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Aufsatz zum Themenschwerpunkt

„Aber du verstehst wahrscheinlich kein Wort“– Zur Positionierung von Sprecher:innen in der Mehrsprachigkeitsforschung

Abstract

Im Fokus des Beitrags stehen zwei qualitative Forschungsprojekte, die Mehrsprachigkeit von Kindern in institutionellen bzw. familiären Kontexten untersuchen. Anhand von empirischen Beispielen wird der Frage nachgegangen, inwiefern sprachbezogene Wissensbestände und Zuschreibungen in Form von Positionierungen als Sprecher:innen bedeutsam werden. Ausgehend von Bezugspunkten einer (selbst-)reflexiven Forschungspraxis werden die Potentiale von Partizipation für die Verknüpfung von Perspektiven sowie die Aushandlung von Positionierungen und Wissensbeständen im Kontext der Mehrsprachigkeitsforschung mit Kindern diskutiert.

“But you probably don't understand a word“ – On positioning of speakers in research on multilingualism
This article focuses on two qualitative research projects that investigate children's multilingualism in institutional resp. family contexts. By using empirical examples, the paper explores how language-specific knowledge and attributions become significant in the form of positioning as speakers. Based on reference points of a (self-)reflexive research practice, the potentials of participation for linking perspectives as well as the negotiation of positionings and knowledges in the context of multilingualism research with children will be discussed.

Keywords: Ethnografie, Forschung mit Kindern, Mehrsprachigkeit, (Selbst-)Reflexivität, Positionierung, Ethnography, Research with Children, Multilingualism, (Self-)reflexivity, Positioning

How to Cite:

Dettki, Clara & Weckenmann, Rebecca (2023): „Aber du verstehst wahrscheinlich kein Wort“ – Zur Positionierung von Sprecher:innen in der Mehrsprachigkeitsforschung. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 28: 2, 33–55. https://doi.org/10.48694/zif.3646.

1 Einleitung

Im Zuge von Migrationsbewegungen ist Mehrsprachigkeit zu einem zentralen Gegenstand erziehungswissenschaftlicher und germanistischer Auseinandersetzung geworden (vgl. Ballis/​Hodaie 2018; Dirim/​Mecheril 2018; Gogolin et al. 2020). Als Grundlage für die Beschreibung der sprachlichen Vielfalt im deutschsprachigen Raum werden häufig Daten aus Sprachstatistiken herangezogen. Eine Quelle ist der deutsche Mikrozensus, der seit 1957 einmal im Jahr Daten zur in Deutschland lebenden Bevölkerung erhebt (vgl. Statistisches Bundesamt). Seit 2017 wird im Mikrozensus die (eine) vorwiegend im Haushalt bzw. zuhause gesprochene Sprache erfragt („Welche Sprache wird in Ihrem Haushalt vorwiegend gesprochen?“).1 Problematisch ist dabei, dass die Fragestellung von Einsprachigkeitsideologie geprägt zu sein scheint, da vorgegeben wird, sich auf eine Sprache festzulegen. Diese Art der Darstellung beruht auf der Vorstellung, dass Sprache(n) auch im alltäglichen Gebrauch als getrennte und damit aufzählbare Einheiten zu verstehen sind. Dadurch werden die Antworten für mehrsprachige Kontexte zwangsläufig verfälscht und Diskurse2 über Sprache(n) und Sprecher:innen verstärkt, die nicht der sozialen Realität entsprechen (Adler/​Riberio/​Silviera 2021: 416). Darüber hinaus wird aus einer Außenperspektive auf die mehrsprachigen Praktiken und Lebenswirklichkeiten geblickt und Akteur:innen sowie deren Perspektiven auf ihre sprachlichen Ressourcen bleiben ungehört. Insbesondere Perspektiven von Kindern sind in der Erforschung von Mehrsprachigkeit als sozialer Praxis (Busch 2021: 10) bislang kaum im Fokus.

Die Grundlage dieses Beitrags bilden zwei qualitative Dissertationsprojekte, die ausgehend von diesem Forschungsdesiderat Perspektiven von Kindern auf Mehrsprachigkeit erforschen. Betrachtet man den Sprachgebrauch aus Sicht von Kindern bzw. deren konkrete sprachlichen Praktiken in der Interaktion, bewegen sie sich in einer komplexen Vielfalt sprachlicher und kommunikativer Ressourcen (Busch 2021: 12). Sprache ist allerdings nicht nur ein „technisches Kommunikationsmittel“ (Dirim/Mecheril 2010: 100), sondern wird in migrationsgesellschaftlichen Kontexten auch als Differenzkategorie relevant, entlang derer (Nicht-)​Zugehörigkeiten verhandelt werden (Broden/​Mecheril 2007: 11). Die Auseinandersetzung um sprachliche Zugehörigkeitsverhältnisse sind von sprachideologischen Vorstellungen bzw. von Diskursen über Sprache(n) geprägt (Busch 2021: 86). Insbesondere sprachbezogene Positionierungen zeigen sich als eng an gesellschaftliche Diskurse und Sprachideologien geknüpft (vgl. Bjegač/​Pokitsch 2019: 238).

Im Folgenden setzen wir uns mit zwei empirischen Beispielen auseinander, in denen im Rahmen der Dissertationsprojekte mit Kindern über Mehrsprachigkeit gesprochen wurde. Darin werden Vorstellungen, Erfahrungen und sprachbezogene Diskurse in Gestalt von Selbst- und Fremdpositionierungen sichtbar. Insbesondere sprachbezogene Fremdpositionierungen der Kinder stellen Irritationsmomente für uns als Forschende dar. Ausgehend von theoretischen Bezugspunkten einer (selbst-)reflexiven Forschungspraxis (vgl. Haraway 1988), die Wissensproduktion immer als kontext- und situationsbedingt betrachtet, wird der Bedeutung von sprachbezogenen Wissensbeständen und den daraus resultierenden Selbst- und Fremdpositionierungen von Sprecher:innen in der Mehrsprachigkeitsforschung mit Kindern nachgegangen. Die Überlegungen sollen aufzeigen, wie Situiertheit und Perspektivität in Verbindung mit einer partizipativen Forschungshaltung auf methodologischer Ebene für das Erforschen von Mehrsprachigkeit mit Kindern fruchtbar werden können.

2 Theoretische Bezugspunkte einer (selbst-)​reflexiven Forschungspraxis

Jede Forschung, die das Ziel hat, sich auf ihr jeweiliges Feld einzulassen, bietet die Möglichkeit Konflikte und Irritationsmomente produktiv zu nutzen. Hilscher (2021: 135) schlägt vor, den gesamten Forschungsprozess (selbst-)reflexiv zu begleiten, um solche Momente zu nutzen. (Selbst-)Reflexivität stellt ein grundlegendes methodologisches Prinzip dar und ist über die vergangenen Jahrzehnte zu einem zentralen Thema in der qualitativen Sozialforschung geworden (vgl. Breuer/​Mruck/​Roth 2002; Flick/​Hoppe 2021; Langer/​Kühner/​Schweder 2013; Strübing/​Hirschauer/​Ayaß/​Krähnke/​Scheffe 2018). Strübing et al. (2018: 88) verstehen unter Reflexivität den konstitutiven Anteil der Forschenden bei der Herstellung des Felds und der Gewinnung von Daten sowie die systematische Beobachtung des eigenen Handelns und der eigenen Positionierung. Dabei existiert eine Vielzahl an unterschiedlichen Formen, Definitionen und Ansätzen. Der vorliegende Beitrag orientiert sich an einem Verständnis von (Selbst-)Reflexivität wie es von Unger (2022: 93) beschreibt:

Forschende sind angehalten, den Kontext der Forschungssituation, einschließlich ihrer eigenen Positionierungen und Subjektivität/en zu reflektieren, ihre Rolle und Interaktionen im Feld angemessen zu berücksichtigen, um nach dem Einfluss ihrer (im Grunde unvermeidlichen) Beteiligung als Ko-Konstrukteur*innen der Daten und Ergebnisse der Forschung zu fragen.

Mit dem Anspruch an (Selbst-)Reflexivität geht notwendigerweise der Einbezug der eignen Subjektivität und Positionierung einher (vgl. Strübing et al. 2018). Soziale Positionen, Vorannahmen und Weltsicht von Forschenden nehmen stets Einfluss auf das Forschungsvorhaben und die Prozesse der Wissensgenerierung, denn Forschende definieren ihren Forschungsgegenstand auf der Grundlage ihres fachlichen Wissensbestandes, der institutionell geprägt und in einem soziohistorischen Kontext verortet ist (vgl. Tanzer/​Fasching 2022: 7). Die Reflexion der Situiertheit und Positionierung von Forschenden ist somit für eine kritische Wissensproduktion unabdingbar, um eigene Annahmen und Vorwissen über den Forschungsgegenstand nicht unreflektiert zu reproduzieren.

Um im Modus der Reflexion auf das eigene Wirken im Forschungsprozess einzugehen, beziehen wir uns im Folgenden auf die feministische Wissenschaftskritik von Haraway (1988), die Situiertheit von Wissen (situated knowledge) und Partialität von Perspektiven (partial perspectives) als reflexionsbedürftige Aspekte von Forschung versteht.

In ihrem Konzept situated knowledge geht Haraway (1988: 581) von einer grundsätzlichen Bedingtheit allen wissenschaftlichen Wissens aus und spricht sich für eine Praxis der Positionierung als Teil der Wissensproduktion aus. Allein den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Standpunkt transparent zu machen, reicht dafür jedoch nicht aus. Dies würde eine stabile Subjektposition implizieren, die ihrer Ansicht nach nicht gegeben ist: "I am arguing for the view from a body, always a complex, contradictory, structuring, and structured body, versus the view from above, from nowhere, from simplicity” (Haraway 1988: 589). Da alles Sehen verkörpert ist und Wissensproduktion demnach immer einen Ort hat, versteht Haraway Positionierung als kontextabhängig und damit unabgeschlossen.

An die Vorstellung einer solchen situierten, kontextabhängigen und körperlichen Bedingtheit von Wissen anknüpfend, plädiert sie mit dem Konzept der partial perspectives für eine kritische Positionierung des Wissens, die mit der Dezentrierung des Subjekts einhergeht und von einer Vielzahl partialen, verortbaren und kritischen Wissens ausgeht. Die Unabgeschlossenheit von Wissensbeständen im Sinne der Verknüpfung dieser partial perspectives beinhaltet für Haraway sowohl die Verknüpfung von wissenschaftlichen als auch lebensweltlichen Wissensbeständen, die oftmals als „Alltagswissen“ deklariert werden. Es gilt bei der Produktion neuer Wissensbestände dieses „Alltagswissen“ mitzudenken (Haraway 1988: 589), um es mit wissenschaftlichen Wissensbeständen zu verknüpfen. In der Konsequenz schlägt Haraway vor, den Dualismus von forschendem Subjekt und beforschtem Objekt aufzulösen und letzteres als Akteur:in zu verstehen (ebd.: 591). Haraways Theorie ermöglicht eine Perspektive mit macht- und dominanzkritischem Potential, die die bislang binär betrachtete Ordnungshierarchie des Wissens in Frage stellt. Indem Personen als Subjekte anerkannt werden, die Wissen haben und generieren können, rücken alle Akteur:innen im Feld in den Mittelpunkt. Die Praxis der Verknüpfung von Wissensbeständen findet sich auch in Ansätzen der partizipativen Forschung wieder, deren zentrales Moment in der Anerkennung der Beteiligten als Expert:innen ihrer Lebenswelt und als Ko-Konstrukteur:innen neuen Wissens liegt (vgl. von Unger 2014).

Infolgedessen verstehen wir Positionierung im vorliegenden Beitrag als soziale Praxis (vgl. auch Spitzmüller 2022), die in Form von Fremd- und Selbstpositionierungen interaktiv ausgehandelt wird. Dabei gibt der jeweilige Diskurs vor, welche Positionen die Akteur:innen einnehmen bzw. sich zuweisen können. Forschende sind in die sie umgebenden (migrationsgesellschaftlichen) Verhältnisse eingebettet, durch die sie historisch, sozial und kulturell positioniert werden. Positionierung hat „im Forschungsprozess […] somit immer einen prozesshaften, sowohl aktiven als auch passiven Aspekt“ (Siouti 2022: 119). Gerade in qualitativen Forschungsprojekten, die von Interaktion zwischen Forschenden und Forschungsteilnehmenden geprägt sind (vgl. Flick 2017; Lamnek/​Krell 2016), werden auch Zuschreibungen relevant, die von Forschungsteilnehmenden vorgenommen werden. Sie werden in diesem Sinne als Akteur:innen verstanden, die ihr situiertes Wissen, ihre Erfahrungen und Perspektiven in den Forschungsprozess einbringen. Positionierung ist demnach nicht ausschließlich eine Praxis der Forschenden, sondern vielmehr ein „wechselseitiger Akt“ (Busch 2021: 41), der Selbst- und Fremdpositionierungen als diskursives Produkt kontextspezifischen und situierten Wissens aller am Forschungsprozess Beteiligten umfasst.

Werden Kinder im Kontext von Forschung nunmehr als Akteur:innen verstanden, deren Perspektive in die Wissensproduktion miteinbezogen werden soll, stellt sich die Frage, welche methodischen und methodologischen Zugänge von Forschenden zu wählen sind, um diesem Anspruch gerecht zu werden.

3 Mit Kindern Mehrsprachigkeit erforschen

Spätestens seit der Kinderrechtskonvention (vgl. UN 1989) haben Kinder ein explizit verankertes Recht, dass ihre Stimmen gehört werden. In Folge konzeptioneller Veränderungen im Forschungsfeld der Childhood Studies (vgl. James/​Prout 1996) werden Kinder als soziale Akteur:innen verstanden. Dieser Wandel führte auch zu einer Veränderung der wissenschaftlichen Herangehensweise und der Forderung, explizit nach der Perspektive der Kinder zu fragen und Forschung nicht über, sondern mit Kindern zu gestalten (vgl. Mey 2013: 53). Damit die Kinder individuelle Einblicke in ihre Lebenswelten geben können, sind Forschungsansätze erforderlich, die ihnen Räume eröffnen, ihre Meinungen und Erfahrungen einzubringen.

Ethnografische Forschung hat u.a. das Ziel, soziale Wirklichkeiten aus der Perspektive der Teilnehmenden zu erfassen (vgl. Breidenstein/​Hirschauer/​Kalthoff/​Nieswand 2020). Dabei zeigt sich ein gestiegenes Interesse an Ethnografien zu Mehrsprachigkeit (vgl. Panagiotopoulou 2017). Auch partizipative Forschungsansätze haben zunehmend Eingang in die Forschung mit Kindern gefunden (vgl. Butschi/​Hedderich 2019). Unter dem Begriff der partizipativen Forschung werden Forschungsansätze subsumiert, die darauf zielen soziale Wirklichkeit gemeinschaftlich zu erforschen und diejenigen, an denen die Forschung interessiert ist, als Ko-Forschende in den Forschungsprozess miteinzubeziehen (vgl. von Unger 2014: 35). Es handelt sich dabei weniger um einen einheitlichen methodischen Ansatz als eine Forschungshaltung, die sich für ein dialogisch-demokratisch und gleichberechtigtes Verhältnis von Forschungsbeteiligten ausspricht, um eine gemeinsame Sinn- und Wissenskonstruktion zu ermöglichen. Der feministischen Perspektive von Prasad folgend geht es bei einem partizipativen Forschungszugang aber auch darum, „anzuerkennen, dass der persönliche Hintergrund jeder forschenden Person die Forschung beeinflusst“ (Prasad 2020: 26). Daher fordert sie als Teil des Forschungsprozesses, das eigene „Verwobensein“ mit dem Forschungsgegenstand und den Forschungsteilnehmenden zu reflektieren. Insbesondere in der Zusammenarbeit mit Kindern bedarf es einer reflektierten Auseinandersetzung mit der eigenen Verstrickung in Machtverhältnisse (z.B. generational, professionell, natio-ethno-kulturell, sprachbezogen), um ein Forschungsdesign zu entwickeln, das Kindern Räume eröffnet, ihr Wissen einzubringen. Methodische bzw. methodologische Fragen sind dabei immer auch unter ethischen Aspekten zu reflektieren (s. Kap. 4).

Mit Blick auf die Mehrsprachigkeitsforschung ist erkennbar, dass trotz zunehmender Berücksichtigung von Subjektperspektiven beispielsweise Jugendlicher oder Erwachsener (vgl. Bjegač 2020; Pokitsch 2022; Putjata 2019) im deutschsprachigen Raum bislang nur wenige Untersuchungen bestehen, die sich für die Sichtweisen von Kindern interessieren (vgl. Großkreutz 2016; Rühlmann 2021). Die dem Beitrag zugrundeliegenden Forschungsprojekte erheben ausgehend von diesem Desiderat die Perspektiven von Kindern auf Mehrsprachigkeit mit dem Ziel neue Aspekte für den pädagogischen und didaktischen Umgang zu entwickeln. Mehrsprachigkeit wird in diesem Beitrag als Gesamtrepertoire verstanden, das alle sprachlichen Mittel umfasst, die Sprecher:innen zur Verfügung stehen, um in unterschiedlichen Interaktionssituationen (soziale) Bedeutungen zu vermitteln (vgl. Busch 2021: 21). Infolgedessen wird die Vorstellung von Sprachen als klar voneinander abgrenzbaren und getrennten Einheiten hinterfragt. Um über sprachbezogene Positionierungen im Kontext von Mehrsprachigkeit sprechen und schreiben zu können, wird allerdings auf die Konstrukte von Einzelsprachen zurückgegriffen.

Kinder, die migrationsbedingt mehrsprachig aufwachsen, sind insbesondere seit internationalen Schulleistungsstudien wie PISA mit defizitorientierten Sichtweisen auf ihre sprachlichen Kompetenzen und Bildungslaufbahnen konfrontiert. Dirim und Khakpour (2018: 203) weisen darauf hin, dass Mehrsprachigkeit von Kindern häufig als Abweichung von einer sprachlichen Norm betrachtet wird, die mit dem bildungssprachlichen Register des Deutschen gesetzt wird. Sowohl im öffentlichen als auch wissenschaftlichen Diskurs des deutschsprachigen Raums scheinen an Monolingualität orientierte Vorstellungen dominant zu sein, mit denen die Beherrschung der Schul- und Bildungssprache Deutsch als Bildungsvoraussetzung unterstrichen und davon ausgehend sprachliche Bildung und Förderung von Schüler:innen im Sinne einer Anpassung an bestehende sprachliche Rahmenbedingungen gefordert wird (vgl. Bjegač 2020: 78). Im weiteren Sinne geht damit eine Bewertung der Mehrsprachigkeit von Kindern einher, die sich oftmals an der zugeschriebenen Funktionalität und Bedeutung in und für Bildungsinstitutionen orientiert (vgl. Lengyel 2017: 164). Während Sprachen wie Englisch oder Französisch als gesellschaftlich und global ‚wertvolle‘ Sprachen eine besondere Bedeutung für die Bildungslaufbahn zugeschrieben wird, sind Migrationssprachen von der Mehrheitsgesellschaft oftmals nicht als sprachliches Kapital akzeptiert (vgl. Fürstenau/Niedrig 2011: 80).

Ein weit verbreiteter Blick auf kindliche Mehrsprachigkeit ist somit jener von außen, meist unter einer funktionalen Fragestellung und mit dem Ziel der Förderung der Zweitsprache Deutsch (vgl. Daase 2017: 109). Diese Verengung des Blickwinkels birgt die Gefahr einer verkürzten Sicht auf das Individuum und seine Mehrsprachigkeit, sodass die sprachlichen Ressourcen und Praktiken sowie die subjektiven Erfahrens- und Erlebensperspektiven in Studien, aber auch im (schulischen) Alltag zu wenig Berücksichtigung finden. Aus Kritik an dieser Sichtweise hat Gogolin (2004) den Begriff der lebensweltlichen Mehrsprachigkeit geprägt, der auf die lebensweltliche Bedeutsamkeit von Sprachen verweist. Es handelt sich dabei um ein deskriptives Konzept, das den Spracherwerb von Kindern im Kontext von Migration beschreibt. Mehrsprachigkeit zeigt sich dabei in der Kompetenz, verschiedene Sprachen und Sprachvarietäten in unterschiedlicher Ausprägung je nach Erfordernis und Kenntnis einzusetzen (vgl. Dirim/​Khakpour 2018: 210). Praktiken lebensweltlicher Mehrsprachigkeit entsprechen häufig nicht den Normen, an denen ein ‚korrekter‘ Sprachgebrauch in Bildungsinstitutionen gemessen wird.

Trotz der faktischen Mehrsprachigkeit der Migrationsgesellschaften sind in allen Bereichen gesellschaftliche Auseinandersetzungen um symbolische Grenzen und natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit(en) produktiv und machtvoll (vgl. Dirim/​Mecheril 2010: 100). Dabei wird angenommen, dass Wissensbestände, die innerhalb dieser gesellschaftlichen Diskurse und Machtverhältnisse entstanden sind, von Diskursen um Normalität (z.B. Nationalsprachen-Konzept) und Abweichungen (Nicht-Zugehörigkeiten) geprägt sind (vgl. Broden/​Mecheril 2007: 8). Diese gesamtgesellschaftlichen (Sprachen-)Verhältnisse sowie dominante Vorstelllungen über Sprache(n) und Sprecher:innen wirken sich ebenfalls auf die kindliche Vorstellung aus (vgl. Dirim/​Mecheril 2018). Schließlich gibt es eine Vielzahl von gesellschaftlich (re-)produzierten Bildern, Beschreibungen und Darstellungen darüber, wer als (nicht) mehrsprachig gilt oder gelten kann (vgl. Bjegač/​Pokitsch 2019). Dabei zeigt sich, dass Sprache(n) als soziale Kategorien genutzt werden, um über unterschiedliche Positionierungen als Sprecher:innen zu verhandeln (z.B. ‚legitime‘ oder ‚illegitime‘ Sprechende). Inwiefern Fremd- und Selbstpositionierungen als Sprecher:innen in der Interaktion bedeutsam werden und welche sprachbezogenen Diskurse dabei herangezogen werden, wird im Folgenden anhand von zwei empirischen Beispielen diskutiert.

4 Positionierung(en) als Sprecher:innen – Beispiele aus der Forschungspraxis

In den folgenden Teilkapiteln wird auf die Dissertationsprojekte von Clara Dettki (s. Kap. 4.1) und Rebecca Weckenmann (s. Kap. 4.2) Bezug genommen.

Im Sinne einer prozeduralen Ethik (informierte Einwilligung, Datenmanagement, Schadensminimierung) (vgl. Guillemin/​Gillam 2004) wurde in beiden Projekten eine informierte Einwilligung der Erziehungsberechtigen und der teilnehmenden Kinder vor Beginn der Erhebungen schriftlich eingeholt. Die informierte Einwilligung konzeptualisieren wir dabei in Anlehnung an Malik at al. (2021) nicht nur als einmaligen Akt vor Beginn der Datenerhebung, sondern als kontinuierlichen Prozess, in dem die Zustimmung der teilnehmenden Kinder, beobachtet oder befragt zu werden, bei jedem Besuch der Forscherinnen neu eingeholt wurde (z.B. durch Nachfragen, Arbeit mit Smileys). Um Stress seitens der teilnehmenden Kinder möglichst gering zu halten, wurden die Erhebungen in spielerische Kontexte sowie den schulischen bzw. familialen und damit vertrauten Alltag der Kinder eingebettet. An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass forschungsethische Überlegungen neben der Beachtung von Leitlinien prozeduraler Ethik insbesondere Fragen nach einer praktischen Ethik und dem Umgang mit ethisch wichtigen bzw. herausfordernden Situationen im Forschungsprozess mit Kindern reflektieren sollten, die allerdings an dieser Stelle zu weit führen würden (siehe dafür Fichtner/​Trần 2018; Malik/​Wintersteller/​Wöhrer 2021).

4.1 „Aber du verstehst wahrscheinlich kein Wort“ – (Fremd-)​Positionierung als einsprachige Forscherin?

Im Rahmen meines Dissertationsprojekts interessiere ich mich für die sprachlichen Praktiken von Kindern und ihre Perspektiven auf Sprache(n) und Mehrsprachigkeit. Auf Grundlage des bereits vorgestellten Verständnisses von Mehrsprachigkeit werden nicht Sprache(n), sondern Sprecher:innen und die Funktionalität mehrsprachiger Praktiken in den Fokus gerückt. Für die theoretische Rahmung wird dafür zum einen auf das Konzept des Translanguaging (vgl. García/Li Wei 2014) zurückgegriffen, das den Blick auf die kreativen und dynamischen Praktiken mehrsprachiger Sprecher:innen richtet, die sich in der alltäglichen sozialen Interaktion zwischen verschiedenen Sprachen, Sprachvarietäten, Stilen, Registern und Schriftsystemen bewegen, um eine Vielzahl kommunikativer Funktionen zu erfüllen. Zum anderen bietet das Konzept des Spracherlebens (vgl. Busch 2021: 21) Anknüpfungspunkte, um kindliche Perspektiven mit Bezug auf Sprache in den Blick zu nehmen. Über ein Jahr (Juli 2021 – September 2022) wurden sechs Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren durch ihren Alltag in Familie und Freizeit begleitet. Die teilnehmenden Kinder stammen aus zwei Familien, die lebensweltlich mehrsprachig sind. Ausgehend von einem ethnografisch-partizipativen Forschungsdesign (vgl. Clark 2017; Honer/​Hitzler 2022) wurden Beobachtungen bei den Familien zuhause sowie Gespräche mit Kindern und weiteren Familienmitgliedern durchgeführt. Darüber hinaus haben die Kinder im Sinne des partizipativen Forschungsansatzes des Mosaic Approach (vgl. Clark 2017) als Ko-Forschende in der Phase der Datenerhebung mithilfe von Fotos ihren (sprachlichen) Alltag dokumentiert sowie Texte und Zeichnungen über ihr Verständnis von Sprache und Mehrsprachigkeit angefertigt. Der Mosaic Approach ist ein multimethodischer Ansatz, der sich durch eine Kombination aus Methoden der qualitativen Sozialforschung und partizipativen Forschungsstrategien auszeichnet. Spezifisch für das gemeinschaftliche Forschen mit Kindern im Vor- und Grundschulalter entwickelt und erprobt soll die Verknüpfung und Triangulation der unterschiedlichen Daten ein vertieftes Verständnis für die Perspektiven und Belange der Kinder ermöglichen (ebd.: 24).

Die Herausforderung bei der Thematisierung von und Forschung zu Mehrsprachigkeit besteht vor allem darin, eine Balance zwischen der Anerkennung sprachlicher Ressourcen und der Gefahr der Besonderung bzw. des Othering aufgrund von Mehrsprachigkeit zu finden (vgl. Winter 2021: 64). Insbesondere mit wissenschaftlichen Begriffskonstruktionen sind Prozesse des Othering verwoben, die in den Forschungsdesigns nicht einfach aufgelöst werden können, sondern reflektiert werden müssen (vgl. Scharathow 2010: 105). Auf der Suche nach Kindern, die an der Studie teilnehmen möchten, wurden zwei Flyer über unterschiedliche Wege in Umlauf gebracht. Jeweils ein Flyer richtete sich dabei explizit an Kinder bzw. an Erziehungsberechtigte. In beiden Flyern hieß es, dass nach Kindern gesucht wird, die „mit mehr als einer Sprache aufwachsen“. Hier habe ich bereits vor Beginn der Datenerhebung die Kinder als mehrsprachig adressiert und ihre Expert:innenrolle in diesem Thema betont. Ich bin eine weiß positionierte cis-Frau, die sich zwar im Sinne des Repertoire-Konzepts als mehrsprachig versteht, in der Regel allerdings als deutschsprachig gelesen wird und nicht mit mehr als einer Sprache aufgewachsen ist. Durch meine Adressierung der Kinder als mehrsprachige Kinder wurde eine sprachliche Differenzordnung wirksam. Damit einher geht eine von mir relevant gemachte Positionierung der Kinder, die sich von meiner eigenen Positionierung unterscheidet und wodurch die Kinder als „anders“ markiert wurden (vgl. Rühlmann 2021). Die Sprache(n) der Kinder und Familien sollten zum Thema gemacht werden. Inwiefern in den Erhebungssituationen im Feld allerdings die (Mehr-)​Sprachigkeit aller Beteiligten und ihre Rolle als Sprecher:innen, auch die der Forscherin, bedeutsam wurde, wird im Folgenden anhand einer Sequenz aus dem Forschungsmaterial aufgezeigt.

Der Auszug stammt aus einem Gespräch zwischen Ella (10 Jahre, im Folgenden E)3 und mir, der Forscherin (im Folgenden F). Es ist der dritte Feldaufenthalt bei der Familie. Wir befinden uns im Flur des Hauses. Auf der Kommode entdecke ich einen Bilderrahmen mit Text (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: Foto eines Bilderrahmens mit Text. Dieses Foto ist im Rahmen der Erhebung von einem der teilnehmenden Kinder gemacht worden.

Die Forscherin nutzt den Bilderrahmen, um über Sprache(n) ins Gespräch zu kommen. Auf meine Äußerung, dass der Bilderrahmen „cool“ (Z. 5) sei, macht Ella mit ihrer Äußerung („aber du verstehst wahrscheinlich kein Wort, Z. 7) deutlich, dass sie sich ziemlich sicher ist („wahrscheinlich“, Z. 7), dass ich das, was dort geschrieben steht, nicht verstehe und stellt im selben Zug mein Kompliment infrage. Ich beziehe Ellas Anmerkung direkt auf die Sprache, in welcher der Text im Bilderrahmen geschrieben ist. In einem anderen Kontext könnte man Ellas Anmerkung auch darauf beziehen, dass der Text im Bilderrahmen beispielsweise unleserlich geschrieben sein könnte. „Du verstehst“ weist allerdings darauf hin, dass Ella Bezug auf die Sprache nimmt, in der der Text verfasst ist. Sie geht davon aus, dass ich kein Spanisch verstehen kann und schreibt mir zu, dass ich weder sprachliche Kompetenzen im Spanischen noch sonstige Kompetenzen besitze („kein Wort“), z.B. metasprachliche, um mir Bedeutungen von Wörtern abzuleiten. Dadurch werde ich von Ella zunächst als Deutschsprecherin adressiert und Mehrfachzugehörigkeiten ausgeschlossen. Ich bin von dieser abgeschlossenen und eindeutigen Fremdpositionierung etwas überrascht. Da ich mich selbst als mehrsprachige Person verstehe, stellt Ellas Adressierung für mich einen Widerspruch und folglich ein Irritationsmoment dar. Ich fühle mich dazu aufgefordert, meine Mehrsprachigkeit, in diesem Fall meine sprachlichen Fähigkeiten im Spanischen, unter Beweis zu stellen, indem ich beginne, den Text im Bilderrahmen zu übersetzen (Z. 9–10) und mich dadurch als mehrsprachige Person zu positionieren. Ich mache meine Unsicherheit gegenüber Ella deutlich („Das weiß ich nicht“), um keine Fehler zu begehen und dann von Ella verbessert zu werden, was dazu führen könnte, dass sie meine sprachlichen Ressourcen im Spanischen anzweifelt. Ella, die meinen Ausführungen gefolgt ist, übernimmt die Übersetzung des Satzes, dessen Vokabeln ich nicht alle kenne („Si prometes, cumple“, siehe Satz vier Abbildung 1). Dann setze ich meine Übersetzung fort und versichere mich bei Ella („fragend“, „ähm, also das heißt doch zeigen, oder?“, Z. 14–15). Ella scheint mit meinen Übersetzungen einverstanden zu sein („Ja“, Z. 20). Daraufhin geht sie nicht mehr genauer auf meine Übersetzungen oder den Inhalt des Textes ein, denn es scheint jetzt wichtiger für sie zu erfahren, woher ich Spanisch kann („Woher weißt’n du das?, Z. 20). Um Ella eine Vermutung über mögliche Erwerbskontexte äußern zu lassen, stelle ich eine Gegenfrage („Was denkst du denn?“, Z. 22). Ella zeigt mir durch ihre Reaktion („keine Ahnung“, Z. 24), dass sie jetzt nicht darüber nachdenken möchte und gerne eine Antwort ohne Ratespiel hätte. Meine Antwort („Ich hab‘ Spanisch in der Schule gelernt“, Z. 26) nimmt Ella zustimmend zur Kenntnis („Aha“, Z. 28) und lässt damit den Erwerbskontext Schule als Ort, an dem Spanisch gelernt werden kann, gelten. Sie weiß, dass man Spanisch in der Schule lernen kann, beispielsweise auch auf dem Gymnasium, das sie seit Kurzem besucht, wie sie mir im weiteren Verlauf des Gesprächs erzählt. Dass ich Spanisch in der Schule gelernt habe, hatte ich zwar zu Beginn meines Feldaufenthalts den Eltern gegenüber erwähnt, den Kindern aber nicht explizit erzählt. Ich hatte mich also beim Eintritt in das Feld nicht als mehrsprachige Person positioniert. Dadurch dass die Kommunikation zwischen der Familie und mir bisher immer auf Deutsch stattgefunden hat und damit keine Rückschlüsse auf weitere sprachliche Ressourcen gezogen werden konnten, haben mich Ella und ihre beiden Geschwister folglich als Deutschsprecherin kennengelernt.

Da Ella Spanisch im familiären Kontext erwirbt und spricht, unterscheiden sich unsere Erwerbskontexte und damit auch die Positionierungen als mehrsprachige Sprecherinnen. Während Ellas Mehrsprachigkeit als eine lebensweltliche (vgl. Gogolin 2004) beschrieben werden kann, handelt es sich bei mir eher um eine fremdsprachlich, im institutionellen Kontext erworbene Mehrsprachigkeit. In Kap. 3 wurde deutlich, dass im (schulischen) Diskurs in Bezug auf diese Unterscheidung lebensweltlich erworbene Mehrsprachigkeit oftmals herabgesetzt und fremdsprachlich erworbener Mehrsprachigkeit untergeordnet wird (vgl. Lengyel 2017). Meine fremdsprachlich erworbene Mehrsprachigkeit wird in der dargestellten Sequenz von Ella allerdings einer lebensweltlich erworbenen Mehrsprachigkeit gleichgesetzt bzw. keinerlei Unterscheidung vorgenommen. Der Kontext der Familie ist darüber hinaus bedeutsam, da über (Familien-)Sprache auch Zugehörigkeiten zur Familie verhandelt werden (vgl. Lanza 2021: 765). Ich gehöre als Forscherin nicht zur Familie und beherrsche Ellas Auffassung nach die Sprache, die in der Familie gesprochen wird, nicht. Da Ella Expertin ihrer Lebenswirklichkeit ist und ich ihre Positionierung als mehrsprachige Sprecherin als legitim erachte, obliegt es ihr in dieser Situation zu beurteilen, ob ich als mehrsprachige Sprecherin akzeptiert und anerkannt werde und welche (Fremd-)Positionierung mir im Kontext der Familie infolgedessen zugeteilt wird.

Im Verlauf des Gesprächs findet also eine Verschiebung meiner (Fremd-)Positionierung von einer einsprachigen hin zu einer mehrsprachigen Sprecherin statt, die von mir aktiv eingefordert und von Ella akzeptiert wird. An dieser Stelle muss allerdings reflektiert werden, dass die Beziehung und damit die Interaktion zwischen Ella und mir von generationalen Ordnungsverhältnissen strukturiert ist. Demnach wäre es denkbar, dass Ella mir die Position einer mehrsprachigen Sprecherin nur deshalb zuspricht, weil ich eine erwachsene Person bin. Anhand des Gesprächsausschnitts wird deutlich, dass Positionierung im Forschungsprozess stets „einen prozesshaften, sowohl aktiven als auch passiven Aspekt“ (Siouti 2022: 119) beinhaltet. In Anlehnung an Spitzmüller (2013: 270) handelt es sich dabei um einen Vorgang des Erfahrens und Handelns: Ich wurde aufgrund meines Sprachgebrauchs als einer bestimmten, diskursiv produzierten Kategorie zugehörig positioniert („Deutschsprecherin“), es war mir dann aber möglich, mich mithilfe meines sprachlichen Repertoires von dieser Kategorie und damit von der erfahrenen Fremdpositionierung zu distanzieren. Es bleibt zum jetzigen Zeitpunkt noch offen, inwiefern sich durch die beschriebene Verschiebung auch die Positionierung innerhalb der Familie verändert bzw. weiterhin verändern wird und wie sich das mit Blick auf die Zusammenarbeit im Feld auswirkt.

4.2 „Kannst du auch andere Sprachen“ – (Fremd-)​Positionierung als mehrsprachige Forscherin

Im Rahmen meines Dissertationsprojektes interessiere ich mich für mehrsprachige Grundschüler:innen. Vor dem Hintergrund des bereits dargelegten Verständnisses von Mehrsprachigkeit konzentriert sich das Projekt auf Sprachhandlungen und Perspektiven von Kindern, die im Kontext der Migrationsgesellschaft (vgl. Foroutan/​Ikiz 2016: 138; Mecheril 2010: 11) immer komplexer und vielfältiger werden. Auf theoretischer Ebene scheint daher das Konzept der Heteroglossie (bzw. Redevielfalt), das Busch in Anlehnung an den russischen Literaturtheoretiker Bachtin (Busch 2021: 12; vgl. Aumüller 2010: 116) formulierte, geeignet zu sein, um die Situation der mehrsprachigen Lebenswelt von Grundschüler:innen rekonstruieren zu können. Somit werden nicht nur die gesamtsprachlichen Repertoires von Grundschüler:innen erhoben, sondern auch sprach(en)bezogene Diskurse, sowie Positionen, die zu den jeweiligen Diskursen bezogen werden. Die heteroglossische Perspektive argumentiert für eine Berücksichtigung aller Sprachen, Stimmen (in der Gestalt von Positionen) und Diskurse, die in einer Migrationsgesellschaft bestimmend sind, ohne diese Vielfalt zu hierarchisieren. Daran anknüpfend wird auf der Grundlage einer postmigrantischen Perspektive das Sprachhandeln und Spracherleben aller Kinder einer Klasse erhoben bzw. deren migrationsgesellschaftliche Lebenswirklichkeit vor Ort (vgl. Yıldız 2022).

Basierend auf einem ethnographischen Forschungsdesign wurden hierfür im Zeitraum eines Schuljahres verschiedene qualitative Methoden (Ethnographische Teilnahme und Beobachtungen, Sprachenportraits, Linguistic Landscaping, Artefakt- und Lehrwerkanalysen) kombiniert. Ausgehend von der Prämisse, dass es keine objektive Beschreibung subjektiver (mehr-)sprachlicher Lebenswelten geben kann, sondern situativ erlebte und diskursiv geprägte (vgl. Blumer 2013; Winter 2019), setzt sich das Forschungsprojekt zum Ziel, Mehrsprachigkeit als Produkt interaktiver Aushandlungsprozesse zu erfassen.

Die dem Beitrag zugrunde liegende Sequenz entstand im Rahmen der Erhebung von Sprachenportraits (vgl. Busch 2018)4 mit mehrsprachigen Kindern. Dazu wurden Kinder einer dritten Grundschulklasse in Kleingruppen eingeteilt. Die Gespräche fanden während des Unterrichts in der Schülerbücherei statt. Um eine möglichst breite und differenzierte, sowie reflexive Beschreibung des Spracherlebens und der Alltagspraktiken der Teilnehmer:innen zu bekommen, wählte ich folgenden Einstiegsimpuls: „Mich interessiert, welche Sprachen ihr sprecht. Und das ist bei jedem unterschiedlich“ (Z. 1). Obwohl die Schüler:innen (im Folgenden S1 bis S3) dieser Gruppe erst im Anschluss an dieser Sequenz ihr Sprachenportrait erstellten und interpretierende Erläuterungen vornahmen, wurde schon zu Beginn des Gesprächs die (Mehr-)​Sprachigkeit aller Beteiligten und ihre Rolle als Sprecher:innen, also auch die der Forscherin (im Folgenden F), bedeutsam.

An dieser Stelle kommt meiner Verortung als Forscher:in eine wesentliche Rolle zu: Im Rahmen meiner ethnographischen Beobachtungen und Teilnahme am Schulalltag der Kinder, erzählte ich den Kindern, dass ich in der Vergangenheit als Lehrerin an Grundschulen gearbeitet habe. Ich bin eine weiß positionierte cis- Frau, die in der Regel als deutsch- bzw. dialektsprachig adressiert wird. Im Sinne des sprachlichen Gesamtrepertoires positioniere ich mich selbst als mehrsprachig. Die befragten Kinder werden von mir als mehrsprachig adressiert („Sprachen“, Z. 1) und zum Erleben ihrer Mehrsprachigkeit befragt („bei jedem unterschiedlich“, Z. 1). Mittels der Differenzlinie „Sprache(n)“ (Wenning 2007: 25) versuche ich ein „Wir“ zu konstruieren, das durch den Zusatz „Und das ist bei jedem unterschiedlich“ (Z. 1) jedoch relativiert wird und die Benennung sprachbezogener Unterschiede impliziert.5

Ein:e Schüler:in akzeptiert dieses „Wir“ nicht bedingungslos und fordert mich auf, meine sprachbezogene Unterschiedlichkeit zu benennen („Kannst du auch andere Sprachen?“, Z. 2). Ich positioniere mich daraufhin als mehrsprachige Sprecher:in und will mit meiner erstgenannten Sprache auf die Vielfalt sprachlicher Ressourcen hinweisen („ich spreche schwäbisch“, Z. 3). Die Gruppe bzw. ein:e Schüler:in geht nicht auf meine Selbstpositionierung ein, unterbricht mich und stellt umgehend eigene Überlegungen an, welche sprachlichen Ressourcen in meinem Repertoire vorhanden sein könnten („Dann bist du vielleicht Polin“, Z. 4). Mit der Hypothese „Dann bist du vielleicht eine Polin“ tritt die Frage der natio-ethno-kulturellen Zugehörigkeit (vgl. Mecheril 2010: 14) als Differenzlinie zur Bestimmung meiner (Mehr-)​Sprachigkeit erstmalig auf. Im weiteren Verlauf des Gesprächs werden weitere Differenzlinien (Haarfarbe, Z. 7; Augen, Z. 22; Kleidung, Z. 29 bzw. 30; Brille, Z. 30) aufgeführt, auf deren Grundlagen Zugehörigkeitsverhältnisse thematisiert werden. Individuelle Erfahrungen und Bezüge werden als Bestätigung oder Widerspruch herangezogen (bspw. „Der kommt aus Polen und der hat voll andere Haare“, Z. 8 oder „Die Cousine von meiner Mutter wohnt in Frankreich und die hat einfach so ne fake ähm Brille“, Z. 30), um den Wahrheitsgehalt zu untermauern und die Argumentation zu begründen. Es wird deutlich, dass die befragten Schüler:innen ein Konzept von sprachlicher Zugehörigkeit haben, das sowohl mit nationalen Zuschreibungen als auch mit körperlichen Zuschreibungen verwoben ist. So werden in der zugrundliegenden Sequenz diskursive Verschränkungen (vgl. Jäger/Jäger 2007) sichtbar, da entlang des Differenzmerkmals „Sprache(n)“ natio-ethno-kulturelle Zuschreibungen verhandelt werden. Rosa beschreibt jene Vorstellungen, die davon geprägt sind, dass Sprache, Nationalität und Identität „verkörperbar“ sind als „looking like a language“ (Rosa 2018: 2).

In ihren Beschreibungen beziehen sich die Schüler:innen nicht nur auf diskursives Wissen darüber, wer Repräsentant:in von Sprache(n) sein kann (vgl. Broden/​Mecheril 2007: 10), sondern auch welche Sprache(n) überhaupt bedeutsam sind, weil sie von den Schüler:innen in die Überlegungen (nicht) einbezogen werden. Während Polnisch, Russisch, Chinesisch oder Türkisch (Z. 4, 11, 19, 23) unvereinbar mit der leiblichen Dimension der Forscher:in zu sein scheinen oder zumindest Zweifel entstehen lassen, werden Italienisch, Englisch und Französisch (Z. 15, 27, 28) nicht negiert. Interessant ist darüber hinaus, dass auf die Erwähnung des Türkischen Europa als eine Art Gegenpol aufgeführt wird (Z. 26). Naheliegend scheint hier der Bezug zu gesellschaftlichen und bildungspolitischen Diskursen, die zwischen legitimen und illegitimen Sprechweisen und Sprachen unterscheiden und ausgehend davon innerhalb oder außerhalb der curricularen Ebene als wertvoll anerkannt werden (vgl. Dirim/Khakpour 2018: 215).

Anfänglich stelle ich Nachfragen bezüglich der Zuschreibungen („Wie kommst du darauf?“, Z. 6 oder „Warum italienisch?“, Z. 17), jedoch positioniere ich mich nicht kritisch zu den aufgeworfenen sprachbezogenen Diskursen. Dadurch bleibt die Interaktion auf der Ebene der Reifizierung und es besteht die Gefahr, dass sich die diskursiven Verstrickungen von leiblicher Dimension, Sprache und natio-ethno-kultureller Zugehörigkeit bei den Kindern verfestigen.

Panagiotopoulou und Rosen (2016: 250) weisen darauf hin, dass der Einsatz der Methode des Sprachenportraits nicht ausschließlich zu einem Erkenntnisgewinn beiträgt, sondern auch gesellschaftliche Machtverhältnisse (re-)produzieren kann. In der Nutzung des Forschungsinstruments mit Studierenden der universitären Lehrer:innenbildung zeigen sie auf, wie bei der Erstellung von Sprachenportraits Alltagstheorien zum Tragen kommen, die auf vorgefertigten Kategorien beruhen und wie stark diese von Normvorstellungen geprägt sind (ebd.: 251). Entscheidend scheint ihnen, dass die Teilnehmer:innen dazu angehalten werden, sich nicht nur individualisierend, sondern auch reflexiv mit den Bedingungen des sprachlichen Handelns auseinanderzusetzen. Die reflexive Auseinandersetzung bietet darüber hinaus die Möglichkeit, diese Alltagstheorie zu irritieren und zu dekonstruieren.

In der zugrundeliegenden Sequenz wäre es daher möglich gewesen, mich gegenüber der Alltagstheorie looking like a language kritisch zu positionieren und sie damit zur Diskussion zu stellen. Das Irritationsmoment entsteht, als ich trotz des Versuchs, mich im Feld selbst zu positionieren scheitere und ausgehend von meiner körperlichen Dimension (vgl. Busch 2021: 25) als mehrsprachige Sprecher:in fremdpositioniert werde. Irritiert bin ich nicht über die Fremdpositionierung oder die zugeschriebenen natio-ethno-kulturellen (Nicht-) Zugehörigkeiten, sondern darüber, wie dominant und explizit sprach(en)bezogene Diskurse von den Grundschüler:innen zum Ausdruck gebracht werden. Es zeigt sich, dass es sinnvoll ist, mit Kindern nicht nur über das eigene Sprachhandeln nachzudenken, sondern auf totalisierende, vereindeutigende Denkweisen und Diskurse aufmerksam zu machen und kontrapunktische Deutungen zuzulassen.

Unter Berücksichtigung der dargelegten theoretischen Bezugspunkte erfolgte rückblickend eine Reflexion des Forschungsgeschehens, um diese auch in noch stattfindenden Erhebungssituationen berücksichtigen zu können. Inwiefern sich die sichtbar gewordenen Wissensbestände auf das sprachliche Handeln der beteiligten Kinder auswirken, bleibt offen.

5 Fazit

Um Sichtweisen und Perspektiven von Kindern im Rahmen von Forschung zu Mehrsprachigkeit zu berücksichtigen, sind Forschende herausgefordert, ihre theoretische und methodisch-methodologische Ausrichtung so zu gestalten, dass sie epistemologisch wirksam sein kann. Zentral ist daher die Frage, wie Kinder als Akteur:innen in Forschungsprozessen mitberücksichtigt und mitbedacht werden können. Der feministischen Perspektive von Haraway (1988) folgend argumentieren wir für eine Anerkennung der Kinder als Subjekte, die Wissen haben und generieren können. Damit rücken alle Akteur:innen im Feld in den Fokus, die gemäß der Unabgeschlossenheit von Wissensbeständen in der Aushandlung und Verknüpfung von wissenschaftlichen und lebensweltlichen Perspektiven neue Wissensordnungen entstehen lassen bzw. bisherige Vorstellungen verschieben können.

Auf dieser Grundlage wurde der Frage nachgegangen, inwiefern sprachbezogene Wissensbestände und Zuschreibungen in Form von Selbst- und Fremdpositionierungen als Sprecher:innen bedeutsam werden und wie die daraus entstehenden Konfliktmomente für die Forschung im Kontext von Mehrsprachigkeit fruchtbar gemacht werden können. In der reflexiven Auseinandersetzung mit den empirischen Beispielen konnte gezeigt werden, dass die teilnehmenden Kinder auf unterschiedliche sprachbezogene Wissensbestände zurückgreifen, um Fremdpositionierungen an den Forscherinnen vorzunehmen. Diese Fremdpositionierungen stellten Irritationsmomente dar, weil sie sich von unseren Selbstpositionierungen unterschieden haben. Gleichzeitig wurde deutlich, dass diese Momente das Potential bergen, bestehende Wissensbestände aller Beteiligten zu hinterfragen und in Aushandlungsprozesse über Positionierungen zu treten.

Vor diesem Hintergrund erscheint es uns für die Forschungspraxis im Feld sinnvoll, eine partizipative Forschungshaltung einzunehmen, der es gleichermaßen darum geht, ein paritätisches Verhältnis zwischen Forschenden und Forschungsteilnehmenden zu schaffen. Eine (selbst-)reflexive Praxis im Sinne einer partizipativen Forschungshaltung eröffnet die Möglichkeit, Reflexionsanlässe systematisch in den Forschungsprozess zu integrieren: Einerseits nutzen Forschende ihren eigenen Standpunkt, um sich ausgehend von der jeweiligen Forschungsperspektive machtkritisch-reflexiv zu aufgerufenen Diskursen zu positionieren und so tendenziell verfestigte diskursive Verknüpfungen aufzuweichen (vgl. Busch 2021: 40). Andererseits können Forschungsteilnehmende ihre Perspektiven, die bislang wenig gehört werden, in die Diskussion einbringen. Dieses Potential stellt gleichermaßen auch eine Grenze dar. Es bedarf einer umfassenden Reflexion darüber, welche Folgen die Aushandlungen neuer Wissensbestände auf das Sprachhandeln und die Positionierung der Kinder haben können. Des Weiteren bleibt offen, wie mit divergierenden Wissensbeständen in der Diskussion mit Blick auf machtvolle Repräsentationsverhältnisse (vgl. Broden/Mecheril 2007: 7) in der Migrationsgesellschaft umzugehen ist.

Notes

  1. Bei der Erhebung im Jahr 2022 wurden die gesprochenen Sprachen nicht mehr auf Haushalts-, sondern auf Personenebene erhoben, was zu einem späteren Zeitpunkt differenziertere Auswertungen ermöglichen soll (vgl. Statistisches Bundesamt). [^]
  2. Der Diskursbegriff wird im weitesten Sinne aufgefasst: „Kommunikation aller Art über/zu einem bestimmten sozial und kulturell wiedererkennbaren Thema – ganz gleich ob aktuell und/oder historisch. Diskurse strukturieren Debatten, beeinflussen Wahrnehmungen und schaffen Wissensobjekte“ (Clarke 2012: 186). [^]
  3. Bei dem Namen handelt es sich um ein von dem Kind gewähltes Pseudonym. [^]
  4. Ich orientiere mich dabei an der Methodik der Forschungsgruppe Spracherleben der Universität Wien (Busch 2018). Anhand einer vorgegebenen, geschlechtsunspezifischen Körpersilhouette visualisieren Kinder ihr sprachliches Repertoire bzw. ihre Sprachhandlungen und reflektieren ihren eigenen Sprachgebrauch. [^]
  5. Im Folgenden konzentriere ich mich auf Sprachen, die neben Deutsch relevant werden. Interessant ist dennoch, dass dieser Teil des sprachlichen Repertoires von den Kindern nicht thematisiert wird. [^]

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Kurzbio

Clara Dettki ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur sowie des Deutschen als Zweitsprache an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Mehrsprachigkeit in Schule, Kindheit und Familie sowie ethnografische und partizipative Forschungsansätze.

Rebecca Weckenmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Sprache und Literatur an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. Ihre Forschungsschwerpunkte sind (postmigrantische) Mehrsprachigkeit, macht- und dominanzkritische Perspektive auf sprachliche Bildung im Primarbereich sowie ethnografische und partizipative Forschungsansätze in der Bildungsforschung.

Anschrift:

clara.dettki@germanistik.uni-muenchen.de

rebecca.weckenmann@ph-gmuend.de

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  • Clara Dettki (Ludwig-Maximilians-Universität München)
  • Rebecca Weckenmann (Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd)

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Themenschwerpunkt: Mehrsprachigkeit und Spracherhalt im Kontext von schulischen, außerschulischen und familiären Lernorten

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