1 Einleitung
Sprachliche Bildung ist ein zentrales Bildungsziel an allgemein- sowie berufsbildenden Schulen (vgl. KMK 2019a; KMK 2019b), denn fachliches Lernen ist unweigerlich an sprachliches Lernen geknüpft. So bestätigen Untersuchungen die Verbesserung fachlichen Lernens, wenn der Fachunterricht sprachsensibel gestaltet ist (vgl. Ahrenholz/Hövelbrinks/Schmellentin 2017). Aus diesem Grund besteht die Notwendigkeit eines sprachsensiblen Unterrichts und das nicht nur im Fach Deutsch, sondern über alle Fächer sowie Lernbereiche hinweg. So ist das Beherrschen der deutschen (Bildungs)Sprache zentral, um das deutsche Bildungssystem erfolgreich zu durchlaufen und Schul- sowie Berufsabschlüsse zu erlangen. Diese Anforderung stellt insbesondere für neu zugewanderte Schüler*innen, die aufgrund ihrer eigenen Migrationserfahrung erst im Verlauf ihrer Bildungsbiographie ins deutsche Bildungssystem eingestiegen sind und sich noch im Deutscherwerbsprozess befinden, eine Herausforderung dar (vgl. u.a. Massumi 2019).
Unterschiedliche Leistungsvergleichsuntersuchungen, z.B. PISA 2022 (vgl. OECD 2023) und der IQB-Bildungstrend 2021 (vgl. Stanat et al. 2022), verdeutlichen, dass bildungs- und fachsprachliche Kompetenzen im Deutschen bei einer Vielzahl von Schüler*innen nicht ausreichend entwickelt sind und dadurch auch fachlich-inhaltliche Kompetenzen, wie in Mathematik, begrenzt entfaltet werden können. Die Befunde legen auch offen, dass insbesondere Schüler*innen, die sozioökonomisch schlechter gestellt sind und v.a. diejenigen, die über eine eigene Migrationserfahrung verfügen, hier besonders schlecht abschneiden.
Zudem sind Klassenzimmer – nicht zuletzt durch Migration – durch zunehmende sprachliche Heterogenität geprägt und erfordern daher ein Umdenken in der didaktischen Konzeption, in welcher durchgängige Sprachbildung stets berücksichtigt werden muss. Auch wenn sprachliche Bildung für den Aufbau der deutschen Bildungs- und Fachsprache grundsätzlich alle Schüler*innen adressiert, ergeben sich für neu zugewanderte Schüler*innen besondere Herausforderungen, da sie die deutsche Sprache i.d.R. von Grund auf neu erwerben müssen. Je älter Schüler*innen sind, die in das deutsche Schulsystem einmünden, desto höher sind die bildungs- und fachsprachlichen sowie gleichzeitig inhaltlichen Anforderungen, die sie bewältigen müssen (vgl. von Dewitz/Massumi 2023). Zudem ist die Dauer, die ihnen zur Erlangung eines Schul- und Berufsabschlusses in Anbetracht der zeitlichen (Alters-)Begrenzung im Rahmen der Schulpflicht zur Verfügung steht, verhältnismäßig kurz. Auch wenn sie bereits spezifisch eingerichtete Klassen an einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schule besucht haben, benötigen sie noch Zeit für den Erwerb der deutschen Bildungs- und Fachsprache, da diese sehr komplex ist (vgl. Cummins 2008). Hinzu kommt an berufsbildenden Schulen die spezifische Berufssprache. Vor diesem Hintergrund stehen sowohl neu zugewanderte Schüler*innen an berufsbildenden Schulen, als auch Lehrer*innen vor einer besonderen Herausforderung: Neu zugewanderte Schüler*innen müssen in einer relativ kurzen Zeitspanne an die geforderten inhaltlichen und gleichzeitig sprachlichen Anforderungen geführt werden, damit Schul- und Berufsabschlüsse erreicht werden können.
In den letzten Jahren ist im Zuge des Fachkräftemangels und des Rückgangs der Nachfrage in bestimmten Ausbildungsberufen zu beobachten, dass zahlreiche Anreizsysteme und Rekrutierungsmaßnahmen, z.B. von der Bundesregierung oder von den jeweils zuständigen Kammern, geschaffen wurden, um gezielt Auszubildende aus dem Ausland zu gewinnen. Dies wirft zusätzlich die Frage auf, inwieweit sich durch gezielte Anwerbung nicht schon bestehende Probleme im (Berufs-)Bildungssystem verschärfen, da bereits in Deutschland lebende Personen, die neu zugewandert sind, überdurchschnittlich häufig scheitern und die Schule bzw. der Unterricht nicht in der Lage ist, der migrationsbedingten Vielfalt gerecht zu werden (vgl. Fürstenau/Niedrig 2018). Ebenso stellt sich dar, dass Lehrkräfte mit Blick auf aktuelle Migration meist nicht ausreichend vorbereitet und qualifiziert sind und Lehrmaterial oft nicht oder nur unzureichend auf den Einbezug von Mehrsprachigkeit ausgerichtet ist (vgl. Bredthauer/Engfer 2018).
Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Beitrag zum einen der erkenntnisleitenden Frage nachgegangen, inwieweit neu zugewanderte Schüler*innen an berufsbildenden Schulen aus ihrer Sicht sich mit sprachlichen Bildungsherausforderungen im Fachunterricht konfrontiert sehen und welche Auswirkungen dies auf sie und ihr Lernen hat. Zum anderen ist erkenntnisleitend herauszufinden, auf welche Strategien sie zurückgreifen, um sprachliche sowie inhaltliche Anforderungen im Unterricht zu bewältigen. Gleichzeitig kann damit auch erfasst werden, inwieweit (neu zugewanderte) Schüler*innen überhaupt einen sprachsensiblen Fachunterricht erfahren.
Zunächst wird die aktuelle Situation von Neuzugewanderten im Berufsbildungssystem skizziert, um in einem nächsten Schritt die empirische Untersuchung auf der Grundlage von Interviews mit neu zugewanderten Schüler*innen der beruflichen Bildung in Nordrhein-Westfalen darzustellen. Dabei werden nach der kurzen Beschreibung der methodischen Vorgehensweise zentrale Ergebnisse vorgestellt und mit bestehenden Befunden abgeglichen. Diese werden in einem nächsten Schritt zusammenführend diskutiert. Anschließend werden aus den Befunden Implikationen für die Schul- und Unterrichtsentwicklung abgeleitet und Schlussfolgerungen gezogen, wie (angehende) Lehrkräfte auf die Bedürfnisse der Neuzugewanderten eingehen und sie stärker im Unterricht unterstützen können. Der Beitrag endet mit einem Ausblick.
Ziel ist es, ein Bewusstsein für die herausfordernde Lage von neu zugewanderten Schüler*innen in regulären Bildungsgängen des Berufsbildungssystems zu schaffen und transparent zu machen, welche Strategien neu zugewanderte Schüler*innen eigenständig im Unterricht entwickeln, um diesem zu folgen. Vor diesem Hintergrund soll (angehenden) Lehrkräften die Notwendigkeit aufgezeigt werden, im Sinne eines sprachsensiblen Fachunterrichts grundsätzlich allen Schüler*innen und im Spezifischen Neuzugewanderten gezielt Strategien und Unterstützungsmöglichkeiten zum Lernen der deutschen Bildungs-, Fach- und Berufssprache bereitzustellen.
2 Aktuelle Situation von Neuzugewanderten im Berufsbildungssystem
In den letzten zehn Jahren ist ein deutlicher Anstieg empirischer Untersuchungen im (Berufs)Bildungssystem im Kontext von Migration zu verzeichnen. Die unterschiedlichen disziplinären Zugänge und spezifischen Forschungsfoki zeigen, dass die bildungs- und fachsprachlichen Anforderungen im Deutschen eine zentrale Voraussetzung für neu zugewanderte Schüler*innen darstellen, um Bildungs- sowie Berufsabschlüsse zu erreichen; dies lässt sich sowohl aus der Perspektive der Lehrkräfte im allgemeinbildenden sowie berufsbildenden Schulsystem (vgl. Eberhard 2016; Hotarek 2023), als auch schulformübergreifend aus der Perspektive der neu zugewanderten Schüler*innen selbst (vgl. Massumi 2019) sowie aus der Perspektive von Ausbilder*innen in der dualen Ausbildung (vgl. Scheiermann 2022; Tratt 2020) bestätigen. Vor diesem Hintergrund lässt sich u.a. auch erklären, dass die Bildungsbeteiligung von neu zugewanderten Schüler*innen deutlich niedriger ist, als von Schüler*innen, die von Anfang an ihre Schulbiografie in Deutschland durchlaufen haben, und Neuzugewanderte deutlich häufiger eine Hauptschule besuchen (vgl. Emmerich/Hormel/Kemper 2020) und das Bildungssystem ohne einen Schulabschluss verlassen (vgl. Will/Becker/Winkler 2022).1
Mit Blick auf eine berufliche Ausbildung (sowohl dual als auch in Vollzeit) liegen weitaus weniger differenzierte Daten vor:2 So lässt sich lediglich belegen, dass seit 2015 immer mehr Betriebe geflüchtete Auszubildende aufnehmen (vgl. Gerhards 2022), auch wenn ihre Einstellungschancen für eine betriebliche Ausbildung gegenüber Nicht-Geflüchteten nach wie vor geringer sind (vgl. BIBB 2023; Eberhard/Schuß 2021). Hinzu kommt, dass Geflüchtete gegenüber Nicht-Geflüchteten deutlich häufiger ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig lösen (vgl. Kirchhöfer 2022) und ausländische Staatsangehörige im Vergleich zu deutschen Staatsangehörigen deutlich seltener die Abschlussprüfung bestehen (vgl. BIBB 2023). Darunter schließen Auszubildende mit Fluchthintergrund ihre Ausbildung seltener erfolgreich ab, als jene ohne Fluchthintergrund (vgl. Granato/Christ 2022). Insgesamt erlangen überproportional viele Personen mit eigener Migrationserfahrung keinen Berufsabschluss (vgl. BIBB 2023).
Befunde im Rahmen der beruflichen Ausbildung machen deutlich, dass Lehrkräfte die bildungs- und fachsprachlichen Voraussetzungen von neu zugewanderten Schüler*innen nicht (adäquat) berücksichtigen: Lehrkräfte selbst geben an, dass sie durch ihre sprachlich heterogene Schüler*innenschaft überfordert sind und sie daher als Reaktion im Unterricht überwiegend die Sprache im Unterricht vereinfachen und fachliche Inhalte reduzieren (vgl. Eberhard 2016). Neu zugewanderte Auszubildende bzw. Schüler*innen konstatieren, dass ihre sprachlichen Voraussetzungen im schulischen Teil ihrer Ausbildung im Unterricht nicht berücksichtigt werden, weder mit Blick auf die bildungs- und fachsprachlichen Anforderungen (vgl. Havkic/Dohmann/Domenech/Niederhaus 2018; Kirchhöfer 2022; Rusert/Stein 2022; Daase/Fleiner 2024) noch mit Blick auf ihre mehrsprachigen Ressourcen (vgl. Massumi 2019). Aus der betrieblichen Perspektive hingegen wird selten die Leistungsfähigkeit von Geflüchteten im Betrieb als herausfordernd bewertet, da vorrangig neben den Lebensbedingungen von Geflüchteten fehlende Kompetenzen in der deutschen Sprache problematisiert werden (vgl. Tratt 2020). Die Motivation und die Leistungsbereitschaft zu lernen, wie oftmals angenommen wird, scheinen folglich kein Hindernis darzustellen. Herausfordernd sind andere Aspekte, deren Auswirkungen sich für neu zugewanderte Schüler*innen als maßgebend darstellen und in dieser Erhebung, anknüpfend an Havkic et al. (2018), herausgestellt werden.
Havkic et al. (2018) untersuchen auf der Grundlage von Leitfadeninterviews die Wahrnehmung des Fachunterrichts von neu zugewanderten Schüler*innen in Regelklassen an berufsbildenden Schulen. Die Autorinnen identifizieren die sprachbezogenen Anforderungen als besondere Herausforderungen bei den Lernenden und arbeiten Ressourcen sowie Bewältigungsstrategien der untersuchten Schüler*innen heraus. Sie kommen zu dem Schluss, dass neu zugewanderte Schüler*innen mediale und soziale Ressourcen nutzen, um die (fach-)sprachlichen Anforderungen im Unterricht eigenständig zu erschließen (vgl. ebd.). Kooperatives Arbeiten und eine angenehme Lernatmosphäre werden von neu zugewanderten Schüler*innen als wichtige Unterstützung wahrgenommen, wodurch auch ein Lernen in Regelklassen positiv bewertet werden kann (vgl. ebd.). Im Anschluss an die vorliegende Untersuchung sollen ebenfalls sprachliche Bildungsherausforderungen im Fachunterricht von neu zugewanderten Schüler*innen an berufsbildenden Schulen sowie ihre Strategien – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unterrichts und ggf. Praxisphasen – identifiziert werden.
3 Untersuchungsdesign und Untersuchungsteilnehmende
Erkenntnisleitend für die vorliegende empirische Untersuchung im Anschluss an Havcik et al. (2018) ist, herauszufinden, inwieweit neu zugewanderte Schüler*innen der berufsbildenden Schule aus ihrer Perspektive sich mit sprachlichen Bildungsherausforderungen im Fachunterricht – und ggf. auch in den schulisch eingebetteten Praxisphasen – auseinandersetzen müssen und welche Auswirkungen diese Herausforderungen auf sie und ihr Lernen haben. Ebenso ist erkenntnisleitend herauszufinden, auf welche Strategien sie zurückgreifen, um sprachliche sowie inhaltliche Anforderungen im Unterricht und ggf. in Praxisphasen zu bewältigen.
Dem Erkenntnisinteresse liegen drei zentrale Fragen zugrunde:
Inwieweit sind neu zugewanderte Schüler*innen in der Lage, angesichts sprachlicher Anforderungen dem Fachunterricht zu folgen und ggf. in schulisch eingebundenen Praxisphasen zurechtzukommen?
Welche Aspekte oder Situationen des Fachunterrichts werden von neu zugewanderten Schüler*innen im Unterricht als besonders positiv, welche als besonders herausfordernd erlebt und welche Auswirkungen hat das?
Auf welche Ressourcen und Strategien greifen die neu zugewanderten Schüler*innen zurück, um genannten Herausforderungen zu begegnen?
Um diese Fragen datenbasiert zu beantworten, wurden im Jahr 2023 sechs problemzentrierte Leitfadeninterviews (vgl. Lamnek 2010; Witzel 1985) auf Deutsch in einem Umfang von 30-45 Minuten in einem leeren Klassenraum durchgeführt und auf Tonband aufgenommen. Hierzu wurden insgesamt vier Auszubildende von Berufsschulen mit dem Schwerpunkt Pflege und zwei Schüler*innen von Berufskollegs mit dem Schwerpunkt Gesundheit und Soziales innerhalb eines Regierungsbezirks in Nordrhein-Westfalen befragt.3 Es wurden Untersuchungsteilnehmer*innen aus drei verschiedenen Bildungsgängen und vier verschiedenen berufsbildenden Schulen gewählt (Tab. 1). Die Namen der Interviewpersonen wurden pseudonymisiert.
Alle Befragten befanden sich zum Zeitpunkt der Erhebung seit weniger als acht Jahren, aber seit mindestens 16 Monaten in Deutschland. Sie stammen aus Syrien, Usbekistan, der Türkei (2), Aserbaidschan und dem Iran und waren zum Zeitpunkt der Interviews zwischen 22 und 42 Jahren alt. Die Hälfte der Untersuchungsteilnehmer*innen hatte bereits vor ihrer Einreise nach Deutschland mit dem Erlernen der deutschen Sprache begonnen. Vier Personen haben bereits eine abgeschlossene Ausbildung bzw. ein Studium absolviert.
Tabelle 1: Übersicht über ausgewählte Informationen der Interviewteilnehmer*innen
Befragte (Alter) | Zeitpunkt der Migration | Sprache(n) neben Deutsch | Bisherige berufliche Tätigkeiten und Ausbildung | Erlernen der deutschen Sprache | Aktuell besuchter Bildungsgang | (Berufs-)Abschluss |
Milena (42 Jahre) | (Ende) 2015 | Arabisch Armenisch Englisch | Lehramt (Englisch) in Syrien | Deutschkurs in Deutschland (bis B2) | Zweijährige Berufsfachschule | Staatl. anerkannt*e Kinderpfleger*in |
Alena (22 Jahre) | 2020 | Türkisch | Diätassistentin | Deutschkurs in der Türkei (bis A1) Deutschkurs in Deutschland (bis B1) | Zweijährige Fachhochschulreife | keine, Übungsleiterschein Breitensport Trainer C |
Aziza (23 Jahre) | 2018 | Usbekisch | Studium (keine näheren Angaben) | Au-Pair in Deutschland | Dreijährige Berufsschule zum Pflegefachmann/ zur Pflegefachfrau | Pflegefachmann/ Pflegefachfrau |
Elin (28 Jahre) | 2018 | Türkisch Englisch | keine | Privatsprachkurs in der Türkei | ||
Leyla (35 Jahre) | 2018 | Aserbaidschanisch Russisch Türkisch | keine | Deutschkurs in Deutschland (bis B2) | ||
Masud (28 Jahre) | 2021 | Farsi Englisch | Pflegetätigkeit im Iran Informatikstudium (B.Sc.) in Deutschland Pflegepraktikum in Deutschland | selbstständig im Iran |
Die als Tonaufnahmen aufgezeichneten Interviews wurden vollständig in Anlehnung an Kuckartz (2010) transkribiert und mit Hilfe von MAXQDA inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Entwicklung der Analysekategorien folgte einem deduktiv-induktiv gemischten Vorgehen (vgl. Kuckartz/Rädiker 2022; Schreier 2014): Die Oberkategorien (sprachlicher Einbezug in den Unterricht und ggf. in Praxisphasen, sprachliche Herausforderungen, Auswirkungen und Strategien) wurden theoriegeleitet ermittelt, während die Unterkategorien, wie die Unterstützung von Mitschüler*innen und Lehrenden sowie die multiplen Auswirkungen zunächst datenbasiert entwickelt und mit Befunden vorliegender Studien abgeglichen wurden. Ausschnitte der Interviews, die im Folgenden unter Angabe der Passagenzahl zitiert werden, sind zur besseren Lesbarkeit grammatikalisch geglättet.
4 Sprachliche Bildung bei Neuzugewanderten in der beruflichen Bildung: sprachlicher Einbezug, Bildungsherausforderungen, Auswirkungen und Strategien
Im Folgenden wird aus der Perspektive der befragten neu zugewanderten Schüler*innen aufgezeigt, inwieweit sie in den Fachunterricht der berufsbildenden Schule sprachlich einbezogen werden, sich sprachlichen Bildungsherausforderungen im Fachunterricht konfrontiert sehen, welche Auswirkungen dies auf sie und ihr Lernen hat und wie sie mit möglichen Herausforderungen umgehen. Sofern die Untersuchungsteilnehmer*innen ihre schulisch eingebundenen Praxisphasen thematisieren, werden diese in die Analyse einbezogen.
4.1 Sprachlicher Einbezug in den Fachunterricht durch Lehrkräfte und in Praxisphasen durch Anleiter*innen
Keine der Untersuchungspersonen berichtet mit Blick auf den sprachlichen Einbezug von positiven Erfahrungen im Fachunterricht, da niemand einen an ihre individuellen Sprachvoraussetzungen angepassten Unterricht erfährt. Der Unterricht der Befragten orientiert sich an der Mehrheit der Mitschüler*innen, die in Deutschland sozialisiert sind und sich nicht im Deutschspracherwerb befinden und so auch nicht auf Englisch als potentielle „Brückensprache“ (Roth 2018: 198), welche einige Untersuchungspersonen beherrschen, zurückgreifen. Lediglich eine Lehrkraft teilt einer Untersuchungsteilnehmerin manchmal (aber nicht immer) einen sog. Hilfszettel in deutscher Sprache aus, auf dem die Unterrichtsinhalte zusammengefasst sind und mit dem diese zu Hause nachgearbeitet werden können.
Das ist für mich ein bisschen leichter, also besser, weil manchmal verstehe ich die Lehrerin nicht. Aber wenn ich lese und übersetze, hilft mir das. (Alena: 180-185).
Alena erlebt die von der Lehrkraft ausgeteilte Zusammenfassung als Erleichterung, um – wenngleich nicht im Unterricht, aber zumindest zu Hause – schneller die Inhalte aus dem Fachunterricht nachzuarbeiten und zu verstehen. Für den unmittelbaren Unterrichtsverlauf bieten diese Hilfszettel jedoch keine Unterstützung.
Im Gegensatz zum Fachunterricht in der beruflichen Schule erleben einige Untersuchungspersonen in der Praxis, die im Rahmen ihrer Ausbildung einen obligaten Bestandteil zur Professionalisierung darstellt und in dieser Erhebung im Krankenhaus stattfindet, mehr Orientierungs- und Unterstützungshilfen in Bezug auf ihre (noch) unzureichenden Deutschkenntnisse. So nutzen einige neu zugewanderte Schüler*innen erfahrene Kolleg*innen in fachlich anspruchsvollen Situationen als sprachliche Vorbilder:
Ich kann immer mit ihr [der Praxisanleiterin; Anm. A.K./M.M.] zusammen sein. Ich wollte immer hören, in welcher Situation sie was sagt. Oder wenn sie ins Zimmer geht, wie sie die Kommunikation anfängt. Dann habe ich das gelernt. Danach habe ich ganz alleine viel gemacht. Ich habe in meinem Praktikum immer sehr gute oder gute Noten bekommen. (Leyla: 140).
Gleichzeitig hilft es den Befragten in der Praxis auch, wenn durch visuelle Unterstützung oder handlungsorientiert unbekannte Fachbegriffe, Ausdrücke oder Zusammenhänge erklärt oder veranschaulicht werden. So berichtet Leyla begeistert von ihrer Praxiserfahrung:
In der Praxis war es total super! Ja, ich bin TOTAL zufrieden! Mein erster Einsatz war super, super gut. Und meine Kolleginnen, ich würde so sagen 80 % der Kolleginnen, waren super verständlich. Sie waren immer empathisch. […] Ich nenne jetzt ein Beispiel: Bettpfanne. Ich habe auf Deutsch nur eine Pfanne gelernt. Ja, diese Pfanne, mit der wir kochen, etwas braten. Und bei Bettpfanne, ich wusste nicht, was das bedeutet. Und eine Kollegin sagte: ‚Das ist gar kein Problem. Wir zeigen es dir.‘ Das war super nett. […] Toll! Richtig supertoll. Ich habe nur in der Schule Probleme. Leider. (Leyla: 113-120).
Das Verständnis der Kolleg*innen in der Praxis für die (noch) unzureichenden Deutschkenntnisse und die situationsbezogene Unterstützung empfinden auch andere befragte Neuzugewanderte als entlastend und positiv, da sie Zusammenhänge besser verstehen und bessere Noten in den Praxisteilen ihrer Ausbildung erhalten. Das hat für die Untersuchungsteilnehmer*innen zur Folge, dass ihr Wohlbefinden und ihre Motivation in der betrieblichen Praxis höher als im Schulunterricht sind.
Insgesamt lässt sich – wie auch Eberhardt 2016 und Havkic et al. 2018 – festhalten, dass die befragten neu zugewanderten Schüler*innen in der berufsbildenden Schule keinen sprachsensiblen Fachunterricht erfahren, der ihre individuellen bildungs- und fachsprachlichen Voraussetzungen im Deutschen sowie ihre mehrsprachigen Ressourcen einbezieht. Aus diesem Grund werden die Neuzugewanderten mit zahlreichen sprachlichen Bildungsherausforderungen im Fachunterricht konfrontiert (vgl. Kap. 4.2).
4.2 Sprachliche Bildungsherausforderungen im Fachunterricht
Alle Untersuchungsteilnehmer*innen äußern, dass sie die sprachlichen Anforderungen im Unterricht ihrer Ausbildung als herausfordernd erleben und sie dadurch dem Fachunterricht schlechter folgen und Fachinhalte schlechter erschließen können als ihre Mitschüler*innen, die in Deutschland sozialisiert sind und ihren Spracherwerbsprozess im Deutschen von Anfang an bzw. zu Beginn ihrer formalen Bildungsbiographie in Deutschland durchlaufen haben. Die befragten Neuzugewanderten thematisieren, dass sie sich diesen Mitschüler*innen gegenüber benachteiligt fühlen. Aziza (96–99) sagt dazu:
Die verstehen ganz anders die deutsche Sprache als wir [neu zugewanderten Schüler*innen; Anm. A.K./M.M.]. […] Das ist echt/ irgendwie// Also da kann man fühlen, dass du anders bist, als die Anderen. Ja, deswegen ist das für mich diskriminierend.
Die Untersuchungspersonen bemerken ihre noch unzureichenden Kenntnisse in der deutschen Bildungs- und Fachsprache und halten fest, dass ihnen die Voraussetzungen des jeweiligen Bildungsgangs z.T. nicht bzw. nicht vollständig deutlich sind. Ohne Ausnahme berichten die Untersuchungsteilnehmer*innen, dass ihre individuellen Voraussetzungen in Bezug auf die deutsche Sprache im Fachunterricht von den Lehrkräften nicht berücksichtigt würden und sie daher Fachinhalte im Unterricht verzögert verstehen. So berichtet Leyla:
Ja, natürlich, sie [die Lehrkräfte; Anm. A.K./M.M.] müssen nichts machen, aber – ich finde – Material können sie auch für unser Sprachniveau wählen. Oder Prüfungen, Klausuren zum Beispiel: Sie denken nur, dass Muttersprachler das verstehen. Aber das ist unterschiedlich. Ich beschäftige mich nach dem Unterricht den ganzen Tag mit diesen Aufgaben. Aber sie gibt nur 15/20 Minuten Zeit. (Leyla: 62–65).
Weiter stellt sie fest, dass die fehlende binnendifferenzierte Vorgehensweise der Lehrkräfte mit der geringen Anzahl an Schüler*innen, die nicht über hinreichende Deutschkenntnisse verfügen, erklärbar ist:
Ich habe gedacht, diese Ausbildung wird für mich gut, aber sie ist nicht gut. Ich finde sie total schwierig. In meiner Klasse sind vier Teilnehmer, die nicht gut Deutsch sprechen können. Außer uns sind fast alle Deutsche oder hier Geborene. Deshalb haben sie keine deutschen Sprachprobleme. […] Die Themen oder Erklärung sind fast /ähm/ meistens oder ich würde so sagen meistens auf ihrem Niveau. (Leyla: 54–57).
Unzureichende Zeit, um Fachinhalte, z.B. Fachtexte oder Aufgabenstellungen, zu verstehen, wird von allen Befragten problematisiert und dies z.T. auch im Vergleich zu ihren Mitschüler*innen, die in Deutschland ihre Bildungsbiographie durchlaufen haben:
Ich brauche ein bisschen Zeit. Mehr als all die Anderen. Ich brauche Zeit zum Verstehen, welches Thema das ist und so. (Milena: 48–49).
Das hat zur Folge, dass die Untersuchungsteilnehmer*innen den Anschluss an den Unterricht verlieren, was sich negativ auf das weitere Verständnis und ihre Benotung auswirkt.
Einige Untersuchungsteilnehmende berichten, dass Wörterbücher, wie z.B. deutsch-arabisch/arabisch-deutsch, zur Verfügung stehen, im Unterricht jedoch nicht benutzt werden (können), da das Nachschlagen zum einen zu zeitaufwändig und zum anderen zu ungenau sei. Des Weiteren wird die Verwendung einsprachig deutscher Wörterbücher nicht erklärt, englische Wörterbücher werden von keinem/keiner der Befragten erwähnt. Zum Teil werden einigen Untersuchungsteilnehmer*innen in Klassenarbeiten Wörterbücher jedoch ohne zusätzliche Bearbeitungszeit bereitgestellt, sodass sie diese selten benutzen (können), auch wenn sie sie benötigen:
In der Klausur habe ich meistens Probleme. […] Im Wörterbuch alles zu suchen, das alles dauert Zeit. (Leyla: 354).
Dass die Nutzung von Wörterbüchern im Unterricht oder in Klassenarbeiten für neu zugewanderte Schüler*innen nicht effektiv ist, belegen auch Havkic et al. 2018.
Selten wird Anschauungsmaterial in der Schule genutzt, das den neu zugewanderten Schüler*innen ermöglichen würde, Fachinhalte besser nachzuvollziehen. Neben dem erschwerten Verständnis der Fachinhalte aufgrund der bildungs- und fachsprachlichen Anforderungen berichten Untersuchungsteilnehmer*innen auch davon, dass sie sich nicht gut bzw. verständlich auf Deutsch ausdrücken können, auch wenn sie einen Fachinhalt verstanden haben:
Und wenn ich mitmache, kann ich nicht so lange sprechen. Ich sage zum Beispiel einen Satz oder zwei Sätze, aber die Lehrer verstehen nicht, was ich sage oder was ich meine. (Milena: 48-50).
Die Untersuchungsteilnehmer*innen stehen folglich vor der Herausforderung nicht nur Fachinhalte zu erschließen, sondern parallel eine neue Sprache zu verstehen und zu lernen; darunter auch Begriffe, Ausdrücke, Satzstrukturen, die es in ihrer Erstsprache (und weiteren beherrschten Sprachen) möglicherweise so nicht gibt (vgl. hierzu auch Weis 2013), da im Deutschen viele Begrifflichkeiten existieren, die kontextuell unterschiedlich gebraucht werden oder nicht eins zu eins übersetzbar sind:
Ich nenne jetzt ein Beispiel: Bettpfanne. Ich habe auf Deutsch nur eine Pfanne gelernt. Ja, in dieser Pfanne kochen wir, braten wir etwas. Und wenn ich Bettpfanne, was bedeutet das? Das ich wusste nicht. (Leyla: 115–117).
Als herausfordernd erleben die Befragten häufig auch den Kontakt zu ihren Mitschüler*innen, auf die sie im Unterricht oftmals nicht als Unterstützung zurückgreifen (können) (vgl. hierzu auch Wernicke 2019). Einige berichten von einer Distanz der bzw. zu Klassenkamerad*innen und differenzieren zwischen neu zugewanderten und in Deutschland sozialisierten Schüler*innen:
In der Schule ist das so zweigeteilt. Gegenseitiges Vertrauen ist nicht aufgebaut worden. Denn die vertrauen uns nicht und wir vertrauen denen nicht. Ich fühle das immer so. […] Jetzt ist es mir ganz egal, ob die im Privaten etwas ohne mich machen. […] Aber ich denke es wäre wirklich besser, wenn wir alltägliche Gespräche mit denen führen könnten. (Elin: 108–112).
Eine Befragte problematisiert zusätzlich, dass sie mit 35 Jahren deutlich älter ist als ihre Mitschüler*innen und ihr dadurch der soziale Anschluss in der Klasse fehlt und sie auch aufgrund des Altersunterschieds den Eindruck hat, dass ihre Mitschüler*innen sie im Unterricht nicht unterstützen:
Wegen meinem Alter wahrscheinlich. Ich bin 35 Jahre alt und meine Mitschülerinnen sind sehr jung und akzeptieren mich nicht. Sie sind nicht empathisch. (Leyla: 83–85).
Sie begründet die „Distanz“ (Leyla: 261) ihrer Mitschüler*innen nicht nur mit ihrem Alter, sondern auch mit ihrer Mutterrolle und ihren dadurch begrenzten Freizeitmöglichkeiten:
Ich habe ein ganz anderes Leben. Einmal hat unsere Klasse besprochen, dass wir nach der Klausur etwas Essen und Trinken gehen. Aber ich hatte dafür keine Zeit. Ich musste nach Hause gehen und mich um meine Kinder kümmern. Ich habe keine Zeit trinken oder tanzen zu gehen. Aber daher habe ich zu allen schon mehr Distanz. Sie machen zusammen was, aber sagen mir nichts. (Leyla: 263–267).
Auch wenn ein vom Altersdurchschnitt der Klasse abweichendes Alter sowie eine Elternschaft grundsätzlich bei allen Schüler*innen unabhängig einer Migrationserfahrung dazu führen kann, dass es schwerer ist, Anschluss an die Mitschüler*innen bzw. Klassengemeinschaft zu bekommen, so kommen für Neuzugewanderte erschwerend die noch unzureichenden Deutschkenntnisse und die dadurch erhöhte außerschulische Belastung hinzu, z.B. weil Unterrichtsinhalte in der Freizeit nachgeholt werden müssen, und/oder weil sie häufiger außerhalb der Schule weniger soziale Kontakte haben (vgl. hierzu auch Massumi 2019).
Deutlich wird, dass der Fachunterricht für neu zugewanderte Schüler*innen häufig unverständlich ist. In NRW wird ihnen zudem offiziell kein Nachteilsausgleich gewährt wird, damit sie in ihrem Tempo und unter Rückgriff auf Hilfsmittel die Inhalte erfassen (vgl. hierzu auch Havkic et al. 2018). Folglich können sie dem Unterricht schwerer folgen. Darüber hinaus zeigt sich, dass neu zugewanderten Schüler*innen in regulären Klassen vor der Schwierigkeit stehen, von ihren Mitschüler*innen, die in Deutschland sozialisiert sind, akzeptiert und unterstützt zu werden (vgl. hierzu auch Massumi 2019).
4.3 Emotionale und soziale Auswirkungen
Die Herausforderungen im Fachunterricht wirken sich auf die Untersuchungsteilnehmenden äußerst belastend aus, so dass dieser als „wirklich anstrengend“ (Elin: 94) empfunden wird. Ausnahmslos hat das für alle Untersuchungspersonen zur Folge, dass sie im Allgemeinen Angst vor dem Unterricht und im Spezifischen davor haben, ausgegrenzt und/oder ausgelacht zu werden: Ich habe nur Angst in meinem Unterricht (Leyla: 184). Viele schämen sich daher, sich am Unterricht aktiv zu beteiligen, weil sie Sorge haben, Fehler im Deutschen zu machen oder aufgrund der bereits erwähnten Schwierigkeiten im Fachunterricht, Fachinhalte nicht richtig zu verstehen bzw. wiederzugeben (vgl. hierzu auch Massumi 2019). Angst und Scham empfinden die Befragten auch, wenn sie nicht von konkreten negativen Erfahrungen im schulischen oder sozialen Kontext erzählen. Ein Großteil der Befragten fühlt sich aber von ihren Mitschüler*innen ausgeschlossen und aufgrund ihrer unzureichenden Deutschkenntnisse stigmatisiert, was Einsamkeit und Traurigkeit zur Folge hat, wie Elin verdeutlicht:
So viele [neu zugewanderte; Anm. A.K./M.M] Mitschüler haben aufgehört, weil die keine Sprechpartner haben. Und wir vereinsamen auch. […] Deswegen würde ich mir wünschen, dass es ein bisschen professioneller gehalten wird, in Gruppenarbeiten zum Beispiel. […] Das [Ausschließen; Anm. A.K./M.M.] macht mich traurig und beleidigt mich. […]. Man muss ja immer teilen. Wenn man verurteilt wird, macht mich das echt traurig. (Elin: 108–127).
Die emotionalen Belastungen führen folglich zu sozialem Rückzug in der Schule. Die Mehrheit der Befragten schränkt die Beteiligung im Unterricht ein und meidet soziale Kontakte zu Mitschüler*innen. Gleichzeitig berichten einige Untersuchungsteilnehmende davon, sich im schulischen Kontext „diskriminiert“ (Elin: 118; Leyla 21) zu fühlen, wodurch sich Leyla „richtig alleine“ (Leyla: 99) fühlt und Elin anmerkt, „dass du anders bist“ (Elin: 28). Sie berichten von dem aufkommenden Gefühl, anders zu sein und nicht dazuzugehören.
Die Befragten berichten, dass ihre Situation auch während des Unterrichts nicht beachtet wird, wodurch sie sich gezwungen fühlen, eigenständig vieles nachzuarbeiten, um den Anschluss nicht zu verlieren. Folglich stehen sie unter enormem Druck und haben kaum bis keine Frei- und Erholungszeit, wie Leyla (304–307) verdeutlicht:
Ich arbeite auch in der Urlaubzeit, in der Freizeit, am Wochenende auch. Ich habe kein Wochenende, keine Urlaubszeit. Ich muss jeden Tag, jede Stunde etwas lernen, sonst geht es nicht.
Sie betont, dass die anderen [Mitschüler*innen; Anm. A.K./M.M.] […] mehr Zeit für sich [haben]. Ich habe keine Zeit für mich. (62-66).
Dies betont auch Elin (12): Ich [lerne] alles am Wochenende [nach].
Gleichzeitig fehlt den Untersuchungsteilnehmer*innen neben der Regeneration auch Zeit für außerschulische soziale Beziehungen. Dies hat zur Folge, dass deutschsprachige Kontakte – insbesondere zu Mitschüler*innen – häufig begrenzt bleiben. Obwohl die Befragten z.T. versuchen, Kontakt zu ihren Mitschüler*innen aufzubauen und auf sie zuzugehen, wenn sie etwas nicht verstehen oder Nachfragen zu den Unterrichtsinhalten haben, berichten sie von Ablehnung, welche Angst- sowie Schamgefühle und Rückzug seitens der neu zugewanderten Schüler*innen verstärken:
Anfangs habe ich meine Mitschülerinnen gefragt. Danach habe ich gesehen, dass sie nicht so gerne antworten. Deshalb würde ich nicht wieder fragen. Ich schäme mich. Und ich fühle mich unwohl, wenn ich jemandem eine Frage stelle und sie antwortet ungern. (Leyla: 82-84).
Die eintretende Resignation: Ja, ich sagte, okay. Keiner, also niemand muss mir das zeigen oder mit mir lernen. Ich muss das selber machen (Masud: 189-190), verstärkt die Einsamkeit.
Die empirischen Daten verdeutlichen, dass Neuzugewanderte von einem hohen Assimilationsdruck in Form eines starken Leistungsdrucks und eines starken Willens, die deutsche Sprache zu erlernen, getrieben sind.
Alle Leute sagen: ‚Du sprichst gut.‘ Aber ich bin nicht zufrieden mit meiner Sprache. […] Ich muss perfekt sein. (Milena: 97-102).
Sowohl durch den inneren Antrieb als auch durch externe Herausforderungen, sei es die Aufgabenstellungen der Lehrpersonen, der Zeitmangel, als auch die Anforderungen der Leistungs- und Bewertungsnormen oder Hemmungen gegenüber Mitschüler*innen, nehmen sie sich bei der aktiven Beteiligung im Unterricht oft zurück:
Ich schäme mich einfach. […] Das kann ich nicht verändern. Ich versuche es immer wieder, aber das geht nicht, (Aziza: 37–39).
Der von ihnen ausgehende und geforderte Perfektionismus lässt ihnen kaum die Möglichkeit durch Fehler zu lernen und ihre Deutschkenntnisse implizit zu stärken. Aziza (24-25) betont zudem:
Ich versuche immer wie die Deutschen zu sprechen […] ich will, wie die Leute hier sein.
Zu betonen ist, dass diese Gefühle bei allen Befragten auftreten und auch einen Grund liefern, weshalb sich neu zugewanderte Schüler*innen belastet und unter Druck gesetzt oder isoliert fühlen bzw. sich isolieren und die mündliche Beteiligung gering ist bzw. geringer ist, als sie potenziell sein könnte. Erschreckend ist, dass – im Gegensatz zu bereits skizzierten Praxisphasen in der Ausbildung – keine befragte Person positive Gefühle in Bezug auf den Fachunterricht erwähnt und dieser somit schwerlich ein Entfaltungsraum sein kann.
4.4 Strategien zur Erschließung der fachlichen und sprachlichen Anforderungen
Da die befragten Neuzugewanderten keinen sprachsensiblen Fachunterricht erleben und den Anschluss an den Unterricht nicht verpassen möchten, wenden sie unterschiedliche Strategien an, um den genannten Herausforderungen zu begegnen. Das Datenmaterial offenbart, dass diese Strategien zwischen Schule und zu Hause differieren (Tab. 2). Anzumerken ist, dass niemand auf außerschulische Bildungseinrichtung oder ehrenamtliche Strukturen zurückgreift, um fachliche Inhalte aufzuarbeiten oder die deutsche Sprache zu verbessern.
Tab. 2: Übersicht über Strategien der Befragten
Befragte | Strategien in der Schule | Strategien zu Hause |
Milena |
|
|
Alena |
|
|
Aziza |
|
|
Elin |
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4.4.1 Strategien im Unterricht
Die markanteste und meistgenannte Lernstrategie der befragten neu zugewanderten Schüler*innen im Unterricht ist die Nutzung von internetgebundenen Übersetzer-Apps auf dem Handy. Über diese können einzelne Wörter oder ganze Texte eingegeben und übersetzt werden, wodurch ein schnelleres Verständnis der zu bearbeitenden Fachinhalte erhofft wird (vgl. Havkic et al. 2018). Manche Befragte finden eigenständig eine App, während einige von anderen Neuzugewanderten eine App-Empfehlung erhalten. Auch die Suchmaschine Google dient z.T. als Übersetzungsmedium, aber auch um visuelle Darstellungen von unbekannten Begriffen bzw. Zusammenhängen zu erhalten. Gleichzeitig hat die Nutzung der Apps bzw. der Suchmaschine zur Folge, dass zusätzliche Zeit während des Unterrichts beansprucht wird, die den Untersuchungsteilnehmenden jedoch nicht zur Verfügung gestellt wird, und sie folglich den weiteren Unterrichtsanschluss verpassen (s. Kap. 4.2). So berichtet Leyla (225): „Im Unterricht kann ich nicht arbeiten mit dieser App“. Manchmal versuchen einige auch Fachtexte und Aufgabenstellungen eigenständig ohne Hilfsmittel im Unterricht, häufig mit Hilfe von freien Übersetzungen, zu verstehen, was jedoch ebenso zeitaufwändig ist. Eine Befragte nutzt heimlich Tonaufnahmen ihrer Lehrkräfte, um das Gesagte nach dem Unterricht besser nacharbeiten zu können:
Manchmal wenn die Lehrer etwas erklären, dann schalte ich meine Aufnahme auf meinem Handy ein. Das ist mein Geheimnis. So kann ich das auch zu Hause einfach für mich hören. Aber das habe ich bisher niemandem gesagt wegen Datenschutz. Ich teile mit niemandem diese Sachen. Die sind nur für mich. Manchmal verstehe ich nicht so gut, was die sprechen und wenn ich es noch einmal höre, dann es geht besser. (Aziza: 55–60).
Im Gegensatz zu der mehrheitlich fehlenden Unterstützung der Fachlehrkräfte erleben einige Befragte Unterstützung durch einzelne Mitschüler*innen im Unterricht. Dabei fordern die Neuzugewanderten die Unterstützung aktiv ein, wenn sie im Unterricht etwas nicht verstehen oder nicht mitkommen. Dies fällt ihnen einfacher, wenn sie jenseits der deutschen Sprache eine weitere Sprache teilen, in der die Befragten sich sicherer fühlen:
Zum Glück hat mir Rana geholfen. […] Ich habe Rana hier kennengelernt. Ich wusste nicht, dass Rana Arabisch spricht. Sie hilft mir immer, wenn ein Wort oder Thema nicht hundert Prozent verstehe. (Milena: 38–40).
Fehlen Mitschüler*innen derselben Sprache (jenseits des Deutschen), geben die Untersuchungsteilnehmenden an, dass es schwierig sei, Mehrsprachigkeit im Unterricht miteinzubeziehen. Sie versuchen ihre Mehrsprachigkeit mit selbstständiger Recherche zum Verständnis und zur Klärung einzelner Wörter und Begriffe zu nutzen. Von den Lehrkräften werden die mehrsprachigen Ressourcen der befragten Schüler*innen jedoch nicht eingebunden; auch nicht Englisch, obwohl ein Teil der Untersuchungsteilnehmer*innen diese Sprache gut beherrscht. Nutzen die Befragten ihre Mehrsprachigkeit zur Erschließung der Fachinhalte, z.B. durch Übersetzungstools oder im Austausch mit Mitschüler*innen, lassen die Lehrkräfte sie gewähren. Das Zulassen von Mehrsprachigkeit durch Lehrkräfte im Unterricht steht entgegen bisherigen Befunden aus dem allgemeinbildenden Schulsystem, in denen die Nutzung von Mehrsprachigkeit überwiegend verboten wird (vgl. hierzu Panagiotopoulou/Rosen/Strzykala 2018).
Eine Befragte berichtet auch, dass sie sich im Unterricht die Unterstützung deutschsprachiger Mitschüler*innen einholt und diese als sprachliches Vorbild ansieht, um die eigenen Deutschkenntnisse zu verbessern und Kraft zu schöpfen; auch wenn oder gerade weil sie sich zwingen muss, Deutsch zu sprechen und damit ihr Deutsch zu üben:
Ich versuche immer wie Deutsche zu sprechen. […] Ich kann auch so sprechen, wie ich will, aber ich will wie die Leute, die ich hier sind, sein. Also ich weiß nicht, warum ich das immer machen muss, aber das kommt aus mir, also aus meinem Inneren. Die sind irgendwie für mich einfach ein Vorbild. Das gibt mir Kraft zu lernen, um besser zu sprechen. (Aziza: 77–82).
Das Einbinden von Mitschüler*innen, mit denen Neuzugewanderte nur die deutsche Sprache teilen, wird jedoch außer bei Aziza durch das Gefühl begleitet, eine Belastung zu sein (vgl. Kap. 4.2.1), weshalb diese Mitschüler*innen nur selten als Ressource hinzugezogen werden.
Zwei Befragte nutzen die Strategie, ihre Lehrkräfte zu Rate ziehen, wenn sie einzelne Fachbegriffe oder ganze Fachtexte nicht verstehen. In beiden Fällen erweist sich diese Strategie jedoch als problematisch, da die Worterläuterung meist nicht verstanden wird:
Ich frage alles ohne mich zu schämen. Ich frage die Lehrer, was heißt zum Beispiel Prävention? […] Also/ dann kommt eine Erklärung. […] Da sag ich mal ist die Erklärung selbst schwerer als das Wort.“ (Elin: 28-30).
Ebenfalls problematisch wird es, wenn sich mündliche Erklärungen der Lehrenden stark am Fachtext orientieren:
Obwohl ich ein Wort übersetze, weiß ich trotzdem nicht, was ich machen soll. Und ich frage nach. Und die Lehrerin erklärt, was ich schon gelesen habe. Mündlich. Das hilft mir nicht und ich schäme mich, wieder zu fragen. (Leyla: 249–251).
Es zeigt sich, dass die Strategie, Lehrkräfte oder Mitschüler*innen aktiv um Unterstützung zu bitten, sich als wenig hilfreich erweist.
Auffällig ist, dass die genannten Strategien von den Untersuchungsteilnehmenden selbst erarbeitet oder mitgebracht werden. Keine Untersuchungsperson gibt an, dass Lehrpersonen im Unterricht Strategien thematisiert bzw. sie ihnen an die Hand gegeben haben, wie sie Fachinhalte (sprachlich) erschließen können, beispielsweise Strategien der Textüberarbeitung oder Hinweise auf empfehlenswerte Übersetzungs-Apps.
4.4.2 Strategien zu Hause
Wie bereits dargestellt, werden die befragten neu zugewanderten Schüler*innen in die Lage versetzt, die bearbeiteten Fachinhalte aus dem Unterricht selbstständig zu Hause nacharbeiten zu müssen, damit sie den Unterrichtsinhalten folgen können. So berichten alle von aktivem, selbstreflexivem und verantwortungsbewusstem Lernen, also von selbstgesteuertem Lernen, welches bereits bekannt war (vgl. hierzu auch Holz-Ebeling: 2017) oder situativ entwickelt wurde. Sie üben Deutsch durch lautes Lesen: „Wenn ich nach Hause gehe, mache ich mein Zimmer zu und lese laut.“ (Leyla: 154), durch Auswendiglernen und Abschreiben von Texten, um hierbei Wortverknüpfungen zu lernen, die ihnen Übersetzer-Apps nicht nachhaltig bieten können:
Ich schreib so viel, weil ich es sonst nicht lerne. Weil es ist nicht nur inhaltliches Lernen, ne?! (Elin: 57–58)
Dabei bilden sie Synonyme, um ihren Sprachwortschatz zu erweitern oder übersetzen einzelne Wörter oder Textbausteine in ihre Erstsprache oder manchmal ins Englische. Auch audio-visuelle Medien, z.B. Videos auf YouTube oder das wiederholte Hören spezifischer Lernpodcasts, werden herangezogen, um (Sprach-)Routinen auf Deutsch zu entwickeln und langfristig die deutsche Bildungs- sowie Fachsprache zu lernen und Fachwissen aufzubauen:
Die [Podcasts; Anm. A.K./M.M] sind echt gut und haben einen positiven Einfluss auf unser Hören. […] Vielleicht habe ich 20 Podcasts zu IT und Medizin gehört. […] Das ist gut für das Allgemeine und diese Fachsprache. (Masud: 166–169).
Ebenso berichtet Masud (37–41), dass er sich durch seine Englischkenntnisse Strategien zur Erweiterung des Wortschatzes der deutschen Sprachen aneignen konnte:
Englisch habe ich fünf, sechs Jahre, bevor ich mit Deutsch zu lernen angefangen habe, habe ich Englisch gelernt. Kurse, ich habe besucht Englischkurse besucht und den Rest habe ich selbst gemacht.
Die Untersuchungsteilnehmer*innen machen deutlich, dass sie über Ressourcen in Form von verschiedenen Lernstrategien verfügen, auf die sie im Unterricht und insbesondere zu Hause zurückgreifen, um Fachinhalte (verzögert) zu verstehen, sprachliche Anforderungen zu bewältigen und ihre bildungs- und fachsprachlichen Fähigkeiten im Deutschen zu verbessern. Es zeigt sich, dass nicht nur diejenigen, die bereits studiert oder eine Ausbildung abgeschlossen haben, differenzierte Lernstrategien beherrschen, sondern auch diejenigen, die sich erstmalig in einer Ausbildung befinden. Es ist davon auszugehen, dass viele bereits aus ihren bisherigen Bildungskontexten diese Lernstrategien kannten oder zur Bewältigung der vorliegenden schulischen Herausforderungen entwickelt bzw. angepasst haben und auf ihre Resilienz zurückgreifen können. Sie erweisen sich damit als handlungsfähig und trotzen den widrigen Schulbedingungen (vgl. Seukwa 2006).
5 Ergebnisdiskussion: Individualisierung von Problemen statt Problematisierung struktureller Unzulänglichkeit
Insgesamt bestätigt die vorliegende empirische Untersuchung ebenso wie bereits genannte Studien, dass die befragten neu zugewanderte Schüler*innen im Unterricht einer Regelklasse (der beruflichen Bildung), keinen sprachsensiblen Fachunterricht erfahren und ihre Mehrsprachigkeit keine Berücksichtigung findet; auch wenn alle Lehrkräfte – wie einleitend dargestellt – dazu aufgefordert sind, die differenzierten bildungs- und fachsprachlichen Voraussetzungen der Schüler*innen im Unterricht zu berücksichtigen, ggf. um Deutschförderung zu ergänzen und Mehrsprachigkeit gezielt zu nutzen.
Darüber hinaus verweist die vorliegende Untersuchung darauf, dass neu zugewanderten Schüler*innen im Unterricht keine (Sprach)Lernstrategien an die Hand gegeben werden, mit denen sie eigenständig Fachinhalte und/oder bildungs- sowie fachsprachliche Strukturen verstehen, anwenden und überprüfen können, sondern sie sich stattdessen eigenständig passende Lernstrategien erarbeiten. In der beruflichen Bildung – aber auch grundsätzlich im Bildungssystem – erweist sich dieser Umstand prinzipiell für alle Schüler*innen, die noch nicht über hinreichende bildungs- und fachsprachliche Fähigkeiten im Deutschen verfügen, als Nachteil; für Neuzugewanderte erweist sich dies als besonders nachteilig, da sie aufgrund ihrer Migrationserfahrung und ihres späteren Einstiegs ins deutschen Bildungssystems die deutsche Sprache erst kürzer lernen als Mitschüler*innen, die von Beginn an das deutsche Bildungssystem durchlaufen.
Die Schüler*innen bleiben damit auf sich allein gestellt, die bildungs- und fachsprachlichen Anforderungen im Deutschen selbstständig zu bewältigen. Viele greifen selbstständig auf bereits erlernte Strategien zurück oder entwickeln neue Strategien, um dem Fachunterricht zu folgen, Fachinhalte zu verstehen und fachsprachliche Anforderungen zu bewältigen. Teilweise nutzen sie aber auch Strategien, die weniger zielführend sind. Dies zeigt sich beispielsweise, wenn ein Großteil der Befragten die Suchmaschine Google auch für Übersetzungen nutzt, diese jedoch ungenau und häufig fehlerhaft sind.
Als problematisch erweist sich, dass die strukturellen Bedingungen im Unterricht hinderlich sind, um Lernstrategien erfolgreich anzuwenden, z.B. weil den Befragten nicht die notwendige Zeit zur Verfügung gestellt wird, sodass sie entweder den Anschluss an den folgenden Unterrichtsverlauf verpassen und/oder ihre Lernstrategien auf die selbstständige Arbeit zu Hause verlagern müssen. Das wiederum hat zur Folge, dass sie erhöhtem Druck ausgesetzt sind, ihnen wenig Freizeit bleibt, beispielsweise zur Regeneration oder für den Kontakt zu Mitschüler*innen, oder diese außerschulische Nachbearbeitungszeit aufgrund familiärer Verpflichtungen, z.B. Kinder, nicht aufwenden können.
Die Untersuchung macht deutlich, dass Schüler*innen, die in Deutschland sozialisiert sind, von den Lehrkräften nicht aktiv eingebunden werden, um neu zugewanderte Mitschüler*innen im Sinne eines Lerntandems zu unterstützen. Das Prinzip der gegenseitigen Unterstützung hängt eher vom Zufall ab (vgl. dazu kritisch Massumi 2019), wodurch sich neu zugewanderte Schüler*innen oftmals selbst um soziale Anschlüsse und Unterstützung kümmern und dabei häufig auf Abweisung stoßen. Das Potenzial, das durch Mitschüler*innen in Regelklassen existiert, kommt faktisch nicht zum Tragen. Denn auch innerhalb von Regelklassen wirken weiterhin ausschließende Faktoren für neu zugewanderte Schüler*innen, insbesondere aufgrund ihrer (noch) unzureichenden Deutschkenntnisse, welche eher sozialen Rückzug und Einsamkeit im Unterricht verstärken und Entfaltungsräume hemmen.
Dies kann negative Auswirkungen auf das emotionale, motivationale und kognitive Befinden haben, wodurch das Lernen gehemmt wird (vgl. hierzu ebd.). Gleichzeitig zeigt sich dadurch ein erhöhtes Bestreben dazuzugehören, den deutschsprachlichen Anforderungen gerecht zu werden und keine Fehler im Deutschen zu machen. Dieser Umstand verdeutlicht, dass neu zugewanderte Schüler*innen die monolingual-deutsche Orientierung der deutschen Schulen internalisiert haben, was dazu führt, dass sie erhöhten Assimilationsdruck verspüren und sich Gefühle wie Frustration, Scham und Angst vor Fehlern manifestieren.
Darüber hinaus wird die fehlende sprachliche, fachliche, didaktische und soziale Berücksichtigung von neu zugewanderten Schüler*innen durch Lehrkräfte im Fachunterricht sowie die unzureichenden Rahmenbedingungen im Unterricht, z.B. durch die begrenzte Zeit, der (migrationsbedingten) Heterogenität der Schüler*innenschaft nicht gerecht. Stattdessen müssen sich die Schüler*innen selbst im Unterricht organisieren, um diesem folgen zu können, wodurch sich die negativen Gefühle erneut manifestieren. Folglich werden sie durch soziale Ausschlüsse und schlechtere Schulleistungen bestraft, was bis zum Scheitern in der Schule bzw. in der Ausbildung führen kann (vgl. hierzu ebd.), sodass sie selbst für ihre nicht ausreichende Unterrichtsbeteiligung und geringeren Bildungserfolge verantwortlich gemacht werden. Auf diese Weise werden durch die Verlagerung auf die Neuzugewanderten strukturelle Unzulänglichkeiten individualisiert. Denn sie werden vorrangig aufgrund ihres Unvermögens die deutsche Sprache in einer begrenzt vorgegebenen Zeit in all ihren schulisch geforderten Registern zu erlernen, als Problem identifiziert, anstatt die strukturellen Bedingungen im Bildungssystem zu problematisieren. Vor diesem Hintergrund scheint das deutsche Bildungssystem – wie verschiedene quantitative sowie qualitative Befunde belegen – nicht in der Lage, auf die migrationsbedingte Heterogenität der Schüler*innenschaft adäquat zu reagieren und Bildungsteilhabe sowie -erfolge auch für jene zu ermöglichen, die erst später ins deutsche Bildungssystem einmünden und die deutsche Sprache von Grund auf neu erlernen müssen.
6 Implikationen für Schul- und Unterrichtsentwicklung und für (angehende) Lehrer*innen
Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zeigen, dass kein sprachsensibler Fachunterricht stattfindet und dass damit erhebliche Nachteile für die Schüler*innen verbunden sind. Ein sprachsensibler Fachunterricht beinhaltet inhaltliche sowie methodisch-didaktische Anpassungen und impliziert Binnendifferenzierung sowie den systematischen Einbezug mehrsprachiger Ressourcen (inkl. Englisch).
Durch Aus-, Weiter- und Fortbildungen sollten alle (angehenden) Lehrpersonen befähigt werden, sprachsensiblen Fachunterricht zu planen, durchzuführen und zu reflektieren. Es kann also nicht darum gehen, sich mit spezifischen Deutschfördermaßnahmen ausschließlich auf neu zugewanderte Schüler*innen zu beziehen, sondern grundsätzlich alle Schüler*innen individuell zu adressieren und die Bewältigung sprachlicher Anforderungen nicht in die Eigenverantwortung der Schüler*innen – außerhalb der Schule – oder auf ein singuläres Unterrichtsfach zu verlagern. Die Basis ist dabei, sprachliche Bildung im Rahmen der Schul- und Unterrichtsentwicklung im Gesamtkonzept einer (berufsbildenden) Schule zu verankern und als gemeinschaftliche Aufgabe für alle Akteur*innen des (Berufs‑)Bildungssystems – nicht nur der Sprachlehrkräfte – zu verstehen (vgl. Gogolin/Lange 2010), welche in der Bildungsgangarbeit gemeinsam konkretisiert werden kann. Bereits bestehende Konzepte und Modelle, wie beispielsweise das Scaffolding nach Gibbons (2015), sind wichtiger Bestandteil schulischer (Fach-)Ausbildung, um sprachlicher Diversität im Unterricht professionell begegnen zu können und Schüler*innen Hilfestellungen an die Hand zu geben, damit sie Fachinhalte sprachlich bewältigen können. Zugleich sind auch die Rahmenbedingungen, z.B. ausreichende Unterrichtszeit, vielfältige Methoden, die einen Austausch der Lernenden ermöglichen sowie die materielle Verfügbarkeit, z.B. Ausstattung von digitalen Endgeräten sowie eine Internetverbindung, eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen sprachsensiblen Fachunterrichts.
Die Befragten berichteten von einem positiven Sprachlernerfolg im Deutschen und hoher Lernmotivation in der beruflichen Praxis, was noch einmal Hinweise für die Relevanz des didaktischen Prinzips der Handlungsorientierung in der beruflichen Bildung liefert, welches idealerweise auch für Sprachbildungsprozesse im Fachunterricht herangezogen werden sollte. Ebenfalls ist es zwingend erforderlich, tradierte Prüfungsstrukturen zu modifizieren und auch hier sprachliche Hürden, insbesondere in schriftlichen und mündlichen Prüfungen, zu verringern und ggf. um zusätzliche spezifische Unterstützungsangebote zu ergänzen. Gerade in der beruflichen Bildung zeigt sich immer wieder, dass neu zugewanderte Schüler*innen an den bildungs- und fachsprachlichen Hürden in Abschlussprüfungen scheitern, obwohl sie fachpraktisch die geforderte Leistung erbringen (vgl. Tratt 2020). An dieser Stelle sind insbesondere die jeweils zuständigen Schulbehörden und Kammern gefragt, Abschlussprüfungen anzupassen, welche die tatsächlich geforderten beruflichen Handlungskompetenzen erfassen.
Neben der sprachsensiblen Unterrichtsgestaltung sind Lehrkräfte zudem gefordert, (neu zugewanderten) Schüler*innen Lernstrategien zur Verfügung zu stellen, damit sie Fachinhalte und daran geknüpfte sprachliche Anforderungen auch selbstständig – und lebenslang – bewältigen können. Darüber hinaus ist es bedeutsam, dass (angehende) Lehrer*innen sich selbstreflexiv mit der bestehenden Heterogenität im Kontext von Neuzuwanderung auseinandersetzen, um die zusätzlichen Anforderungen und Belastungen neu zugewanderter Schüler*innen überhaupt zu erfassen und sensibilisiert für die spezifischen Bedarfe, aber auch migrationsbedingten Ressourcen zu sein. Auf diese Weise können Lehrkräfte befähigt werden, eine Lernatmosphäre des Wohlbefindens, des Vertrauens und der Entfaltung aufzubauen und damit gleichzeitig Gefühlen der Angst und Scham entgegenzuwirken. Dazu gehört, eine konstruktive wertschätzende Fehlerkultur zu erschaffen, die ein angstfreies und diskriminierungsfreies Lernen ermöglicht.
Die Untersuchung hat ebenso aufgezeigt, wie bedeutsam soziale Stabilität, z.B. durch positive Beziehungen zu Mitschüler*innen, für das fachliche sowie sprachliche Lernen sind und die Entfaltungsmöglichkeiten von Schüler*innen beeinflussen. Mitschüler*innen können für neu zugewanderte Schüler*innen zwar als unterstützende Ressource, z.B. Erklären in einer anderen Sprache oder visuelle Veranschaulichung, wirken, jedoch muss das soziale Potenzial systematisch im Unterricht aufgebaut werden. Dazu ist es nicht ausreichend, gezielte Arbeitsaufträge zu erteilen oder kooperative Arbeitsformen zu etablieren (vgl. hierzu Massumi 2019). Die Voraussetzung dafür ist, die Klassengemeinschaft von Anfang an zu stärken, damit eine Lernatmosphäre des sozialen Wohlbefindens, gegenseitigen Verantwortung und Unterstützung entwickelt werden kann (vgl. ebd.).
Die Daten haben außerdem gezeigt, dass neu zugewanderte Schüler*innen auf Medien, wie Übersetzer-Apps, Erklärvideos und Podcasts zurückgreifen, um sprachliche Sicherheit bzw. ein sprachliches Verständnis für die geforderten Inhalte zu generieren. Bei der derzeitigen Prüfungskultur besteht hierbei das Hindernis der Abhängigkeit durch internetfähige Geräte, welche im Unterricht wirksam sind, in Prüfungssituation jedoch ausgeschlossen werden. Hinsichtlich geforderter digitaler Skills in der Lern- und Arbeitswelt stellt dieser Ausschluss jedoch eine weitere Herausforderung dar.
7 Ausblick
Neu zugewanderte Schüler*innen werden im Fachunterricht an berufsbildenden Schulen kaum adressiert, wodurch der Erwerb ihrer bildungs- und fachsprachlichen Kompetenzen im Deutschen in ihre Verantwortung gelegt wird, während sich gleichzeitig Lehrkräfte der Verantwortung entziehen oder sich überfordert fühlen, auch ihnen gerecht zu werden. Dies ist auf sozialer, kognitiver, motivationaler sowie emotionaler Ebene für neu zugewanderte Schüler*innen folgenreich und erschwert den erfolgreichen Verlauf ihrer Bildungsbiographien. Vor diesem Hintergrund lassen sich ihre quantifizierbaren Misserfolge, z.B. gemessen an vorzeitigen Ausbildungsvertragslösungen, Ausbildungsabbrüchen, schlechteren Leistungsergebnissen oder gescheiterten Abschlüssen, erklären, ohne dass dabei transparent wird, dass die strukturellen Bedingungen diese Schlechterstellung und das Scheitern evozieren und nicht ursächlich auf die Individuen zurückzuführen sind.
Erst wenn die Schulen bzw. die dort tätigen professionellen Fachkräfte die (migrationsbedingte) Vielfalt ihrer Schüler*innen als Ausgangslage nehmen und Schul- sowie Unterrichtsstrukturen und -angebote auch die individuellen Bedarfe aller Schüler*innen sowie sozialen Zusammenhänge berücksichtigen, haben auch Neuzugewanderte eine reale Möglichkeit bildungserfolgreich zu sein und sich in der Schule wohlzufühlen. Dafür müssen Rahmenbedingungen, z.B. Vorgaben und Ressourcen, von schulbehördlicher Seite bereitgestellt und bildungspolitisch gestärkt werden. Gerade mit Blick auf duale Ausbildungsberufe kommt den Kammern auch eine tragende Rolle, z.B. mit Blick auf die Zwischen- und Abschlussprüfungen, zu. Dabei ist zu betonen, dass von allen vorgeschlagenen Maßnahmen nicht nur neu zugewanderte Schüler*innen, sondern alle Schüler*innen davon profitieren und ein Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit geleistet werden kann.
Notes
- Neben den Anforderungen im Deutschen lassen sich auf der strukturellen, interaktionalen sowie individuellen Ebene noch weitere Barrieren identifizieren, die sich hinderlich auf die Bildungsbeteiligung und -teilhabe auswirken können (vgl. weiterführend Massumi 2019). [^]
- Diese Daten bilden allerdings nicht ab, wie lange die fluchtbedingte Migrationserfahrung zurückliegt. Ebenso werden in den Datensätzen keine weiteren Personen mit eigener Migrationserfahrung erfasst. Um statistische Aussagen über migrierte Personen treffen zu können, wird daher im Folgenden – sofern verfügbar – das Kriterium geflüchtet bzw. mit Fluchthintergrund herangezogen. Alternativ erfolgt ein Rückgriff auf das Kriterium ausländische Staatsangehörigkeit, um Näherungswerte zu neu zugewanderten Personen zu erhalten. [^]
- Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur noch von Schüler*innen gesprochen, da auch Auszubildende aus der Perspektive der Schule als Schüler*innen wahrgenommen werden und in der vorliegenden Untersuchung vorrangig die schulische Seite beleuchtet wird. [^]
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Kurzbio
StR’ Anna-Katharina Klaßen ist gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin. Berufsbegleitend nahm sie das Lehramtsstudium in Münster mit den Fächern Gesundheitswissenschaften/Pflege und Deutsch auf. Ihre Masterarbeit verfasste sie zur Thematik des sprachsensiblen Unterrichts an beruflichen Schulen. Inzwischen arbeitet sie am Berufskolleg Canisiusstift in Ahaus als Studienrätin i.E. und bildet dort u.a. Erzieher*innen und Kinderpfleger*innen aus.
Prof.‘ Dr.‘ Mona Massumi ist Professorin für Berufspädagogik am Institut für Berufliche Lehrerbildung (IBL) des Münster Centrums für Interdisziplinarität (MCI) an der FH Münster. Arbeitsschwerpunkte: Professionalisierung und Bildung im Kontext von Heterogenität und Bildungsbenachteiligung, erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung.
Anschrift: