1 Einführung
In einer postmigrantischen Einwanderungsgesellschaft wie der deutschen ist die Frage nach einer die Bildungs- und Gesellschaftsteilhabe ermöglichenden sprachlichen Bildung von zentraler Bedeutung. Im Rahmen des öffentlichen Schulwesens in Deutschland wurden und werden neben dem Unterricht in der deutschen Sprache als Amts-, Bildungs- und Unterrichtssprache, den geschützten autochthonen Minderheitensprachen und schulischen Fremdsprachen etwa seit den 1970er Jahren Unterrichtsformate erprobt, mit denen bildungssprachliche Kompetenzen auch in allochthonen Sprachen unterstützt und weiter ausgebaut werden sollen. Als institutionalisierter Ort des Erhalts und Ausbaus von Erst- und Herkunftssprachen fungiert das Unterrichtsformat, das in Deutschland als herkunftssprachlicher Unterricht, Herkunftssprachenunterricht oder Erstsprachenunterricht1 (im Folgenden HSU), in Österreich Erstsprachenunterricht (vormals Muttersprachlicher Unterricht) und in der Schweiz Kurse in Heimatlicher Sprache und Kultur (HSK) bezeichnet wird (vgl. auch Löser/Woerfel 2017; Mehlhorn 2022). Sowohl auf der (national)sprachpolitischen als auch auf der regionalen und ortsspezifischen Ebene ist der HSU bezüglich der Ziele, der strukturellen Bedingungen und dem Stellewert im Bildungssystem durch eine hohe Heterogenität gekennzeichnet. Obgleich aus sprachdidaktischer und erziehungswissenschaftlicher Perspektive Aspekte wie Herkunftsfokussierung (Altun/Gürsoy 2015; Hägi-Mead 2019), (Re)Produktion ethno-natio-kultureller Differenzordnungen (Dirim 2015) oder ungünstige Rahmenbedingungen (vgl. Woerfel/Küppers/Schroeder 2020) häufig kritisiert werden, stellt dieses Unterrichtsformat aktuell das einzige – je nach (Bundes)Land mehr oder weniger – staatlich unterstützte und jahrzehntelang erprobte Modell dar, das auch diejenigen Sprachen ins Bildungssystem einbezieht und diesen, wenn nicht im Einklang, so zumindest zur Wahrnehmung in der fremdsprachen- und mehrsprachigkeitsdidaktischen Diskussion verhilft.
Als Fremdsprache wurde Ukrainisch bereits Anfang der 1930er Jahre an einigen deutschen Universitäten gelehrt (vgl. z.B. Lehrbuch der ukrainischen Sprache, Rudnycʹkyj 1940). Als Herkunftssprache wurde und wird Ukrainisch – wie auch viele andere Migrant*innensprachen – vor allem im familiären Kontext weitergegeben. Seit 1956 gibt es Unterricht in Ukrainisch als Herkunftssprache an der Sonntagsschule in München. Obwohl in Deutschland im Jahr 2010 240.000 und im Jahr 2021 309.000 Menschen lebten, die in der (bis 1991 sowjetischen und seit 1991 souveränen) Ukraine geborenen sind2, fehlen bislang die statistischen Angaben zur Verbreitung des Ukrainischen als Herkunftssprache. So wurden im Mikrozensus 2021 309 Personen mit dem ukrainischen Migrationshintergrund (eigenes Geburtsland oder Geburtsland der Eltern) befragt. In der Kategorie „zu Hause vorwiegend gesprochene Sprache“ gaben 86 Befragte (28 %) an, ausschließlich Deutsch, 44 Befragte (14 %) vorwiegend Deutsch und 179 Befragte (58 %) vorwiegend eine andere Sprache zu sprechen (vgl. Statistisches Bundesamt 2023: 509–514). Bei der Letzteren standen den Befragten 25 verschiedene Sprachen zur Auswahl, jedoch kein Ukrainisch. Folglich gaben 142 (46 %) Personen an, Russisch und 18 „[e]ine andere in Europa gesprochene Sprache“ zu sprechen. Ob damit Ukrainisch gemeint wurde, bleibt offen. Nicht erfasst wurden auch Ukrainisch-Russisch-Bilinguale. Bei den Ukrainischstämmigen mit eigener Migrationserfahrung (253) gaben 17 Befragte an, im Haushalt vorwiegend „[e]ine andere in Europa gesprochene Sprache“ zu sprechen (Statistisches Bundesamt 2023, 515–520).
Vor diesem Hintergrund ist wenig verwunderlich, dass auch staatliche und private Unterrichtsangebote in Ukrainisch als Herkunftssprache bislang nie dokumentiert wurden (vgl. Bergmann/Kratochvil 2017: 19). Die Didaktik des Ukrainischen als Fremdsprache befindet sich noch am Anfang ihrer Entwicklung und hat dementsprechend bislang noch keinen Eingang in die deutschsprachige Didaktik der slawischen Sprachen gefunden (z.B. in die Sammelbände von Drackert/Bente Karl 2019; Kostiučenko/Zawadzka/Münzer 2021).
Als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und einer hohen Zahl3 von aus der Ukraine geflüchteten Kindern und Jugendlichen, die an deutschen Schulen aufgenommen wurden (vgl. Mediendienst Integration 2022a), ist die Nachfrage nach Unterricht in Ukrainisch als Herkunftssprache stark gestiegen (Bergmann/Turkevych 2024: 330–337) und der Bedarf an einer systematischen Erfassung des vorhandenen HSU-Angebots4 in der ukrainischen Sprache wurde deutlich. Vor allem um den Ausbau unterrichtsergänzender Bildungsangebote in der ukrainischen Sprache nutzbar zu machen (vgl. die Stellungnahme der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz 2022: 14–15), ist es wichtig, sich ein möglichst umfassendes Bild über bereits vorhandene und sich entwickelnde Unterrichtsangebote zu verschaffen. Im Fokus unserer Studie steht daher die Erfassung der Situation des Ukrainischunterrichts als HSU in allen Bundesländern vor dem 24.02.2022 sowie seine Entwicklung nach dem 24.02.2022.
Nach einer kurzen Skizzierung der theoretischen Konzepte im folgenden Kapitel wird in Kapitel 3 ein kurzer Überblick über den internationalen Forschungsstand zum HSU in Ukrainisch gegeben. Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags steht die Präsentation der Ergebnisse aus der durchgeführten Umfrage zum Stand des Ukrainischunterrichts in Deutschland (Kap. 4). Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse diskutiert und ein Ausblick für die Forschung und Praxis des Ukrainischunterrichts gegeben.
2 Herkunftssprachen und herkunftssprachlicher Unterricht in Deutschland
Herkunftssprache wird definiert als „erworbene Sprache eines Individuums, das in einer Familie aufwächst, in der nicht (nur) die Sprache der umgebenden Mehrheitsgesellschaft verwendet wird“ (Brehmer/Mehlhorn 2018: 18). Entsprechend werden als Herkunftssprachensprecher*innen jene Personen angesehen, die „eine Herkunftssprache als Erstsprache [in der Familie] simultan oder sukzessiv zur Mehrheitssprache erworben haben“ (Olfert 2022: 106). Die so erworbenen Sprachkompetenzen zeichnen sich durch eine hohe Varianz, die von rezeptiven Fähigkeiten bis hin zur ausgewogenen Zweisprachigkeit reichen können, und Sprachkontaktphänomene aus (vgl. Polinsky 2015: 8–9) und befinden sich in einer „Prestigeasymmetrie” sowohl zur Mehrheitssprache (Olfert 2022: 106) als auch zu den Sprachen, die im Bildungswesen als Fremdsprachen präsent sind (vgl. Schroedler/Purkarthofer/Cantone 2022; Skintey/Wyss 2023).
Bereits bei diesen Definitionen wird deutlich, dass die aktuelle Auffassung es nicht ermöglicht, verschiedene dynamische Konstellationen und Prozesse abzubilden, in denen der Erwerb, der Erhalt und der Ausbau einer allochthonen Sprache in einer anderssprachigen Umgebung stattfinden. Insbesondere im Falle der neu zugewanderten Schüler*innen stellen deren im Heimatland erworbene Erstsprachen zum Zeitpunkt der Ankunft keine Herkunftssprachen im klassischen Sinne dar5, da sie erstens in der erstsprachlichen Umgebung erworben wurden, noch keine Sprachkontaktphänomene herausbilden konnten und auch die soziokulturellen Verbindungen i.d.R. unmittelbar erlebt sind. Sie sind dann Schüler*innen, die den HSU besuchen, aber keine Herkunftssprachensprecher*innen im Sinne der oben angeführten Definition; sie stellen jedoch eine beachtliche Gruppe der HSU-Teilnehmenden dar.
Der HSU geht auf die Empfehlungen der KMK (1971) zurück, wobei die Länder über seine Einrichtung, Nicht-Einrichtung oder den Grad der Mitwirkung am sog. Konsulatsunterricht entscheiden. In Nordrhein-Westfalen, wo es sowohl den staatlich organisierten als auch den sog. Konsulatsunterricht gibt, hat der staatlich verantwortete HSU die Aufgabe, „auf der Grundlage des gültigen Lehrplans Fähigkeiten in einer Herkunftssprache in Wort und Schrift aufzubauen, zu erhalten, zu erweitern, wichtige interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und mehrsprachiges Lernen zu ermöglichen“ (Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW 2021: 1361 Nr. 2 Herkunftssprachlicher Unterricht, Abs. 1.3).
Der Beitrag des HSU zur Bildung wird dabei in vielen Bereichen gesehen:
Mehrsprachiges Aufwachsen beeinflusst die gesamte Sprachentwicklung ebenso wie die Identitätsbildung. Der HSU berücksichtigt, dass Schüler in der Gesellschaft Mehrfachzugehörigkeiten entwickeln und nicht nur eine bestimmte Kultur repräsentieren. Er geht auf Fragen, Gewohnheiten und Haltungen ein, die sowohl mit der Migrationssituation als auch mit dem Herkunftsland zusammenhängen. Durch den herkunftssprachlichen Unterricht werden die Schüler ganzheitlich in ihrer sprachlichen, kognitiven, sozialen und emotionalen Entwicklung unterstützt. Er trägt unter anderem dazu bei, vielfältige Methoden und Arbeitstechniken für lebensbegleitendes Lernen zu festigen. Der herkunftssprachliche Unterricht bezieht bewusst Sprachkenntnisse und Spracherfahrungen der Schüler ein und setzt sie zueinander in Beziehung. Er erweitert den Zugang zur herkunftssprachlichen Lebenswelt. (Landesamt für Schule und Bildung/Freistaat Sachsen 2015: 5).
Im Kontext der (erzwungenen) Migration und Flucht kann dem HSU darüber hinaus eine stabilisierende6 Funktion zukommen (Orobchuk/Skintey angenommen).
Die ersten und bislang umfassendsten Erhebungen zur Situation des HSU in Deutschland als staatlich unterstütztes Angebot und als sogenannter Konsulatsunterricht hat der Mediendienst Integration 2019, 2020 und 2022b durchgeführt. Die letzte Umfrage der Bildungsministerin der Länder zu den Formen des HSU ergab folgendes Bild: In zwei Ländern wird HSU als ‚Konsulatsunterricht’, in fünf als staatlicher Unterricht, in sieben in beiden Formaten angeboten und in zwei Bundesländern findet kein HSU statt (vgl. Mediendienst Integration 2022b: 4). Als aktuelle Herausforderungen rücken Kompetenzprofile und Ausbildung von HSU-Lehrpersonen, Entwicklung einer Didaktik des Herkunftssprachenunterrichts und Verzahnung mit anderen Fachdidaktiken, Entwicklung geeigneter Prüfungs- und Anerkennungsformate sowie die Entwicklung von Distanz-Unterrichtsformen insbesondere für den Unterricht in seltenen Herkunftssprachen in den Fokus (vgl. auch Gürsoy 2021; Mehlhorn 2022; Nazir/Bauer 2022).
In der aktuellen sprachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen Forschung wird dem HSU eine Doppelrolle zugeschrieben: Auf der einen Seite stellt er ein zentrales Element der sprachpolitisch verankerten Mehrsprachigkeitsförderung dar; auf der anderen Seite führt er als marginalisiertes Fach ein Schattendasein im Bildungssystem und in der Fremdsprachendidaktik der deutschsprachigen Länder (vgl. Boeckmann 2022: 36–37; Dirim 2015: 62; Gürsoy 2021: 155–159). Die Forderungen nach einer „Aktualisierung” (Dirim 2015: 62), Modernisierung (vgl. Gürsoy 2021: 155) und Aufwertung des HSU werden immer lauter (vgl. den Beitrag von Vogel und die Kommentare im Rahmen der RfM-Debatte 2020 „Drei Sprachen sind genug fürs Abitur!”7).
Diese Gegebenheiten des HSU dienen als Folie zur Betrachtung der Spezifika der Situation des Unterrichts in Ukrainisch als Herkunftssprache in Deutschland.
3 Unterricht in Ukrainisch als Herkunftssprache
Wie eingangs dargestellt, finden sich nur wenige Angaben zum HSU in der ukrainischen Sprache in Deutschland. Ukrainisch als Sprache des HSU taucht in den Ergebnissen der Umfragen des Mediendienstes Integration nur in Sachsen 2019/2020 – 20 Schüler*innen, 2020/2021 – 25 und 2021/2022 – 25 Schüler*innen (Mediendienst Integration 2022b: 18) und in Hamburg seit 2021/2022 – 63 Schüler*innen auf (Mediendienst Integration 2022b: 11).8
Von insgesamt 140.000 Schüler*innen, die im Schuljahr 2021/2022 an einem staatlich organisierten HSU teilgenommen haben, besuchten 88 Schüler*innen9 den Ukrainischunterricht (vgl. Mediendienst Integration 2022b: 3). Die Schüler*innenzahlen an ukrainischen Samstags- und Sonntagsschulen (z.B. in München, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main) wurden nicht erfasst.
Da es auch keine offiziellen Statistiken zu ukrainischsprachigen Migrant*innen gab, könnte man konstatieren, dass Ukrainisch in Deutschland – von wenigen Hochschulen mit Ukrainischkursen abgesehen – fast ausschließlich im familiären, privaten Sprachgebrauch und in den Organisationen der ukrainischen Diaspora gebraucht wurde und außerhalb dieser Kreise auf wenig Interesse bzw. Anerkennung stieß (vgl. Worschech 2021: 5), sodass man hier in Anlehnung an Brizić (2007) vom geheimen Leben der ukrainischen Sprache sprechen könnte.
Im Rahmen des Slawistikstudiums konnte Ukrainisch vor dem 24.02.2022 in Deutschland an der Universität Greifswald und an der Ukrainischen Freien Universität München studiert werden. Seit dem WiSe 2022/2023 ist Ukrainisch als Studiengangssprache im BA Slawische Sprachen und Literaturen an der Humboldt-Universität zu Berlin wählbar. Nach 2014 begannen das Interesse und die Nachfrage nach den Kursen der ukrainischen Sprache leicht anzusteigen (vgl. Bergmann/Kratochvil 2017; Lazarenko 2023; Worschech 2021). Aktuell zeichnet sich eine steigende Tendenz ab (so wurden Ukrainischkurse an universitären Sprachenzentren eingerichtet, wo keine slawistischen Studiengänge angeboten werden), der in künftigen Erhebungen nachgegangen werden soll.
Im Fokus des vorliegenden Beitrags steht der Unterricht des Ukrainischen als Herkunftssprache. Ausgehend von der eingangs zitierten Definition ist unter Ukrainisch als Herkunftssprache eine Varietät der ukrainischen Sprache zu verstehen, die von Personen ukrainischer Herkunft außerhalb der Ukraine durch die familiale Kommunikation im Elternhaus oder teilweise in der Gemeinschaft erworben wird und deren Erwerb institutionell unterstützt werden kann (vgl. Turkevyč10 2019: 192). Der Prozess und das Ergebnis des Erlernens des Ukrainischen als Herkunftssprache wird – wie bei einem herkunftssprachlichen Erwerb im Allgemeinen – stark von der Motivation, dem Grad der Mehrsprachigkeit und der Identitätsbildung beeinflusst (vgl. Turkevyč 2019: 192–193).
Da es im deutschsprachigen Raum keine Forschung zum mehrsprachigen Aufwachsen mit der Herkunftssprache Ukrainisch und zum Ukrainischunterricht gibt, beziehen wir uns im Folgenden auf die internationale Forschung und gehen insbesondere auf den HSU Ukrainisch in Kanada als Land mit einer großen ukrainischen Diaspora ein.
Die ersten offiziellen zweisprachigen Programme, die das Ukrainische mit einschlossen (nicht nur als die in Familien gesprochene Familiensprache, sondern als die in Familien erworbene Herkunftssprache (heritage language)), entstanden in Kanada. James Cummins beschreibt in den 1970er bis 1980er Jahren die Entwicklung eines ukrainisch-englischen zweisprachigen Programms (The Edmonton Ukrainian bilingual program) und seine positiven Auswirkungen auf die Mehrsprachigkeit und den Multikulturalismus in Kanada. Aufgrund der Forderungen der ukrainischen Diaspora wurde in Alberta 1971 erstmals der schulische Unterricht an öffentlichen Schulen bis zu 50 % in einer anderen Sprache als Englisch oder Französisch angeboten (heritage languages as mediums of instruction) (vgl. Cummins 1983: 11). Später wurden solche bilingualen Programme auch für Deutsch und Hebräisch eingeführt, wobei das ukrainisch-englische Programm die höchsten Schüler*innenzahlen aufwies (ebd.). Das offizielle ukrainisch-englische Programm in Edmonton entwickelte sich rasch. Das neue Programm basiert auf dem Erfolg eines zweisprachigen ukrainisch-englischen Pilotprojekts an acht Schulen in Edmonton. Auswertungen dieses Projekts zeigten, dass Kinder (überwiegend die 3. Generation ukrainischer Migrant*innen und überwiegend mit Englisch als Familiensprache), die 50 % des Schultages in Ukrainisch unterrichtet wurden, in allen Kernfächern genauso gut abschnitten wie Kinder in regulären Programmen (vgl. Cummins 1977: 3) und bei der Analyse des sprachlichen Inputs besser als die Gruppe der Lernenden des Ukrainischen als Zweitsprache und die Gruppe der monolingual Englischsprachigen abschnitten (vgl. Cummins/Mulcahy 1978: 1241). In den Untersuchungen wird das ukrainische zweisprachige Programm in den breiteren kanadischen Kontext eingeordnet und sowohl das Potenzial als auch die Grenzen der Forschungsergebnisse im Hinblick auf die Auswirkungen des Programms auf den HSU in anderen Provinzen auf die Bildungspolitik diskutiert (Cummins 1983: 12–15; Cummins 1985: 78).
Das 1977 eingeführte Ontario Heritage Languages Program sah ein Unterrichtsangebot in einer Minderheitensprache bis 2,5 Wochenstunden vor (heritage languages as subjects of instruction), wenn ein solcher Unterricht von einer zuständigen Elternvereinigung beantragt und von einer Schulbehörde unterstützt wird (vgl. Cummins 1983: 11). Der Ukrainisch-HSU zählte 1982 zu den drei mit den meisten Schüler*innenzahlen (vgl. Cummins 1983: 16). Die Begleitforschung zum Programm zeigte eine hohe Zufriedenheit der Eltern mit der Entwicklung der Sprachkompetenzen der Kinder und im Hinblick auf die Wertschätzung der Herkunftssprache; auch mehr als 60 % der Schulleitungen bestätigten den positiven Effekt des Unterrichts (vgl. Cummins 1983: 16).
Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesem Programm sind für die Entwicklung des herkunftssprachlichen Unterrichts Ukrainisch und bilingualer ukrainisch-deutsch Sprachförderkonzepte in Deutschland nicht uninteressant und können wertvolle Impulse für die weitere methodisch-didaktische Diskussion zum HSU Ukrainisch geben.
4 Umfrage zum herkunftssprachlichen Unterricht in Ukrainisch
4.1 Methodisches Vorgehen
Mit dem Ziel, eine Bestandsaufnahme zum Angebot des HSU Ukrainisch in allen Bundesländern vor und nach dem 24. Februar 2022 durchzuführen, fand im Zeitraum vom 8. Februar bis zum 20. März 2023 eine Online-Befragung über SoSci Survey statt.11 Der Link zur Online-Umfrage wurde an verschiedene Institutionen verschickt, die für den HSU in den Ländern zuständig sind. Es wurden alle 16 Kultusministerien12 der Länder angeschrieben. Darüber hinaus wurden 25 Leitungen bzw. Ansprechpersonen der ukrainischen Samstags- und Sonntagsschulen13 sowie die Botschaft der Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland und vier ukrainische Konsulate angefragt. Die Umfrage zielte auf die Erfassung sowohl quantitativer Daten (z.B. Anzahl der Schüler*innen und der Lehrer*innen in den Schuljahren 2021/2022 und 2022/2023) als auch qualitativer Daten (Informationen zur Organisation des Unterrichts, angebotenen Fächern bzw. Unterrichtsinhalten, curricularer Basis, Benotung bzw. Anerkennung im deutschen Bildungssystem) sowie auf die Erhebung von Bedarfen (offene Frage). Der Fragebogen14 umfasste insgesamt 23 Fragen (geschlossenes und offenes Frageformat). Ziel der qualitativen Erhebung war es, die wichtigsten Probleme und Herausforderungen zu ermitteln. Die Umfrageteilnehmenden wurden gebeten folgende drei Fragen zu beantworten:
Wo sehen Sie besondere Herausforderungen des HSU Ukrainisch?
Welche Unterstützung wird Ihrer Meinung nach benötigt und von wem?
Falls Sie Gedanken bzw. Kommentare zum HSU Ukrainisch haben, können Sie diese hier hinterlassen.
Im Rahmen der Umfrage haben acht Bundesländer Angaben zum staatlichen HSU-Angebot und acht ukrainische Samstags- und Sonntagsschulen Daten zum Ukrainischunterricht gemacht. Im Folgenden werden die Umfrageergebnisse präsentiert.
4.2 Ergebnisse
4.2.1 Überblick
Vor dem 24.02.2022 gab es HSU Ukrainisch nur in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Hamburg15, nach dem 24.02.2022 wurde Ukrainischunterricht auch in Bremen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland eingeführt. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass sowohl die Schüler*innenzahlen als auch die Zahl der HSU-Lehrpersonen deutlich gestiegen sind. Folgende Tabelle stellt die Umfrageergebnisse in Bezug auf das Ukrainischangebot in den beiden Unterrichtsformaten (staatlich/nicht-staatlich)16 in den Bundesländern dar.
Bundesland | Art des Unterrichts in Herkunftssprachen (nach der Umfrage des Mediendienstes Integration 2022b) | HSU Ukrainisch (nach unserer Umfrage) | ||||||||||
Staatliches Angebot Anzahl der Schüler*innen (Lehrer*innen) | Nicht-staatliches Angebot Anzahl der Schüler*innen: Vorschule + Schule (Lehrer*innen) | |||||||||||
01.01.2022 | 01.01.2023 | Ort | 01.01.2022 | 01.01.2023 | ||||||||
S17 | L18 | S | L | V19 | S | L | V | S | L | |||
Baden-Württemberg | Konsulats-unterricht | - | - | Freiburg | 6 | 20 | 2 | 19 | 30 | 1 | ||
Karlsruhe | 10 | 20 | 5 | 36 | 61 | 10 | ||||||
Bayern | Konsulats-unterricht | - | - | Augsburg | 20 | 50 | 4 | 50 | 150 | 25 | ||
Berlin | Staatlicher und Konsulats-unterricht | 3220 | 1 | 250 | 16 | Berlin | 85 | 9 | 120 | 11 | ||
Brandenburg | Staatlicher Unterricht Unterricht | k. T.21 | ||||||||||
Bremen | Staatlicher und Konsulats-unterricht | 0 | 0 | 340 | 30 | |||||||
Hamburg | Staatlicher und Konsulats-unterricht | k. A.22 | k. A. | |||||||||
Hessen | Staatlicher und Konsulats-unterricht | k. A. | 2971 | Darmstadt | k. A. | k. A. | ||||||
Frankfurt am Main | 49 | 58 | 10 | 60 | 300 | 30 | ||||||
Mecklenburg-Vorpommern | Staatlicher Unterricht | k. T. | ||||||||||
Niedersachsen | Staatlicher und Konsulats-unterricht | k. T. | ||||||||||
Nordrhein-Westfalen | Staatlicher und Konsulats-unterricht | 12 | 123 | 70 | 1 | Düsseldorf | 13 | 35 | 7 | 45 | 120 | 14 |
Rheinland-Pfalz | Staatlicher Unterricht | 0 | 0 | 172 | 10 | |||||||
Saarland | Staatlicher Unterricht | 0 | 0 | 68 | 1 | |||||||
Sachsen | Staatlicher Unterricht | 25 | 1 | 25 | 124 | Leipzig | 8 | 12 | 2 | 10 | 30 | 6 |
Sachsen-Anhalt | Kein Unterricht | - | - | |||||||||
Schleswig-Holstein | Staatlicher und Konsulatsunterricht | k. T. | ||||||||||
Thüringen | Kein Unterricht | - | - |
4.2.2 HSU Ukrainisch: Staatliches Angebot
Neben den Schüler*innen- und Lehrer*innenzahlen und deren Entwicklung standen auch die unterrichteten Fächer/Inhalte, die curriculare Grundlage für den Unterricht sowie die Notenanerkennung im Fokus. Die Ergebnisse werden in einer zweiten Tabelle zusammengefasst.
Land | HSU Ukrainisch | |||||||
Anzahl der Schüler*innen (Lehrer*innen) | Fächer bzw. Fachelemente | Curriculare Grundlage | Noten-anerkennung | |||||
01.01.2022 | 01.01.2023 | |||||||
S | L | S | L | |||||
Berlin | 32 | 125 | 250 | 16 | Sprache Literatur + Geschichte 26 | Rahmenplan27 ergänzt durch online-Unterrichtsmaterialien des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft der Ukraine (MBWU) | Als Bemerkung im Zeugnis + Im Rahmen eines geplanten Schulversuches, der sich zurzeit in einer Vorbereitungsphase befindet, ist ein weiterer Nachweis in Form von Noten geplant. | |
Bremen | 0 | 0 | 340 | 30 | Sprache Literatur |
Programm od. Elemente des Programms des MBWU | in Klärung | |
Hamburg | k. A.28 | k. A.29 | Sprache, Literatur | Rahmenplan30 | nein=>ja | |||
Hessen | k. A. | 2971 | Sprache und Kultur | Programm od. Elemente des Programms des MBWU | nein | |||
Nordrhein-Westfalen | 12 | 1 | 70 | 1 | Sprache Literatur Kultur Geschichte | Selbst entwickelte Programme => Programm od. Elemente des MBWU | ja | |
Rheinland-Pfalz | 0 | 0 | 172 | 10 | Sprache Literatur Kultur, Geschichte Geografie sonstiges | Rahmenplan31 | Eintrag in das Zeugnis. Bescheinigung. Note nicht versetzungsrelevant. | |
Saarland | 0 | 0 | 68 | 1 | Sprache | Rahmenplan32 | ja | |
Sachsen | 25 | 1 | 25 | 133 | Sprache | Rahmenplan34 | Keine Noten, aber Bestätigung der Teilnahme im Jahreszeugnis |
In den offenen Fragen wurde darauf hingewiesen, dass viele Lehrpersonen Ukrainisch als Herkunftssprache neu unterrichten und sich kurzfristig einarbeiten mussten, was einer guten Unterstützung bedarf. Diese wurde in manchen Bundesländern angeboten. So finden in Rheinland-Pfalz regelmäßige Netzwerktreffen für alle pädagogischen Fachkräfte ukrainischer Herkunft sowie regelmäßige Netzwerktreffen für Lehrpersonen des HSU Ukrainisch statt, auf welchen u.a. Themen wie das Schulsystem im Bundesland, rechtliche Fragen, Rahmenpläne (z.B. HSU) und deren Umsetzung sowie schulpsychologische Beratung behandelt werden und ein pädagogischer, didaktischer und inhaltlicher Austausch ermöglicht wird. Auch in Berlin setzt man auf Vernetzungsstrukturen und Fortbildungsangebote, die sich für den Unterricht in den anderen Herkunftssprachen bereits etabliert haben.
Darüber hinaus wurde in den Rückmeldungen darauf hingewiesen, dass neben dem herkömmlichen HSU in vielen Bundesländern auch weitere Angebote in ukrainischer Sprache ermöglicht wurden (wie die Teilnahme am Unterricht der ukrainischen Online-Schule35 oder der Sprach- und Fachunterricht auf Ukrainisch36), die in der Umfrage nicht erfasst wurden.
4.2.3 Unterricht der ukrainischen Sprache als Herkunftssprache: Nicht-staatliches Angebot
Samstags- und Sonntagsschulen, die den nicht-staatlich organisierten Ukrainischunterricht als HSU anbieten, werden meist von einer Nichtregierungsorganisation (Migrant*innenorganisationen) oder als Elterninitiative organisiert.37 Die älteste Samstagsschule, die bereits seit 1952 den HSU Ukrainisch in Deutschland anbietet, ist die Ukrainische Samstagsschule München38.
Die Abschlüsse der ukrainischen Samstags- und Sonntagsschulen werden vom deutschen Bildungssystem nicht anerkannt und auch nicht von der ukrainischen Seite. Der Unterricht findet, wie der Name schon sagt, meist an Samstagen oder Sonntagen während des Schuljahres statt und basiert überwiegend auf dem Programm für den Unterricht in der ukrainischen Sprache des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft der Ukraine (MBWU). Darüber hinaus gibt es auch selbstentwickelte Curricula. Neben der ukrainischen Sprache wird auch ukrainische Literatur unterrichtet sowie eine Reihe weiterer Fächer bzw. Fachelemente (siehe Tabelle 3).
Die befragten Schulen gaben an, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Fluchterfahrung (mit Ukrainisch als Herkunftssprache und mit Ukrainisch als Erstsprache) in der Regel gemeinsam unterrichtet werden. An einer Schule gab es stufenweise getrennte Klassen, an einer weiteren Schule fand der Unterricht zunächst gemeinsam statt und später wurden die Schüler*innen getrennt unterrichtet.
Bundesland | |||||||||||
Anzahl der Schüler*innen: Vorschule + Schule (Lehrer*innen) | |||||||||||
Ort | Gründungs-jahr | 01.01.2022 | 01.01.2023 | ||||||||
V39 | S | L | V | S | L | Fächer | Curriculare Grundlage | Notenanerkennung | |||
Baden-Württemberg | Freiburg | 2015 | 6 | 20 | 2 | 19 | 30 | 1 | Ukrainische Sprache Geschichte Mathematik Naturwissenschaften |
Selbst entwickelte Programme | nein |
Karlsruhe | 2017 | 10 | 20 | 5 | 36 | 61 | 10 | Ukrainische Sprache Ukrainische Literatur Kultur Geschichte |
Selbst entwickelte Programme => Programm od. Elemente des Programms des MBWU | nein | |
Bayern | Augsburg | 2019 | 20 | 50 | 4 | 50 | 150 | 25 | Ukrainische Sprache Ukrainische Literatur Kultur Geschichte Musik, Bildende Kunst Ich erkunde die Welt Psychologie |
Sonstiges | nein |
Berlin | Berlin | 201740 | 0 | 85 | 9 | 0 | 120 | 11 | Ukrainische Sprache Ukrainische Literatur Geschichte |
Programm od. Elemente des Programms des MBWU | nein |
Hessen | Darmstadt | k. A. | k. A. | k. A. | Ukrainische Sprache Ukrainische Literatur Geografie Kultur Geschichte Volkskunde |
Programm od. Elemente des Programms des MBWU | nein | ||||
Frankfurt am Main | 2006 | 49 | 58 | 10 | 60 | 300 | 30 | Ukrainische Sprache Ukrainische Literatur Geografie Kultur Geschichte |
Selbst entwickelte Programme => Programm od. Elemente des Programms des MBWU | ja41 | |
Nordrhein-Westfalen | Düsseldorf | 201942 | 13 | 35 | 7 | 45 | 120 | 14 | Ukrainische Sprache Ukrainische Literatur Geschichte Kultur Geografie Weitere Angebote wie Basteln, Kunst, Finanzwissen etc. |
Selbst entwickelte Programme | Sonstiges43 |
Sachsen | Leipzig | 2012 | 8 | 12 | 2 | 10 | 30 | 6 | Ukrainische Sprache Ukrainische Literatur Kultur Geschichte Religion |
Programm od. Elemente des Programms des MBWU | Bestätigung der Teilnahme im Jahreszeugnis |
Folgende zentrale Herausforderungen wurden genannt:
Fehlendes geeignetes Lehr-/Lernmaterial für den Ukrainischunterricht im deutschsprachigen Kontext (Lehrwerke, Unterrichtsmaterial etc.),
Umgang mit heterogenen Gruppen (unterschiedliche Sprachkompetenzen, Motivation, Alter, Spracherwerbskontexte als Herkunftssprecher*innen und Erstsprachensprecher*innen etc.),
Qualifizierung von Lehrpersonen für den Unterricht der ukrainischen Sprache als Herkunftssprache,
Anerkennung der Unterrichtstätigkeit von Lehrpersonen als Berufserfahrung, insbesondere bei geflüchteten Lehrpersonen,
Anerkennung der Leistungen von Schüler*innen sowie die Möglichkeit, eine Zertifizierungsprüfung abzulegen, und deren Berücksichtigung für die weitere Bildungslaufbahn entweder in Deutschland oder in der Ukraine,
Anerkennung und informative Unterstützung von Samstags- und Sonntagsschulen,
Rahmenbedingungen (Räume, Verwaltung, Finanzierung etc.).
5 Diskussion und Ausblick
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass der Bedarf am herkunftssprachlichen Angebot in Ukrainisch im Zuge der Ankunft der Schutzsuchenden aus der Ukraine in Deutschland rasant angestiegen ist. Dies zeigt sich an den Teilnehmer*innenzahlen sowohl in dem staatlich (Stand 01.01.2023: 3.896 Schüler*innen im staatlich organisierten Ukrainischunterricht) als auch dem nicht-staatlich verantworteten HSU in Ukrainisch und steht im Einklang mit den Ergebnissen der Studie zum Angebot im HSU Ukrainisch in verschiedenen Ländern (vgl. Ključkovsʹka et al. 2023). Gleichzeitig muss eingeräumt werden, dass die im Rahmen der Umfrage erhobenen Zahlen zum einen kein umfassendes Bild ermöglichen, da nicht alle Länder und nicht alle ukrainischen Samstags- und Sonntagsschulen in Deutschland (die auch vor dem 24.02.2022 bestanden) an der Umfrage teilgenommen haben. Zum anderen kann eine solche Erhebung nur eine Momentaufnahme darstellen. Wurde der HSU Ukrainisch in Saarland am 01.01.2023 laut unserer Erhebung von 68 Schüler*innen besucht, so nahmen im Schuljahr 2023/2024 bereits 651 Schüler*innen daran teil (vgl. Çetin 2024)44. Eine systematische und nach Schulformen differenzierte Erhebung und Dokumentation der Entwicklung sind daher unabdingbar. Ferner wäre es wichtig, mittels Interviews mit Lehrpersonen, Eltern und Schüler*innen weitere Informationen zur Akzeptanz, den Rahmenbedingungen und den Lehr- und Lernprozessen des staatlich und nicht-staatlich organisierten Ukrainischunterrichts zu erheben, um ein umfassenderes und differenzierteres Bild zu erhalten.
Neben den Herausforderungen, die für den HSU als marginalisiertes Fach im deutschen Bildungssystem im Allgemeinen bestehen, kommt für den HSU Ukrainisch erschwerend hinzu, dass sich die Didaktik des Ukrainischen als Fremd- und Herkunftssprache (inkl. der Konzeptionen des HSU-Unterrichts, Lehr-/Lernmaterial, Lehrer*innenaus- und -fortbildung, standardisierte Prüfungsformate etc.) noch in der Entwicklung befindet. Ferner stellt die ukrainische Sprache für die meisten HSU-Schüler*innen eine vollständig ausgebaute Erstsprache und keine Herkunftssprache dar, sodass es sich hierbei für die Mehrheit der Schüler*innen um den institutionell unterstützten Erhalt und den Ausbau der Erstsprache in einer mehrheitlich deutschsprachigen Umgebung handelt. Außerdem stellt der Kontext der Flucht mit allen aufenthaltsrechtlichen und psychosozialen Spezifika eine weitere zu berücksichtigende Dimension der lebensweltlichen Situation dieser Zielgruppe dar.
Wie auch andere von Migrant*innen mitgebrachte Sprachen stellt die ukrainische Sprache ein Element des sprachlichen Repertoires von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen dar, das im Rahmen der plurilingualen und interkulturellen Bildung in Europa zu fördern ist (vgl. Europarat 2022: 9). Um bereits eingerichtete und noch geplante Angebote zum ukrainischen Sprachunterricht in Deutschland nicht nur temporär, sondern auch langfristig zu etablieren, ist es notwendig, sowohl die (ukrainischen) Lehrpersonen für den HSU-Ukrainisch in Deutschland zu qualifizieren als auch mit den Eltern zusammenzuarbeiten. Als Anerkennung und Motivation für Schüler könnte die Möglichkeit fungieren, Ukrainisch als zweite Fremdsprache zu wählen und in diesem Fach eine Prüfung abzulegen (diese Möglichkeit gibt es zum Beispiel bereits in Sachsen und Hamburg45) (GEW-Beschlüsse 2017; RfM-Debatte „Drei Sprachen sind genug fürs Abitur!” (Vogel 2020; Di Venanzio et al. 2022)). Im Land Hessen kann Ukrainisch im Rahmen eines Schulversuchs ab dem Schuljahr 2024/2025 als zweite Fremdsprache gewählt werden (Hessisches Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen 2024).
Darüber hinaus wird langfristig eine institutionalisierte wissenschaftliche Expertise wie die Einrichtung von Professuren zur Ukrainischdidaktik, von entsprechenden Forschungsinstituten oder -zentren zur grundlagen- und fachdidaktischen Forschung an Bedeutung gewinnen. Vor der Frage, ob es eine hierarchische Ordnung der Fremdsprachendidaktiken einzelner Sprachen im deutschen Bildungssystem gibt (z.B. lange etablierte Fremdsprachendidaktiken wie die Englischdidaktik oder die Didaktik der romanischen Sprachen, entstehender wie die Türkischdidaktik an der Duisburg-Essen-Universität und fehlender Fachdidaktiken wie die Arabischdidaktik, die Albanischdidaktik oder die Farsi/Dari-Didaktik), wäre eine solche universitäre Fundierung von herkunftssprachlicher Bildung zu begrüßen. Auch wenn es noch viele offene Fragen für die Forschung und Praxis des HSU Ukrainisch gibt, kann bereits jetzt festgehalten werden, dass die ukrainische Sprache aktuell den Weg von einer anderen in Europa gesprochenen Sprache zur hier gesprochenen und unterrichteten Erst-, Herkunfts- und Fremdsprache bewältigt.
Notes
- Die offizielle Bezeichnung in Berlin. [^]
- Im deutschen Diskurs ist der Begriff postsowjetische Migrant*innen als Bezeichnung für russlanddeutsche Spätaussiedler*innen, jüdische Kontingentflüchtlinge und deren Nachfolger*innen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion immer noch sehr präsent (vgl. z.B. Panagiotidis 2021a). Ukrainestämmige werden a priori dieser Gruppe der postsowjetischen Migrant*innen zugeordnet, auch wenn sie in der unabhängigen Ukraine geboren sind, wie folgendes Beispiel zeigt: „Laut Mikrozensus lebten 2019 rund 3,5 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus der ehemaligen Sowjetunion in Deutschland. 2,73 Millionen von ihnen sind selbst zugewandert. Ihre Hauptherkunftsländer sind die Russische Föderation (rund 39 Prozent), Kasachstan (rund 35 Prozent) und die Ukraine (rund 10 Prozent).” (Panagiotidis 2021b: 2). Der russische Angriff auf die Ukraine am 24.02.2023, so die Literatur wissenschaftlerin Hundorova, „markierte das definitive Ende der Phantomgemeinschaft, die bis dahin als postsowjetischer Raum bezeichnet worden war” (2023: 227). [^]
- Aktuell werden 218.100 geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine an den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Deutschland unterrichtet (vgl. KMK 2024). [^]
- Zwar handelt es sich bei dem hier fokussierten Unterricht in der ukrainischen Sprache nicht ausschließlich um herkunftssprachlichen Unterricht, da Kinder und Jugendliche, die an diesem Unterricht teilnehmen, Ukrainisch i.d.R. als Erstsprache erworben haben. Dennoch verwenden wir im Beitrag den Begriff herkunftssprachlicher Unterricht, da es aktuell das einzige Format im deutschen Bildungssystem ist, das den Unterricht in der ukrainischen Sprache vorsieht. Es gibt aktuell an Schulen keinen Unterricht in Ukrainisch als Fremdsprache. [^]
- Für den Hinweis, dass geflüchtete Schüler*innen im HSU ihre Erstsprache und nicht ihre Herkunftssprache ausbauen, bedanken wir uns bei Prof. Katja F. Cantone. Insofern erscheint uns die Bezeichnung dieses Unterrichts als Erstsprachenunterricht (wie in Österreich) passender. [^]
- Zu den Resilienz- bzw. Schutzfaktoren in Bezug auf die psychische Gesundheit geflüchteter Kinder und Jugendlicher – sowohl ukrainischer als auch im Allgemeinen – vgl. Zindler et al. 2023: 138–139. [^]
- https://rat-fuer-migration.de/2020/07/08/debatte-3-sprachen-sind-genug-fuers-abitur/ (22.11.2023). [^]
- In Köln wurde der Unterricht im November 2021 eingeführt und womöglich deswegen in der Umfrage nicht erfasst. [^]
- Schüler*innenzahlen wurden von acht der zwölf Bundesländern mit dem staatlich organisierten HSU übermittelt (Mediendienst Integration 2022b: 3). [^]
- Es handelt sich hierbei um die transliterierte Schreibung des Namens Туркевич (Turkevych). [^]
- Die Umfrage konnte im Rahmen der Anschubfinanzierung der Forschungsinitiative Nachwuchsfonds der Universität Koblenz-Landau zur Durchführung des Projekts „Sprachliche Situation geflüchteter ukrainischer Kinder in Deutschland“ durchgeführt werden. [^]
- Für die Beratung zur Durchführung der Umfrage bedanken für uns bei Andrea Pürckhauer (Mediendienst Integration), für die Unterstützung bei der Kontaktaufnahme mit den Kultusministerien bedanken wir uns bei Dr. Melanie Ostendorf (Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz) und für die technische Unterstützung bei der Erstellung des Befragungsinstruments sowie bei der Durchführung der Erhebung bedanken wir uns bei Kathrin Ünzen. Die Umfrage wurde im Rahmen des Projekts „Sprachliche Situation geflüchteter ukrainischer Kinder in Deutschland“ durchgeführt (Förderung der Forschungsinitiative Nachwuchsfonds der Universität Koblenz-Landau). [^]
- Für die Unterstützung bei der Recherche der ukrainischen Samstags- und Sonntagsschulen bedanken wir uns bei Olen Mamai. [^]
- Für die Kommentare zu den einzelnen Items des Umfrageinstruments bedanken wir uns bei Viktoria Cherepenchuk und Olena Lepenina. [^]
- Angaben aus der Umfrage des Mediendienstes Integration (2022b: 11). [^]
- Als staatliches Angebot gilt der herkunftssprachliche Unterricht, der von einem Bundesland organisiert wird, für den das Land Lehrpläne und ggf. Unterrichtsmaterial entwirft und die Lehrpersonen einstellt (vgl. Mediendienst Integration 2022b: 4). Als nicht-staatlich gilt der Unterricht in der Herkunftssprache bzw. Erstsprache, wenn er nicht vom Staat organisiert und verantwortet wird, sondern von Migrant*innenorganisationen (NGOs), Elterninitiativen, Konsulaten der Herkunftsländern organisiert werden. Laut den Erhebungen des Mediendiensts Integration beteiligen sich in manchen Bundesländern die Ministerien oder Schulaufsichtsbehörden an den Lehrplänen für den HSU und kontrollieren den Unterricht (vgl. Mediendienst Integration 2022b: 3). [^]
- Schüler*innen. [^]
- Lehrpersonen. [^]
- Kinder im Vorschulalter (je nach dem Aufnahmealter zwischen 3 und 6 Jahren). [^]
- Seit dem Schuljahr 2021/2022. [^]
- Keine Teilnahme. [^]
- Keine Angaben. [^]
- Angabe nicht vom Ministerium, sondern von der HSU-Lehrperson in einem Ort. [^]
- Kommentar: „Ein genaues Bild, welches Fach in welchem Umfang vermittelt wurde bzw. wird, hängt von der konkreten Situation an der einzelnen Schule vor Ort ab und wird nicht erfasst“. [^]
- Seit dem Schuljahr 2021/2022. [^]
- Nach dem 01.01.2023. [^]
- Bei der Antwort wurde die Option „Rahmenplan“ ausgewählt, die jeweiligen Rahmenpläne wurden von den Autorinnen nachrecherchiert. In Berlin gibt es den Rahmenlehrplan Erstsprachenunterricht (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Berlin o. J.). [^]
- Kommentar dazu: „Dieser Unterricht der ukrainischen Samstagsschule lag nicht in der Verantwortung der BSB. Daher können hierzu keine Angaben gemacht werden.“ [^]
- Zur Samstagsschule kam ein staatlich organisiertes HSU-Angebot in Ukrainisch hinzu. [^]
- In Hamburg werden Rahmenpläne derzeit überarbeitet: Es gibt den Bildungsplan Grundschule Herkunftssprachen, die Rahmenpläne Herkunftssprachen des Bildungsplans Stadtteilschule Jg. 5–11 und des Bildungsplans Gymnasium Sek I sind bis zum Ende des Schuljahres 2023/2024 gültig, danach treten die Rahmenpläne Neuere Sprachen des Bildungsplans Stadtteilschule - Jahrgangsstufen 5-11 und des Bildungsplans Gymnasium - Sekundarstufe I, die es aktuell noch als Entwürfe gibt (https://www.hamburg.de/steigerung-der-bildungschancen/14243862/herkunftssprachenunterricht/, 23.03.2024). [^]
- Rahmenplan Herkunftssprachenunterricht (Rheinland-Pfalz Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur 2012). [^]
- Lehrplan Herkunftssprachlicher Unterricht Grundschule (Saarland Ministerium für Bildung und Kultur 2019). [^]
- Kommentar: „Ein genaues Bild, welches Fach in welchem Umfang vermittelt wurde bzw. wird, hängt von der konkreten Situation an der einzelnen Schule vor Ort ab und wird nicht erfasst“. [^]
- Rahmenpläne für den herkunftssprachlichen Unterricht Handreichung für Lehrerinnen und Lehrer (Sächsisches Bildungsinstitut 2015). [^]
- Darunter fallen u. a. drei Formate: 1) Distanzunterricht, der von der zuvor besuchten Schule in der Ukraine angeboten wird (die Strukturen dafür wurden für den Unterricht in der Zeit der Corona-Pandemie entwickelt, angesichts der aktuellen Kriegsgeschehnisse können jedoch nicht alle Schulen den Distanzunterricht anbieten); 2) der Unterricht der Allukrainischen Online-Schule (Всеукраїнська школа онлайн), die im Auftrag des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft der Ukraine entwickelt wurde und Videoeinheiten, Tests und Aufgaben für 5. bis 11. Schulstufen anbieten; 3) Unterricht privater Anbieter (als kostenloses oder kostenpflichtiges Angebot). [^]
- Unterricht, der in den sog. ukrainischen Klassen, der von einer Lehrperson aus der Ukraine durchgeführt wird. [^]
- Keine der acht befragten ukrainischen Schulen wurde von einem ukrainischen Konsulat oder der ukrainischen Botschaft organisiert. [^]
- https://ua-schule.de/de/ueber-uns-de/, 23.03.2024. [^]
- Kinder im Vorschulalter (je nach dem Aufnahmealter zwischen drei und sechs Jahren). [^]
- Das Gründungsjahr wurde nachrecherchiert. [^]
- Kommentar (sprachlich angepasst): Als Bemerkungen oder Wahlunterricht anstelle von Noten finden sich die Vermerke „teilgenommen“, „mit Erfolg teilgenommen“, „mit gutem Erfolg teilgenommen“ oder „mit sehr gutem Erfolg teilgenommen“. Nicht alle Schulen haben die Vermerke 2023 ins Zwischenzeugnis eingetragen. Manche es akzeptieren nicht. [^]
- Das Gründungsjahr wurde nachrecherchiert (https://ridneslowo.de/de/%D0%BF%D1%80%D0%BE-%D0%BD%D0%B0%D1%81/, 31.03.2024). [^]
- Kommentar dazu: Es ist geplant, sich um den Eintrag ins Zeugnis zu bemühen; einige Schule tragen die Teilnahme am HSU bereits ins Zeugnis ein. [^]
- Die Präsentation von Kadir Çetin, Ansprechpartner für den Herkunftssprachlichen Unterricht im Ministerium für Bildung und Kultur Saarland am 01.03.2024 im Rahmen der Online-Veranstaltung „Wissenschaft und Praxis im Dialog“ des BMBF-gefördertenVerbundprojektes HSU-Interregio. [^]
- In Hamburg kann der HSU neben der Option als „zusätzliches Unterrichtsangebot von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II“ auch als weitere Sprache im Wahlpflichtbereich bzw. als Wahlpflichtfach in der Sekundarstufe I, als weitere Sprache zur Erfüllung der Belegauflage nach § 7 Absatz 3 APO-AH in der Sekundarstufe II und als Kernfach in der Studienstufe besucht werden (Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg 2021: 7). [^]
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Kurzbio
Ass.-Prof. Dr. Lesya Skintey ist Assistenzprofessorin mit dem Schwerpunkt Zweitspracherwerb Deutsch in mehrsprachigen Kontexten im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter am Institut für Germanistik der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Erwerb des Deutschen als Zweitsprache, Mehrsprachigkeit und Mehrsprachigkeitsdidaktik, Ukrainisch als Herkunftssprache und Herkunftssprachenunterricht sowie Lehrer*innenprofessionalisierung im Bereich Sprachbildung, Mehrsprachigkeit und Deutsch als Zweitsprache.
Doc. Dr. Oksana Turkevych ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Slawistik und Hungarologie der Sprach- und literaturwissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (MSCA4Ukraine Programme of the European Commission). Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Ukrainisch als Fremdsprache, Ukrainisch als Herkunftssprache und Herkunftssprachenunterricht sowie Lehrer*innenprofessionalisierung im Bereich Sprachbildung, Mehrsprachigkeit und Ukrainisch als Fremd- und Herkunftssprache.
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