseren Betreuungsverhältnis durch mehr pädagogisches Personal oder weniger Schüler:innen geäußert (vgl. auch Schumann et al. 2019).
Die Methodik der ethnographischen Forschung hat es ermöglicht, die subjektiven Perspektiven und Herausforderungen der Lehrerin detailliert zu erfassen und in den Kontext der Bedingungen, unter denen sie arbeitet, zu stellen. Als Einzelfall stehen sie stellvertretend für das Erleben der Herausforderung Innerer Differenzierung in der Praxis, wenngleich die Ergebnisse durch den spezifischen Kontext der untersuchten Schule geprägt sind. Eine breiter angelegte Untersuchung in verschiedenen Schulformen könnte zu weiterführenden Erkenntnissen beitragen. Ebenso wäre eine nähere Betrachtung der pädagogischen Praxis in Regelklassen sinnvoll, um Differenzierungsstrategien im Kontext des Regelunterrichts zu untersuchen.
Das Gefühl, nicht allen Schüler:innen gerecht werden zu können – und zwar auch nicht durch Innere Differenzierung – führt letztlich zu einem Ausweichen der Lehrerin auf eine vermeintliche Homogenisierungsstrategie. Dies wirft grundsätzliche Fragen für den Diskurs um Separation und Inklusion im Kontext von Neuzuwanderung auf. Massumi bezeichnet auf Grundlage einer Dispositivanalyse „Homogenisierung [als] ein Grundmuster des deutschen Schulsystems im Umgang mit Vielfalt und Differenz“ (2019: 376), das sich allein in der Einrichtung von separaten Vorbereitungsklassen zeigt, in denen Schüler:innen beschult werden, denen aufgrund ihrer fehlenden oder als nicht ausreichend erachteten Deutschkenntnisse eine gewisse Schulunfähigkeit zugeschrieben wird (vgl. Gomolla/Radtke 2009). Die vermeintliche Homogenisierungsstrategie der Einrichtung einer Vorbereitungsklasse für die Deutschlernenden scheint jedoch keine hinreichende Lösung zu sein, wenn – wie im Beispiel – Lehrkräfte dennoch nicht das Gefühl haben, den Schüler:innen gerecht werden zu können, selbst unter vergleichsweise guten Bedingungen. Welche Implikationen ergeben sich daraus für den Diskurs über Separation und Inklusion im Kontext von Vorbereitungsklassen?
7 Ausblick und Implikationen
Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass eine Unterrichtsgestaltung im Sinne Innerer Differenzierung in Vorbereitungsklassen nicht allein durch das Engagement einzelner Lehrkräfte zu bewerkstelligen ist. Um den vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es weiterführender Ansatzpunkte, von denen beispielhaft und unter Rückbezug auf den Forschungsstand um Vorbereitungsklassen und Innere Differenzierung die folgenden vier vor dem Hintergrund der Analyseergebnisse genauer in den Blick genommen werden sollen: Der generelle Umgang mit Heterogenität im deutschen Schulsystem, die Bedeutung von Kooperation in heterogenen Lerngruppen, der reflexive Umgang mit Antinomien sowie die Arbeit in multiprofessionellen Teams.
Der generelle Umgang mit Heterogenität im deutschen Schulsystem
Im Umgang mit Neuzuwanderung zeigt sich noch immer eine „Kontinuität der Separation“ (Karakayali et al. 2017: 223), da Schüler:innen vor allem in der Sekundarstufe in separaten Vorbereitungsklassen unterrichtet werden (vgl. Massumi/von Dewitz 2015). Diese in der Diskussion aufgeworfene Homogenisierungstendenz scheint aber nicht auszureichen, wenn immer weiter versucht wird, Lerngruppen zu homogenisieren. Anstelle einer immer weiter separierenden Äußeren Differenzierung von Lerngruppen zeigen alternativ dazu qualitativ-rekonstruktive Forschungsergebnisse, wie eine integrative Beschulung aussehen kann und was es dafür braucht (vgl. Plöger 2023; Karakayali et al. 2017): Wenn sich Schulen grundlegend auf eine heterogene Schüler:innenschaft einstellen und dafür Unterrichtsformen entwickeln, kann der Regelunterricht von Beginn an auch für Schüler:innen geöffnet werden, die die deutsche Sprache erst noch erlernen. Dafür braucht es Unterrichtsformen, die den unterschiedlichen Lernbedürfnissen und -voraussetzungen gerecht werden. Das kann nicht nur über Innere Differenzierung passieren, sondern auch über kooperative Lernformen.
Die Bedeutung von Kooperation in heterogenen Lerngruppen
An Strategien der Differenzierung und Individualisierung wird kritisiert, dass sie zur Einsozialisierung in die „Rationalität und Normen des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems“ (Häcker 2023: 284) im Sinne von Selbstverantwortung und Selbstregulierung beitragen können. Dadurch könnten sie unbeabsichtigt zur Reproduktion von Ungleichheit und Benachteiligung beitragen, insbesondere dann, wenn es einigen Schüler:innen leichter fällt, sich selbst zu organisieren und die vermeintlich selbsterklärenden Aufgaben zu verstehen als anderen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass Lernen eine soziale Tätigkeit ist (vgl. Vygotsky 1978), wird in kooperativen Gruppenarbeiten mit „gleichberechtigter Beteiligung“ (Schmalenbach/Lotan 2023: 213) das Potenzial gesehen, eine „Hierarchie der Fähigkeiten“ (ebd.: 217) zu überwinden. Die Schüler:innen erfahren, dass sie sowohl aufeinander als auch auf ihre vielfältigen Fähigkeiten angewiesen sind, um gemeinsame Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Dies kann nachweislich zu „größeren Lerngewinnen“ und „verbesserten sozialen Fähigkeiten sowie interkultureller Akzeptanz“ (Lotan/Whitcomb 1998: 1; eigene Übersetzung) führen – nicht nur in Vorbereitungsklassen, sondern auch in Regelklassen.
Der reflexive Umgang mit Antinomien
Im Beitrag wurde herausgearbeitet, wie die Lehrkraft das Gefühl hat, den Schüler:innen nicht gerecht werden zu können. Sie ist herausgefordert, einerseits auf die individuellen Bedürfnisse einzugehen und sie andererseits zum Ziel des Übergangs in die Regelklassen zu führen. Gerade in heterogenen Lerngruppen erscheint die „Differenzierungsantinomie“ (Helsper 2016: 56) besonders stark ausgeprägt, weil Lehrkräfte zum einen zur Gleichbehandlung aufgerufen sind und zum anderen die ungleichen Lernvoraussetzungen ungleich behandeln müssen, um „gleiche Genesungs- Bildungs- oder Teilhabemöglichkeiten zu sichern“ (ebd.). Wenngleich ein Auflösen dieser Antinomie(n) nicht möglich ist, können sie dennoch reflexiv bearbeitet und gehandhabt werden (vgl. auch Huxel 2018). Dafür braucht es in der Lehrer:innenbildung aber neben einer vielfach geforderten Qualifizierung aller Lehrkräfte im Bereich sprachlicher Bildung und diversitätssensibler Unterrichtsgestaltung auch eine Professionalisierung im Hinblick auf Antinomien und Ungewissheitstoleranz (vgl. Plöger/Fürstenau 2021).
Die Arbeit in multiprofessionellen Teams
Dies bezieht sie nicht nur auf das übergeordnete Ziel des deutschen Spracherwerbs, sondern auch auf soziale Aspekte. So zeigen die Projektergebnisse, dass sich Lehrkräfte in Vorbereitungsklassen eben nicht nur als DaZ-Lehrerin wahrnehmen, sondern auch die Rolle von Lobbyist:innen, Aktivist:innen oder Familienhelfer:innen übernehmen, womit eine „enorme administrative, aber auch kreative Kommunikations- und Emotionsarbeit“ (Barakos 2022: 165) einhergeht. Das stellt die Lehrkräfte vor Herausforderungen und es bräuchte multiprofessionelle Teams, um den unterschiedlichen Rollen gerecht zu werden (vgl. Koehler 2017).
Festzuhalten bleibt, dass Bildungsungleichheiten auf unterrichtlicher Ebene durch das Engagement einzelner Lehrkräfte allein nicht begegnet werden kann und es stattdessen verstetigte Strukturen braucht, die ein effektives und kontinuierliches Arbeiten mit heterogenen Lerngruppen ermöglichen. Ein Blick auf die Beschulung neu zugewanderter Schüler:inenn in Deutschland zeigt, dass der wiederkehrende Rückgriff auf Homogenisierungsstrategien weniger pädagogisch als vielmehr strukturell bedingt ist und Bildungsungleichheiten verschärft (vgl. Terhart/Massumi/von Dewitz 2017). Die Ergebnisse deuten jedoch auch darauf hin, dass strukturelle Herausforderungen eng mit pädagogischen Überlegungen verknüpft sind, wenn Lehrkräfte sich nicht in der Lage sehen, den vielfältigen Bedürfnissen heterogener Klassen gerecht zu werden. Um eine ständige Homogenisierung zu vermeiden, legen die Ergebnisse für den Diskurs über Separation und Inklusion im Kontext von Neuzuwanderung nahe, grundlegender über pädagogische Ansätze im Umgang mit Heterogenität – und damit auch mit Neuzuwanderung – im deutschen Regelschulsystem nachzudenken, z.B. durch Formen kooperativen Lernens.
Notes
- Die Klassen haben in den Bundesländern unterschiedliche Namen und werden unterschiedlich ausgestaltet. Teilweise erhalten die Schüler:innen auch anderen Unterricht neben Deutsch als Zweitsprache (DaZ). [^]
- Dabei handelt es sich um eine Orientierung an den Niveaustufen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER). [^]
- Das DFG-Projekt „Sprachliche Bildung am Übergang von Vorbereitungs- zu Regelklasse. Eine qualitative Studie bei neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe I“ wurde von 2020 bis 2022 an der Universität Hamburg durchgeführt. Weitere Informationen zum Projekt: https://www.ew.uni-hamburg.de/einrichtungen/ew1/vergleichende/diver/forschung/laufende-projekte/sprabue.html (08.01.2025). [^]
- Alle verwendeten Namen sind Pseudonyme. [^]
- In Kap. 4 wird aufgezeigt, wie es sich an der begleiteten Schule mit diesem Zeitraum in der Praxis verhält. [^]
- Beim offenen Kodieren werden erste konzeptionalisierende Codes zu Textabschnitten angelegt. Beim axialen Kodieren geht es darum, die Codes zueinander in Bezug zu setzen, indem z.B. ein erstes Kodierparadigma erstellt wird. Das selektive Kodieren gilt der Theoretisierung und Fokussierung der Daten, indem eine (oder mehrere) zentrale Schlüsselkategorien festgelegt und das finale Kodierparadigma erstellt werden (vgl. Breuer et al. 2019). [^]
- Ein besonderer Dank gilt Lina Junge und Charlotte Brandenburg, die die Interviews geführt und damit die Grundlage für diese Analyse geschaffen haben. [^]
- Im Beitrag wurde in Anlehnung an das von Breuer et al. (2019) beschriebene Vorgehen zur Entwicklung von Kodierparadigmen gearbeitet. Ursprünglich geht die Entwicklung von Kodierparadigmen in der Grounded Theory-Forschung auf Strauss (1991) und Strauss und Corbin (1996) zurück. [^]
- Der KESS-Faktor [Kompetenzen und Einstellungen von Schülerinnen und Schüler] ist ein Sozial-Index, der „die sozio-ökonomische Zusammensetzung der Schülerschaft an Schulen auf einer Skala von 1 bis 6 [beschreibt]. Dabei steht eine 1 für Schulen, die eher Kinder aus schwierigen sozio-ökonomischen Verhältnissen beschulen und eine 6 für Schulen, die Schülerinnen und Schüler aus eher privilegierten sozio-ökonomischen Verhältnissen beschulen.“ Ausgehend vom KESS-Faktor werden den Schulen finanzielle Mittel zugewiesen (vgl. https://www.hamburg.de/bsb/hamburger-sozialindex/ 08.01.2025). [^]
- LS = Lisa Schilling; I = Interviewerin. [^]
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Kurzbio
Simone Plöger ist Juniorprofessorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Schulforschung/Inklusion an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Ihre Arbeits- und Interessenschwerpunkte sind Inklusion, Diversität und soziale Ungleichheit in der Schule, Beschulung neu zugewanderter Schüler:innen, Ethnographie in Schule und Unterricht sowie diskriminierungskritische und inklusionsorientierte Lehrer:innenbildung.
Anschrift:
Jun.-Prof. Dr. Simone Plöger
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Institut für Erziehungswissenschaft
Schulforschung/Inklusion
Jakob-Welder-Weg 12
55128 Mainz