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Aufsatz außerhalb des Themenschwerpunkts

Interkulturelles Sprachenlernen in europäischer Perspektive – eine Projektskizze des MONTAIGNE-Programms 1. Teil: Grundlagen

Abstract

Das geplante studentische MONTAIGNE-Austauschprogramm greift mit verändertem Vorzeichen das Versprechen auf, ein europäisches Zusammengehörigkeitsgefühl über den Spracherwerb zu schaffen. Es handelt sich formal um einen Spezialfall des interkulturellen Spracherwerbs im Erwachsenenalter. Inhaltlich ist dabei der Spracherwerb in eine existentiell bedeutsame neue Vergemeinschaftungsform eingebettet. Die Äquivokation der Bezeichnung ‚Europa‘ sowie das von der EU beanspruchte Deutungsmonopol über das, was ‚europäisch‘ ist, verbietet es, sich an das ERASMUS-Programm anzuschließen. Ausgehend von Grundbegriffen der Neuen Phänomenologie wird der Spracherwerb als Teil der Lebenspraxis aufgefasst und mit dieser auf dem ‚Nullniveau‘ einsetzen. Studierenden aller Fachrichtungen soll die Möglichkeit geboten werden, sich während eines Urlaubssemesters ohne Fachveranstaltungen in einer unbekannten kulturellen europäischen Umgebung und Sprache einzuleben. Das Ziel ist keine funktionale, sondern eine affektive plurilinguale und plurikulturelle Kompetenz mit der Aussicht auf eine sekundäre Epigenese der Person als Europäer bzw. Europäerin.

Intercultural Language Learning in a European Perspective - a project outline of the MONTAIGNE programme Part 1: Fundamentals    
The planned MONTAIGNE student exchange programme takes up, with a change of sign, the promise of creating a European sense of belonging through language acquisition. The programme is formally a special case of intercultural language acquisition in adulthood. In terms of content, language acquisition is embedded in an existentially significant new communitization form. The equivocation of the term 'Europe' and the EU's claimed monopoly on the interpretation of what is 'European' make it impossible to join the ERASMUS program. Relying on basic concepts of the New Phenomenology, language acquisition will be seen as part of life practice and will start with it at the ‘zero level’. Students from all disciplines will be offered the opportunity to settle into an unknown European environment and language during a semester of leave without specialised courses. The aim is nota functional but an affective plurilingual and pluricultural competence with the prospect of a secondary epigenesis of the person as a European.

Keywords: Spracherwerb als Lebenspraxis, Situation, Europa als affektiver Raum, methodologischer Situationismus, language acquisition as life praxis, situation, Europe as affective space, methodological situationism

How to Cite:

Müller-Pelzer, Werner (2024): Interkulturelles Sprachenlernen in europäischer Perspektive –eine Projektskizze des MONTAIGNE-Programms. 1. Teil: Grundlagen. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 29: 1, 329–349. https://doi.org/10.48694/zif.3622.

Vorbemerkung

Nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch wird mit der vorgestellten Spielart des interkulturellen Spracherwerbs Neuland betreten: Die von Hermann Schmitz (1928–2021) begründete Neue Phänomenologie spielt dabei die entscheidende Rolle. Da diese Denkrichtung vielen Leserinnen und Lesern noch nicht bekannt sein dürfte, sind grundsätzliche Erläuterungen unerlässlich. Insbesondere gilt dies für die These, den Spracherwerb als Teil des Sich-Einlebens in einer unbekannten Lebenspraxis aufzufassen. Angesichts des begrenzten Raumes für einen Aufsatz wird deshalb im vorliegenden ersten Teil die theoretische Fundierung des Programmes vorgestellt. In einem zweiten Teil („Anwendung“) soll die geplante praktische Durchführung erläutert werden.

1 Über die neuphänomenologische Methode des MONTAIGNE-Projektes

„Sprache das heißt Sprachen“ (Weinrich 2001): Dieser häufig zitierte Buchtitel lädt dazu ein, die Beschäftigung mit einer Sprache in den weiten Zusammenhang der Sprachenvielfalt und der mehrsprachigen Praxis zu stellen. Im Hinblick auf den interkulturellen Sprachunterricht könnte man daran die Einladung anhängen: Spracherwerb, das heißt Spracherwerb aus einer bedeutsamen Lebenspraxis. Es empfiehlt sich, (noch) nicht von Kulturen zu sprechen, weil es dann naheliegt, unmittelbar zum Spracherwerb unter den Bedingungen der jeweils vorfindlichen Mehrkulturalität überzugehen, ohne die Einbettung von Sprachen in einen bedeutsamen Lebenszusammenhang grundsätzlich bedacht zu haben. Insofern ist zwischen der Mehrsprachigkeit etwa in Indien oder in Indonesien und der Mehrsprachigkeit in Europa zu differenzieren. Die hier vertretene Konzeption impliziert die Auffassung, dass bei der Einschätzung der europäischen Mehrsprachigkeit die präreflexive Lebenserfahrung einzubeziehen ist. Sprache wird also nicht lediglich als kommunikatives Instrument für Konzepte verstanden. Neben der Verschlingung von Sprache und Denken (vgl. das Resümee bei Trabant 2003: 322–325) und darüber hinaus ist die noch unberücksichtigte Rolle der Sprache als Explikation präreflexiver, noch nicht vereinzelter Erfahrungen einzubeziehen. Die Bedeutsamkeit dieses Erfahrungsbereichs lässt sich mit einem Seitenblick auf das uneuropäische Globalese erläutern. Jürgen Trabant (2014: 184) hat die Implikationen des globalen Englisch in aller Deutlichkeit benannt: Subjektivität und Historizität natürlicher Sprachen werden damit eliminiert. „Ich habe zwar noch Zeichen, aber keine Sprache.“ Heute kann man ergänzen: Ich habe nur noch Daten, die dank der Künstlichen Intelligenz (KI) über Algorithmen beliebig verarbeitet, bearbeitet und für praktische Zwecke eingesetzt werden können. Wer über die Zwecke bestimmt, bleibt im Dunkeln. Ob ein EU-weites Gesetz zur Kontrolle von KI-Anwendungen nun ‚scharf‘ oder ‚weich‘ ausfällt, spielt keine Rolle, weil das Prinzip der „Ideologie totaler Vernetzung“1 nicht in Frage gestellt wird. Mit der Einbeziehung der präreflexiven Erfahrung versteht sich das MONTAIGNE-Programm als Beitrag, dass die Wirklichkeit nicht auf das reduziert wird, was als Netz beliebig umknüpfbarer Konstellationen objektivierbar ist und sich in Datenformaten fassen lässt.

Sich zum Thema ‚europäische Mehrsprachigkeit‘ zu äußern, fordert in besonderer Weise zur Besinnung auf: Um welchen Sachverhalt es sich bei Europa handelt, ist durchaus strittig. So kommt der Wiener Historiker Wolfgang Schmale zu dem Ergebnis, dass die häufig beschworene europäische Identität im Verlauf der Jahrhunderte „praktisch-politischen Nützlichkeitserwägungen“ (Schmale 22010: 40–42) gehorcht habe. Von einem über die Jahrhunderte durchgehaltenen, positiv bestimmbaren Begriffsgehalt könne keine Rede sein. Europa habe inzwischen die Struktur eines potenziell globalen Netzwerks angenommen. Schmale resümiert: Europäische Identität sei „als globaler Hypertext“ (Schmale 22010: 147) zu betrachten, „durch Differenz, weniger durch Einheit geprägt“ (162). Demgegenüber scheint die Politik von dieser oder ähnlichen Diagnosen nicht sonderlich beeindruckt zu sein. So hat etwa Emmanuel Macron u.a. in seiner programmatischen Sorbonne-Rede (2017) die Auffassung vertreten, Europa verschmelze immer mehr mit der Europäischen Union im „projet européen“, so dass die EU für Europa sprechen könne. Das gewagte Motto seiner Rede lautete deshalb: „Refonder l’Europe“, nicht etwa ‚Refonder l’Union européenne‘. Der kühne Anspruch, auch die affektive Bindung an die kulturellen Werte von Antike und Europa en bloc für die EU zu reklamieren, war allerdings bereits zuvor von Hans Joas (2012) als „Selbstsakralisierung Europas“ kritisiert und auch von anderen Autoren zurückgewiesen worden.2 Aus einer anderen Perspektive hatten zudem Wissenschaftler unterstrichen: Einen europäischen Demos gebe es nicht und werde es mittelfristig vermutlich auch nicht geben (vgl. Böckenförde 1976; Judt 1996; Winkler 2017: 31). Da Europa eine disparate Mischung historischer und kultureller Vielfalt und Gegensätze darstelle, sei es nicht möglich, eine demokratische Legitimität nach der Art der Nationalstaaten anzustreben. Aus diesen Gründen plädierten manche Forscher, man müsse auf ambitionierte Konstruktionen wie die EU verzichten (vgl. Judt 1996). Sozialwissenschaftliche Autoren vertraten hingegen die Auffassung, man müsse die post-nationale Demokratie auf einer rationalen politischen Identität der Europäer (vgl. Meyer 2009) ohne affektive Bindung aufsetzen (vgl. kritisch dazu Bach 2008) und den traditionellen Prozess demokratischer Entscheidungsfindung der komplexen Realität anpassen (vgl. Cerutti 2009; Habermas 2011; Meyer 2004; dazu kritisch Münch 2008: 380–383). Der Verfassungsrechtler Dieter Grimm (2016) sieht seinerseits das Hauptproblem des europäischen Zusammenschlusses darin, dass der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit seiner Rechtsprechung die politischen Kompetenzen zunehmend von den demokratisch gewählten Regierungen und Parlamenten zum Europäischen Rat verlagert habe, der von den Bürgern nicht demokratisch legitimiert ist; auch das Parlament der Europäischen Union (EP3) könne wegen der Abhängigkeit von den nationalen Willensbildungsprozessen die Legitimationslücke nicht schließen. Deshalb trägt Grimms Buch den vielsagenden Titel: „Europa ja – aber welches?“

Wollte man weitere wissenschaftliche Disziplinen zur Klärung heranziehen, würde sich die deutlich gewordene Äquivokation der Bezeichnung ‚Europa‘ noch vergrößern: Der gesuchte Sachverhalt scheint sich der Behandlung mit einer wissenschaftlichen Standardmethode zu entziehen. Je nach ihrer fachlichen Perspektive schneiden sich die thematisch involvierten Disziplinen gleichsam eine Portion von Sachverhalten, Programmen und Pro-blemen heraus, die unter den jeweiligen methodischen Grundannahmen bearbeitet werden. Nichtsdestoweniger werden Norweger, Schweizer, Serben oder Engländer in anderen Erdteilen ohne Zweifel als Europäer bezeichnet, und die Genannten würden diese Kategorisierung wohl auch für zutreffend halten, obwohl sie Bürger und Bürgerinnen von Ländern sind, die nicht zur aktuellen EU gehören. Für die Beantwortung der Frage: ‚Was bedeutet Europa für Sie?‘, dürften alle Befragten – ob nun aus einem EU-Land oder nicht – auf ihre Lebenserfahrung zurückgreifen, die sich auf vielsagende, d.h. charakteristische, aber binnendiffuse Eindrücke stützt, die umschrieben, aber in keiner Weise vollständig und abschließend objektiviert werden können. Analog zu Fragen vom Typ: ‚Was bedeutet für Sie Frankreich?‘, kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Fall von Europa eine endliche Liste von Konstellationen aus Sachverhalten, Programmen und Problemen eine erschöpfende Antwort ergeben würde. Es ist die subjektive Lebenserfahrung, die sagt, was Europa für einen bedeutet – unbenommen des schwer überschaubaren und unabschließbaren Wissens darüber. Mit ein wenig hermeneutischem Geschick wird man darüber hinaus vorläufige intersubjektive Übereinstimmungen benennen können, die sich auf den zunächst antiken, dann europäischen Zivilisationstyp beziehen.

Sich auf die Lebenserfahrung zu berufen, ist für positivistisch arbeitende Wissenschaften allerdings nur ein ‚schwaches‘ Argument; für die Neue Phänomenologie4 hingegen ist dies ein ‚starkes‘ Argument: Sie hat den Anspruch, von der vorsprachlichen, präreflexiven Erfahrung auszugehen. Der erfragte Sachverhalt (‚Was bedeutet für Sie Europa?‘) sowie die eventuell damit verbundenen Programme und Probleme betreffen subjektive, häufig vielsagende Eindrücke der Lebenserfahrung, die zum präreflexiven Bereich der chaotischen Mannigfaltigkeit (vgl. Schmitz 21995: 65–67) gehören, wie beispielsweise auch ein menschliches Gesicht, eine Gefahrensituation, eine Stimme oder ein kollektives Gefühl: Diese können trotz eingehender Versuche nicht in aufzählbare Einzelheiten zerlegt werden, sondern sind noch unentschieden hinsichtlich Identität und Verschiedenheit, verschwimmen aber nicht, sondern treten aus der zähflüssigen, binnendiffusen Mannigfaltigkeit erst bei passender Gelegenheit als charakteristische Ganzheit hervor. Möglich macht dies „der binnendiffuse, chaotisch-mannigfaltige Charakter des Hofes der Bedeutsamkeit“ (Schmitz 1997: 29–30), der von Eindrücken ausgeht. Hermann Schmitz, der Begründer der Neuen Phänomenologie, fasst dies mit einem neuen terminus technicus, dem der Situation, zusammen.5 Der Begriff der Lebenserfahrung, wie er im vorliegenden Text verwendet wird, ist also ein Sammelbegriff für die (phänomenologisch noch zu differenzierenden) Situationen, wird also nicht im Sinne einer Sozial- oder Kulturtheorie auf die ausdifferenzierten Manifestationen und Regeln (Konstellationen) in einer Gesellschaft reduziert.

Sich neuphänomenologisch informiert mit dem Spracherwerb im Rahmen des MONTAIGNE-Programms zu beschäftigen,6 bedeutet, dass man sich im Hinblick auf die Studierenden eines eingeführten spracherwerbstheoretischen Begriffs enthält – und sei es ein hypothetischer. Diese Maxime hat die Funktion, die Offenheit für die vielsagenden Eindrücke und das subjektive Affiziert-Werden durch sie soweit möglich aufrecht zu erhalten.7 Hintergrund ist die grundsätzliche Revision der tradierten Philosophie, von welcher die Neue Phänomenologie ihren Ausgang nimmt. Sich der chaotischen Mannigfaltigkeit, d.h. der vorbegrifflichen Ebene der Erfahrung philosophisch zuzuwenden, geht von der Einsicht aus, über die Schmitz sagt: „In Wirklichkeit ist Wahrnehmen nicht so sehr ein Registrieren von Objekten oder Sinnesdaten wie vielmehr eine Subjekt und Objekt im Sich-einspielen und Eingespieltsein auf einander umgreifende Kooperation, die ich […] als Einleibung bezeichnen werde.“ (Schmitz 21995: 66) Die phänomenologische Vorgehensweise setzt also nicht auf der abgehobenen Ebene der Begriffe ein, wie es die Wissenschaften tun, sondern beim leiblichen Spüren.8

Die unwillkürliche Lebenserfahrung, verstanden als Inbegriff alles dessen, was Menschen merklich widerfährt, ohne dass sie es sich absichtlich zurechtgelegt haben, ist die einzige verlässliche Erkenntnisquelle für alle Wissenschaften, die nicht bloß mit formaler Logik operieren. (Schmitz 2007, Bd. 2: 820)

Nun ist es aber nicht möglich, von der entfalteten Ebene des begrifflichen Denkens auf die Ebene der unwillkürlichen Lebenserfahrung zurückzugreifen und gleichsam im Handstreichverfahren ‚die Dinge richtig zu stellen‘. Objektive (d.h. affektiv neutrale) Sachverhalte und ggf. Tatsachen sind nach Schmitz „verarmte“, auf relevante Konstellationen reduzierte Ergebnisse ursprünglich reicher subjektiver Tatsachen (Schmitz 2009: 29–34). Deshalb können diese nicht von der reduktiven Ebene begrifflicher Abstraktion aus rekonstruiert werden. Mit einem Stufenmodell veranschaulicht Schmitz die Lage: Zwischen der unwillkürlichen Lebenserfahrung einerseits und der abstrakten Ebene der Begriffe, Theorien und Bewertungen andererseits liegt als Abstraktionsbasis

[…] die zäh prägende Schicht vermeintlicher Selbstverständlichkeiten, die […] den Filter bildet. Die Abstraktionsbasis entscheidet darüber, was so wichtig genommen wird, dass es durch Worte und Begriffe Eingang in Theorien und Bewertungen findet. Deshalb sind gegensätzliche Theorien und Bewertungen auf derselben Abstraktionsbasis möglich. (Schmitz 1998: 7)9

Die Schwierigkeit, bei der Bezeichnung ‚Europa‘ zu verlässlichen Erkenntnissen zu gelangen, illustriert die Wirkung dieser „zäh prägenden Schicht vermeintlicher Selbstverständlichkeiten“, die weitgehend unbeachtet in die Bewertung eingehen. Danach besteht die erste Aufgabe einer kritischen Phänomenologie darin, diese vermeintlichen Selbstverständlichkeiten der Tradition zu benennen, um zu verstehen, inwiefern sie den Blick auf die unwillkürliche Erfahrung verstellen und den in Theorien verwandten Begriffen ihren Zuschnitt verliehen haben; danach lässt sich auch die historische Folgewirkung der Begriffe besser verstehen. Die Entscheidung der Neuen Phänomenologie, im Vollsinn empirisch10 einzusetzen, bedeutet deshalb, neu zu bildende Begriffe in unüblicher Weise ausgehend von einer niedrigen Abstraktionsbasis zu bilden, die sich der leiblich bestimmten Lebenserfahrung annähert. Die Neue Phänomenologie ist deshalb zunächst Leibphänomenologie. Die Begriffe der Neuen Phänomenologie sind insofern heuristisch, um in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen zu einer Verständigung zu gelangen.

Die Phänomenologie verzichtet von vornherein auf den Anspruch, ihre Objektivität dadurch zu erweisen, daß ihre Befunde jedem Normalsinnigen vorgemacht werden, so daß er sie zugeben muß. Sie baut auf die Selbstbesinnung des Einzelnen, der sich fragt: ‚Was muß ich gelten lassen?‘ (Schmitz 2002: 36) Konkret ist damit das eigenleibliche Spüren ohne Rückgriff auf das Tasten gemeint, das Affiziert-Werden von vielsagenden Eindrücken, die wechselseitige Resonanz in leiblicher Kommunikation sowie das Affiziert- bzw. Ergriffen-Werden von Gefühlsatmosphären.

Der wichtigste Ertrag phänomenologischer Objektivität ist die Öffnung des Blickes für Zusammenhänge, die durch einseitig gerichtete Einstellungen, oft schon durch eine zu hoch über der unwillkürlichen Lebenserfahrung angelegte Abstraktionsbasis, verdeckt werden. (Schmitz 2002: 37)

Gernot Böhme ergänzt: „[Es] zeigt sich, dass in der Tat die Phänomenologie die genuine Erkenntnisweise für den Leib ist. Denn sie untersucht, was man den menschlichen Körper nennt, in subjektiver Gegebenheit, im Medium des Sich-Spürens.“ (Böhme 2003: 47)

Im vorliegenden Zusammenhang des Spracherwerbs muss zur Verdeutlichung auf das Beispiel des Wir-Gefühls eingegangen werden, dessen Stärkung den ERASMUS-Studierenden früher verheißen wurde.11 Die EU ist der Überzeugung, dieses und andere Gefühle ließen sich mit der üblichen psychologischen Befragungsmethodik zu objektiven Daten (Konstellationen) verdichten und für die politische Argumentation verwenden (vgl. DAAD-Wirkungsstudie 2016). Das subjektive, in Situationen aufgehängte, aber nur teilweise objektivierbare Lebensgefühl kann jedoch von den konventionellen statistischen Erhebungen nicht erfasst werden.12 Das künstliche Arrangement der Befragungen führt zu einer Auflösung des Lebensvollzugs, um die es bei einem aktuellen Wir-Gefühl gerade geht: Entsprechend dem unterschwellig wirkenden nominalistischen Modell der Vereinzelung von allem werden Individuen befragt – neuphänomenologisch gesprochen: aus den einbettenden gemeinsamen Situationen herausgelöst. Die kognitiv zunächst kaum merklichen atmosphärischen Veränderungen führen – so Hans Bernhard Schmid – zu einer Verzerrung der Wahrnehmung:

Reflexiv-thematisches und vorreflexiv-unthematisches Wir-Bewußtsein können radikal auseinanderklaffen; vielleicht täuschen wir uns in unserem reflexiven kollektiven Selbstverständnis tatsächlich gründlichst darüber, wer wir in Tat und Wahrheit sind – ‚Wir‘ im Sinne des lebendigen, vorreflexiv-unthematischen Wir-Bewusstseins. Eine Sozialwissenschaft, die ihren Begriff der Wir-Gruppe stark an den kollektiven Wir-Identitäten orientiert, wie sie im Erleben der Menschen selbst im Zentrum stehen und deshalb diesem Erleben direkt zu entnehmen sind, muß zwangsläufig den Riß aus den Augen verlieren, der zwischen dem expliziten ‚Wir‘ unserer reflexiven sozialen Selbstidentifikation und dem impliziten ‚Wir‘ unserer lebendigen intentionalen Praxis besteht. (Schmid 22012, 102–103)

Was die EU-Befragungen widerspiegeln, sind demnach jene „Selbstverständlichkeiten“, die über Europa im Umlauf sind. Dass den Auftraggebern der zitierten DAAD-Studie diese Problematik nicht bewusst zu sein scheint, lässt sich aus der Unkenntnis qualitativer, phänomenologisch informierter Befragungsmethoden wie Salber (2009) und Clarke (2011) schließen.13 Statt wie bei den ERASMUS-Befragungen die Zahl von likes zu zählen und Aussagen nach „mehr“ oder „weniger“ zu gewichten, um zu praktisch verwertbaren Konstellationen zu kommen, geht es im MONTAIGNE-Programm14 darum, von dieser trügerischen Objektivität Abstand zu gewinnen.

Die für selbstverständlich gehaltene Annahme, sich mit Hilfe einer gewissenhaften Analyse ein objektives Bild von der Welt machen zu können, liegt nicht allein den EU-Befragungen zugrunde, sondern führt zurück zur Entstehung der exakten Wissenschaften bei den griechischen Philosophen der Antike. Die von diesen vorgenommene „Zerschlagung der vielsagenden Eindrücke auf der Gegenstandsseite der Wahrnehmung“ (Schmitz 21995: 21), welche die Lebenserfahrung charakterisieren, ist seit Demokrit und Platon für die Entwicklung des philosophischen Denkens bestimmend geworden. Statt wie in der frühen mythischen Welterfahrung von Impulsen, Eindrücken, leiblichen Regungen, heftig ergreifenden Gefühlen usw. heimgesucht zu werden, wird das Ich als zentrale Kontroll- und Steuerungsinstanz eingeführt. Am Ende dieser Umprägung steht das Modell eines Menschen, der auf einem stabilen Niveau personaler Emanzipation den Dingen gegenübertritt und für sein Handeln rechenschaftsfähig wird. Die Ding-Ontologie entwertet jedoch zugleich die spontane, präreflexive Lebenserfahrung: Sie wird auf die Gegenstände reduziert, die more geometrico im zentralen Gesichtsfeld erfassbar und auf wenige Merkmale reduziert sind. Die Abstraktionsbasis der Begriffsbildung, die bei der Verhältnisbestimmung von Selbst und Welt zugrunde gelegt wird, ist damit sehr schmal (vgl. Schmitz 1999: 13). Die darauf aufbauende Anthropologie ist das Ergebnis einer Aufspaltung der Wirklichkeit in eine Außenwelt der bestimmten, festen und manipulierbaren Dinge und in eine Innenwelt (in der europäischen Tradition die „Seele“), in der die nur unvollkommen objektivierbaren, flüssigen und sich der Kontrolle entziehenden leiblichen Regungen und Strebungen, Erregungen und Eindrücke untergebracht wurden (Schmitz 21995: 36). Damit wurden ganze Phänomenbereiche (z.B. Gefühle) zerschnitten bzw. verdreht (die Wahrnehmung als leibliche Kommunikation) oder geleugnet (Situationen, darunter die vielsagenden Eindrücke und die Subjektivität). Besonders schlimm traf es den Leib, der für 2500 Jahre für die philosophische Besinnung unsichtbar wurde: „[…] dieser verschwindet zwischen Körper und Seele wie in eine Gletscherspalte“ (Schmitz 2014: 8). Dieser Reduktionismus schwächt erheblich, was als Inbegriff des europäischen Zivilisationstyps bezeichnet wird.15

Die Absicht, den Fremdsprachenerwerb in europäischer Perspektive zu untersuchen, problematisiert mit der Benennung ‚Europa‘ also zugleich den üblichen wissenschaftlichen Umgang mit der Lebenspraxis, in die die europäischen Sprachen eingebettet sind und aus der sie hervorgehen. Es stellt sich damit die Frage, wie man sich den Spracherwerb ausgehend von der chaotischen Mannigfaltigkeit konkret vorstellen soll.

2 Sprachenlernen in einer veränderten Lebenspraxis

Abweichend von der Phänomenologie, die an Husserl anschließt, ist für die Neue Phänomenologie nicht das intentionale Bewusstsein, sondern das leiblich-affektive Betroffensein das Erste und Wichtigste, mit dem Menschen zu tun haben und was sie ihr Leben lang begleitet.16 Häufig ist zu beobachten, dass dabei das Affiziert-Werden nicht vom Affizieren zu trennen ist – wie etwa beim Händedruck oder beim embrassement/abracio/abrazo/îmbrățişare; hier greifen das leibliche Spüren und die leibliche Kommunikation mit anderen ineinander und lassen sich in vielen Fällen analytisch nur unvollkommen voneinander trennen. Andererseits dürfte etwa der vielsagende Eindruck, der von einem Gesicht oder einem Porträt ausgeht, ohne affizierende Antwort bleiben, sofern ein Gegenüber fehlt. Es lassen sich also einseitige Einleibung (wie etwa die beim Bildbetrachten anzutreffende Spielart leiblicher Kommunikation) und wechselseitige Einleibung (beim Händedruck usw.) unterscheiden. Damit ist ein zentrales Strukturmerkmal der Lebenserfahrung genannt, die zur Entwicklung der Leibphänomenologie von Hermann Schmitz geführt hat. Dank der strukturellen Übersichtlichkeit und Kombinierbarkeit der Faktoren spricht der Autor selbst vom „Alphabet der Leiblichkeit“17.

Die Leiblichkeit als Grundlage hat sich inzwischen als anschließbar an embodiment-Konzeptionen (vgl. Gallagher 2012) und als Korrektiv leib-körperlicher Thesen erwiesen, die ausgehend von der älteren Phänomenologie entwickelt worden sind (vgl. Lindemann 2014). Neuerdings sind die Neuphänomenologische Humangeographie (vgl. Hasse 2014; 2023) und Soziologie (vgl. Gugutzer 2017; Uzarewicz 2011) entstanden, die sich ausdrückliche auf Hermann Schmitz berufen. Eine zentrale Aussage von Gugutzer lässt sich auf das Zusammentreffen der europäischen Studierenden an ihrem Hochschulort übertragen: „Wo niemand affizierbar ist, also keine Leiber, sondern nur leblose Körper involviert sind, ist Sozialität nicht möglich. Sozialität setzt Leiblichkeit voraus.“ (Gugutzer 2017: 150) Der Terminus Lebenspraxis wird dementsprechend weder im Sinn einer von abstrakten Begriffen ausgehenden Sozialtheorie noch im Sinn einer historischen Gesellschaftstheorie verwendet, sondern im phänomenologischen Sinn der leiblich geprägten gemeinschaftlichen Lebenserfahrung. Ausgehend von der gemeinsamen Situation als Grundform des Zusammenlebens kann man von einem methodologischen Situationismus im Unterschied zu einem methodologischen Individualismus sprechen (vgl. Gugutzer 2017: 149–151).

Die verbreitete Auffassung, man verstehe einen anderen Menschen in erster Linie über das, was er mitteilt, muss also korrigiert werden. Gespräche z.B. sind als leibliche Kommunikation zunächst Teil der vorbegrifflichen, präreflexivien Erfahrung (zu den nicht rationalen und nichtsprachlichen Abstimmungs- und Verständigungsprozessen vgl. Gugutzer 2017: 154): Der wechselseitige Austausch vielsagender Eindrücke (Proxemik, Stimme, Gestik, Mimik18) kulminiert im Blickwechsel, einem der wichtigsten Kanäle der Einleibung. Das subjektive Spektrum zwischen leiblicher Attraktion und Repulsion wird ausgelotet, gespürte Gemeinsamkeiten werden geprüft, die Vertrauensfähigkeit abgewogen und die ursprünglichen Absichten der neuen Situation angepasst sowie zu erwartende Verhaltensweisen abgeschätzt. Das aneinander Maßnehmen weist den Blick als Prototyp wechselseitiger antagonistischer Einleibung aus und stiftet ein gemeinsames atmosphärisches Vorgefühl zwischen den Partnern, so dass man zu spüren meint, worauf man sich bei dem Gegenüber einzustellen hat. Selbst wenn sich dieser Eindruck nicht oder nur teilweise bestätigen sollte, bleibt der atmosphärische Eindruck ein Mittel der vorsprachlichen Orientierung in einer neuen gemeinsamen Situation. Die Situation der Gruppenbildung der europäischen Studierenden zu Beginn des Europa-Semesters, d.h. die allgegenwärtige latente Einleibung, sorgt für hinreichend zahlreiche Gelegenheiten, dass etwa aus einem von Sympathie getragenen Mitmachen über die dauerhafte leibliche Kopräsenz die manifeste Einleibung und daraus eine kollektive Atmosphäre entsteht (vgl. Landweer 2016: 151–154).

Peter Sloterdijk hat in seiner Weise von einer „proxemischen Anthropologie“ (2012: 27) gesprochen, die die klimatischen „Nähe-Beziehungen“ als atmosphärisch aufgeladene Sphären bezeichnet, durch welche sich die Menschen in ihrer Umgebung zuerst finden. So wissen sie

[…] auf der Stelle, woran sie sind – mit sich selbst und mit anderen und allem. In Atmosphären sind sie eingetaucht, aus Atmosphären spricht zu ihnen das Offenbare. Durch Immersion ins leitfähige Element sind sie ursprünglich da und für Umgebung offen. Der Raum als Atmosphäre ist nichts als Schwingung oder reine Konduktivität (vgl. Gosztonyi 1976: 1255). (Sloterdijk 2012: 28; Hervorhebungen im Original)

Bereits Gernot Böhme hatte unterstrichen: „Das primäre Thema von Sinnlichkeit sind nicht die Dinge, die man wahrnimmt, sondern das, was man empfindet: die Atmosphäre.“ (Böhme 1995: 15) Gemeinsame Situationen sind insofern vor jedem Gespräch Heimstätten kollektiver Atmosphären.

Atmosphären sind Ausdrucksphänomene, genauer Phänomene, bei denen der Ausdruck einer Gestalt leiblich beeindruckt, d.h. das Fühlen anspricht und Impulse zum Mitschwingen setzt. […] Das Fühlen als leibliches Spüren ist in dieser Perspektive eine Art Resonanzraum für Ausdrucksphänomene. (Großheim/Kluck/Nöremberg 2014: 9, Hervorhebungen im Original).

Die Einleibung als Fühler für das, ‚was atmosphärisch los ist‘, dürfte sich also auf besondere Weise beim Erschließen eines kollektiven Resonanzraumes bewähren, wie er bei der Gruppenbildung unter europäischen Studierenden entstehen kann:

Kollektive oder gemeinsame Atmosphären sind stets an gemeinsame Situationen gebunden, während gemeinsame Situationen auch ohne gemeinsame Atmosphären vorkommen. […] Das dürfte daran liegen, dass sie [die kollektiven Atmosphären, W.M.-P.] auf Einleibung beruhen. […] Einleibung ist die Heimstätte gemeinsamer Atmosphären und gemeinsamer Situationen. (Schmitz 2014: 50, 56, 58)

Damit zeichnet sich der außerordentliche Stellenwert ab, den die Einleibung als Spielart der leiblichen Kommunikation für die Verständigung über kulturelle Schwellen hinweg haben kann (vgl. Müller-Pelzer 2021). „Die Gefühle transportieren nicht nur Atmosphären, sondern auch in Atmosphären gebundene Situationen.“ (Schmitz 2019: 30)

Die neue Lebenspraxis imponiert danach zunächst als Atmosphäre, ob nun leiblich als hintergründige Stimmung spürbar oder als leiblich ergreifende, bisweilen auch überwältigende Erregung, ohne Namen und Herkunft. Die subjektive Perspektive der erlebenden, leiblich affizierten und affizierenden Studierenden, d.h. „wofür und wogegen sie sich mit Wärme einsetzen“ (Schmitz 2003: iii), nicht das subjektive Bewusstsein steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Handeln bezeichnet hier das Einleben in der Lebenspraxis19 von Menschen einer unbekannten europäischen Kultur und diese Erfahrung begleitend das Einwachsen in die unbekannte Sprache als Teil dieser Praxis.20 Sich-Einleben und Einwachsen ist kein bewusst intentionales Agieren, sondern etwas, das mit einem geschieht. Insofern lässt sich von Patheuren sprechen anstelle von Akteuren. Überraschendes, Unerwartetes, Neuartiges, Verstörendes, Rätselhaftes, Verlockendes widerfährt21 einem, aber nicht im dreidimensionalen Raum, sondern im prädimensionalen, leiblichen Raum und im Raum der Gefühle (vgl. Schmitz 21995: 292–320). Deshalb bezeichnet Gugutzer im Anschluss an Hasse dieses Handeln „als (eigensinnig) leibliches Handeln“ (2017: 150, Hervorhebung im Original).

3 Die menschliche Rede zwischen Gefühlsatmosphären und situativem Verständnis

Das leibliche Einwachsen in einer neu sich bildenden gemeinsamen Lebenspraxis samt unbekannter Sprache soll im MONTAIGNE-Programm eine bislang verstellte Europäisierungserfahrung eröffnen. Doch es ist in Rechnung zu stellen, dass die zunächst leitende Frage der Teilnehmer/innen lauten dürfte: ‚Wie erschließe ich mir durch einen Spracherwerb, der weitgehend von utilitaristischen Überlegungen frei ist, die Möglichkeit, mein Leben als selbstbestimmte Europäerin bzw. als selbstbestimmter Europäer in die eigene Hand zu nehmen?‘ Bereits die erste vorbereitende Erläuterung des Europa-Semesters wird zu Tage fördern, dass sich die Antwort nicht in diskursiver, vom subjektiven Erleben ablösbarer Weise geben lässt. Erst in der Bildung neuer gemeinsamer Situationen mit den Mitstudierenden und Menschen der Umgebung, d.h. durch leibliche Kommunikation und gemeinsame Gefühlsatmosphären, erschließt sich die unbekannte Sprache als subjektive, unvertretbare Erfahrung. Diese Auskunft bedarf der Konkretisierung.

Entsprechend ihren Prinzipien scheiden für die Neue Phänomenologie konstruktivistische und naturwissenschaftlich argumentierende Sprachtheorien aus.22 Die Sprache wird aus der Perspektive des leiblich affizierbaren und in gemeinsame Situationen eingebetteten Subjekts thematisiert. Anstelle des üblichen universitären Sprachenlernens, das ein entfaltetes Niveau personaler Emanzipation voraussetzt, beginnen die MONTAIGNE-Studierenden ähnlich wie Kinder mit dem situativen Aneignen von bedeutsamem Eindrücken. Bestimmte vorsprachliche Anlässe kanalisieren den Übergang zur Rede. Zu denken ist etwa an das leibliche Koagieren in solidarischer Einleibung: Ohne Zuwendung zu den einzelnen Mitstudierenden entsteht z.B. durch chorisches Sprechen und chorischen Gesang eine gemeinsame Gefühlsatmosphäre, bisweilen bis zur Bildung einer ‚Gefühlsglocke‘, ein präreflexives Wir. Selbst wenn die Manifestationen über das Vokalisieren hinausgehen und Ausrufe und Aufforderungen (man denke an Mannschaftsspiele) enthalten, handelt es sich noch nicht um menschliche Rede, sondern um Fälle sozialer Kommunikation wie bei bestimmten Tierarten. Die jeweiligen Situationen werden als ganze evoziert und bearbeitet, nicht aber wie in menschlicher, d.h. satzförmiger Rede zerlegt in Sachverhalte, Programme und Probleme und damit expliziert. Das Einwachsen (Implikation) in die überaus reiche, neue, präreflexive Erfahrung dürfte bei den Studierenden früher oder später zu einer Überforderung, zu Überwältigungserfahrungen wie Schwindel, Kurzschlussreaktionen, Rückzug oder das Ausweichen in bereits vertraute Sprachen führen: Angesichts der dichten Abfolge, der Konkurrenz und des Kontrastes kollektiver Atmosphären weiß man mitunter nicht mehr, ‚wo einem der Kopf steht‘. Um dem Eindruck des zentrifugalen Sich-Verlierens entgegenzuwirken, unterstützen zu Beginn des Europa-Semesters praktische Übungen die Gruppenbildung, welche an die Schauspielausbildung, das Improvisationstheater und ggf. an das provokative Coaching angelehnt sind.23 In spielerischer Identifizierung24 nehmen die Studierenden mit Unterstützung des pädagogischen Teams für eine gewisse Zeit die kindliche Perspektive ein. Ohne an diese Übertragung in interkulturelle Begegnungssituationen zu denken, zitiert Schmitz zustimmend den Sprachpsychologen Hans Hörmann:

Das sprechenlernende Kind erfasst zunächst nicht das, was der geäußerte Satz meint, sondern, was ein Sprecher meint, und gesteuert von dem protolinguistischen Duktus der Zuwendung, der Intonation, lernt das Kind, die in dieser Situation produzierte verbale Äußerung so zu analysieren, dass es später weitgehend auf die Stützung durch derartige dann ‚zusätzliche‘ Fähigkeiten verzichten kann. (Hörmann 1976: 76, zit. bei Schmitz 2012: 234)

Schmitz ergänzt:

Nur durch Einpflanzung seiner persönlichen Situation in solche gemeinsamen Situationen kann ein Kind sprechen lernen, indem es die Muttersprache aus der Bedeutsamkeit gemeinsamer Situationen abzulesen lernt. (Schmitz 2010: 94) Zunächst sind es aktuelle, von Augenblick zu Augenblick verschiebbare Situationen, aus denen das Kind sein Sprachverständnis schöpft; durch rasche Verallgemeinerung bilden sich ihm daraus zuständliche, auf längere Sicht verlässliche Situationen […]. (Schmitz 2012: 234)

Ausgehend von der Erfahrung der Einleibung, in die sich die MONTAIGNE-Studierenden über suggestive Atmosphären zum Sich-Einleben in Situationen hineinziehen lassen und sich ihnen z.T. auch ausliefern, entstehen dauerhafte Situationen. Da es sich um junge Erwachsene handelt, wird diese Einstellung aber von dem Bedürfnis abgelöst, sich über die bedrängenden Situationen Klarheit zu verschaffen, d.h. das vertraute Niveau personaler Emanzipation einzunehmen. Das Bedürfnis nach Distanzierung äußert sich darin, dass die zuvor affektiv gespürte, bedrängende Bedeutsamkeit der Situationen nach einer Einordnung in Gattungen verlangt. Die entsprechende implizite Frage an sich selbst lautet: ‚Worauf will das alles mit mir hinaus?‘

Dies dürfte der Antrieb sein, der nach menschlicher Rede drängt, das heißt Sprache verstanden primär nicht als Kommunikation, sondern als Explikation, als Auseinanderwickeln des leiblich-atmosphärisch-situativ Verwickelten, und zwar in Satzform.

Das Hauptgeschäft, das Spezifische, des Sprechens besteht in der Explikation (einzelner Bedeutungen aus Situationen mit anschließender Kombination der Explikate) […]. Bei der Explikation setzt die Leistung der Sprache für das Sprechen ein. Ihr grundlegender Erfolg ist die von den Sätzen geregelte Abteilung der Explikationsprodukte in Portionen durch Darstellung in Sprüchen. (Schmitz 2012: 218–219)

Damit wird besser verständlich, warum Schmitz die Sprache definiert als „eine Situation, die ganz in ihrem Programmgehalt aufgeht“ (2012: 214), indem sie andere Situationen expliziert. Die Sprache ist ein Instrument, dessen man sich intuitiv bedient: Unabhängig vom Grad sprachlicher Progression greift man in freier Rede ohne Gebrauchsanweisung in den Vorrat der sprachlichen Möglichkeiten.

Die Explikation in Konstellationen und diese verknüpfbar zu Netzwerken betrifft aber lediglich bestimmte Sachverhalte, Programme und Probleme; der diffuse „Hof der Bedeutsamkeit“ (Schmitz) der Situation bleibt erhalten. Sofern kein praktisch-reduktives Interesse vorherrscht, lässt sich sukzessive auch Anderes aus der Situation herausholen: Nach ihrer Verwendung sinken die Konstellationen in die Situation wieder ein und verleihen ihr eine veränderte Bedeutsamkeit, so dass z.B. durch Erinnern andere, vermeintlich ‚übersehene‘ Phänomene auffällig werden. Oder aber wenn die Explikation als hermeneutische bereits auf Mehrdeutigkeit angelegt ist:

Hermeneutisch ist eine Intelligenz, die der poetischen Explikation dadurch nahe kommt, daß sie sich nicht darauf beschränkt, einzelne Bedeutungen (d.h. Sachverhalte, Programme und Probleme) zu explizieren und zu kombinieren, sondern die binnendiffuse Bedeutsamkeit ganzheitlich im Auge behält, um sich mit geschickter Sparsamkeit der Explikation ihr anzupassen. Eine Domäne für Entfaltung hermeneutischer Intelligenz ist das Gespräch […]. (Schmitz 2005: 55)

Durch leibliche Interaktion und Affizierung25 können die Studierenden unter den unterschiedlichen ‚mitgebrachten‘ Europäisierungsstilen, den Auto- und Heterostereotypen gleichsam hindurchtauchen, so dass diese nicht zu einem unüberwindlichen Verständigungshindernis werden. Was einem während des Europa-Semesters widerfährt und einen affektiv nicht mehr loslässt, ist unvorhersehbar. Nicht selten sind es Textfragmente, Liedtexte oder Dialogteile, die sich dank ihrer melodischen, rhythmischen und prosodischen Qualitäten in das Gedächtnis gleichsam einbrennen und u.U. ein Leben lang erinnert werden können.

Mit den neuen gemeinsamen Situationen und den darin sich anlagernden kollektiven Atmosphären weitet sich die ursprüngliche, vom heimatlichen Milieu geprägte Situation der Studierenden zu einer pluralen, europäischen, implantierenden Situation, d.h. die Person wächst so in sie ein, dass „eine Ablösung nur unvollständig möglich ist oder wenigstens tiefe Wunden reißt“ (Schmitz 2005: 25–27) Durch solche, mit der Sprache sprunghaft erweiterten Erfahrungen erschließt sich etwas Neues als Eigenes, so dass die neue Sprache nicht einfach etwas „Angelerntes“ bleibt, sondern etwas subjektiv Bedeutsames, etwas Eigenes wird. Es sind subjektive Tatsachen (Schmitz 2009: 29–34), die die „Evidenz im Augenblick“ (Sommer 1987) aufblitzen lassen: Das gehört zu mir. Nicht das utilitaristisch gesteuerte, auf Virtuosität ausgerichtete Lernen einer Sprache (etwa im Sinne des GER) ist gemeint, sondern die Hinwendung zu einer „Bruder-Sprache“ (Trabant 2014: 34–35), der man in Analogie zur „Muttersprache“ ähnlich affektiv zugetan ist. Wie in der kindlichen Entwicklung (Epigenese) entsteht damit etwas unableitbar Neues.

Indem sich die Lebenspraxis der Studierenden durch die Verschlingung von Implikation (in Situationen der versprachlichten Lebenspraxis) und Explikation (dieser Situationen) von Grund auf verändert, verändert sich ihr Selbst- und Weltverhältnis. Was den Studierenden ans Herz wächst, was ihnen so wichtig ist, dass sie materielle und symbolische Vorteile geringschätzen, zeigt sich in den neu entstehenden Gefühlen. Die neu sich bildenden Situationen und die darin sich niederlassenden Gefühlsatmosphären werden als gemeinsame geteilt und Gegenstand hermeneutischer Bemühungen. Da diese Erfahrungen von Studierenden aus unterschiedlichen Ländern geteilt werden, erschließt sich das ‚Europäische‘ über den geteilten ‚Umweg‘ des Einlebens in den unbekannten Europäisierungsstil vor Ort. Im Ergebnis kann es zu einer sekundären Epigenese der Person als Europäerin bzw. als Europäer kommen. 26

Notes

  1. Siehe den Titel des Buches von Hermann Schmitz: Situationen und Konstellationen. Wider die Ideologie totaler Vernetzung, Freiburg/München 2005. [^]
  2. Siehe Brague (1992: 238), der fragte: „Sommes-nous bien sûrs que ce qui se construit est vraiment l’Europe?“ Außerdem Fernand Braudel: „C‘est mal connaître les hommes que de leur donner pour seule pâture ces sages additions qui font si pâle figure à côté des enthousiasmes, des folies non dénuées de sagesse qui ont soulevé l‘Europe de jadis ou d‘hier. Une conscience européenne peut-elle se construire seulement sur des chiffres? Ne peut-elle pas, au contraire, leur échapper, les déborder de façon imprévisible?“ (zit. bei Delors 1989: 3) [^]
  3. Die Bezeichnungen ‚Europäischer Gerichtshof‘ und ‚Europa-Parlament‘ sind fehlerhaft. Richtig muss es heißen: Gerichtshof der Europäischen Union (GHEU) und Parlament der Europäischen Union (PEU) wie auch Zentralbank der Europäischen Union (ZEU). [^]
  4. Vgl. Schmitz (22016; 2016); zur kritischen Würdigung einiger Themen vgl. Rappe (2018); Böhme (2003). [^]
  5. Siehe unten Kap. 3. Zur Herleitung des Mottos „Zu den Situationen selbst!“ aus der Kritik an der Phänomenologie von Husserl und Heidegger vgl. Großheim 2018. [^]
  6. Vgl. Müller-Pelzer (2023). [^]
  7. Max Scheler hatte den verbreiteten Verstoß gegen das phänomenologische Prinzip so zusammengefasst, „daß man, anstatt die schlichte Frage zu stellen: ‚Was ist gegeben?‘, die Frage stellt: ‚Was kann gegeben sein?‘“. (Scheler 1980: 74; Hervorhebung im Original) [^]
  8. Von dieser die tradierte Philosophie revolutionierenden Einsicht hat sich eine breite Diskussion über die Leibphilosophie, bzw. Leibphänomenologie entfaltet, die mit den Namen Böhme, Gahlings, Landweer, Großheim, Rappe, Gugutzer, Griffero, Waldenfels, Fuchs, Soentgen u.a. angedeutet wird. [^]
  9. Ein einschlägiges Beispiel ist die bis heute verbreitete Annahme, der Mensch habe eine Seele. Ausgehend von dieser vermeintlichen Selbstverständlichkeit werden abstrakte Begriffe gebildet, mit denen Theorien je nach den zugrundeliegenden Annahmen operieren. [^]
  10. Die positivistische Verengung der Empirie besteht in der Annahme, der Weltstoff bestehe vollständig aus wohlbestimmten Sachverhalten. Hier macht sich der europäische Nominalismus/Singularismus bemerkbar, wonach der gesamte Weltstoff in Einzelnes zergliedert sei und sich alles auf der Basis einzelner Faktoren verknüpfen und zu neuen Netzen umknüpfen lasse (Schmitz 2005: 49). Die vielsagenden Eindrücke der Lebenserfahrung werden mit der Konstruktion eines psychischen Apparates künstlich in kognitive, affektive und volitive Bestandteile zerlegt, so dass anstelle des diffusen subjektiven Spürens Konstellationen übrigbleiben, mit denen man konstruieren kann. Wie in der Physik herrscht auch hier das Gesetz des Ingenieurs. Diese derart „halbierte“ Erfahrung (Schmid 22012: 102–105) bringt den modernen Konstellationismus hervor (vgl. Schmitz 2005), für den sich ein ganzheitliches Verständnis von Europa gleichsam in Luft auflöst. [^]
  11. Das ursprüngliche Ziel des ERASMUS-Programms, neben der beruflichen Flexibilisierung zur Bildung bzw. Vertiefung eines europäischen Zusammengehörigkeitsgefühls beizutragen, ist um das Jahr 2020 entfallen. Eine aktuelle Illustration der selbstbezogen-selbstzufriedenen Hintergrundstimmung, wonach die Globalisierung sich als eine ‚feine Sache‘ darstellt, bietet das neue Motto des ERASMUS-Programms. Mit dem neuen Slogan: „Enriching lifes. Opening minds.“ (https://www.erasmusplus.de/) bietet sich das studentische EU-Austauschprogramm ERASMUS+ den Studierenden an, die auf der Globalisierungswelle ‚surfen‘ wollen. [^]
  12. „Eurobarometer“ ist das offizielle Organ der Europäischen Kommission für politische Meinungsumfragen. Durch diese Interessenlage sowie methodisch unscharfe bis manipulative Fragestellungen ist die Grenze zur Propaganda fließend (vgl. Höpner/Jurczyk 2015). [^]
  13. Die Spitze des unkritischen Positivismus ist z.B. die Idee, die auf Aussagen der Befragten beruhenden „Love stories – international relationship“ als Kategorie der Wirkungsstudie aufzunehmen. Vergleiche dazu die Untersuchung von Illouz (2018: 329–346). [^]
  14. In dem hier betrachteten Fall von Studierenden ist die zentrale Organisationseinheit ein Urlaubssemester („Europa-Semester“). Der Name des Programms ist so gewählt worden, weil der intellektuelle Aufbruch des modernen Europas im 16. Jahrhundert einen angemessenen Ausdruck im Juristen, Politiker und philosophierenden Autor Michel de Montaigne (1533–1592) findet. Er hat die beruhigenden Begrenzungen des christlichen Humanismus eines Erasmus von Rotterdam hinter sich gelassen und die Stürme einer Welt erlebt, welche die traditionelle Orientierung in metaphysischer, politischer, wissenschaftlicher und anthropologischer Hinsicht großenteils ins Wanken gebracht hatten. Der zweite Grund ist darin zu sehen, dass Montaigne in seinen Essais auf Französisch schrieb, - damals noch eine Umgangssprache auf dem Weg zu einer Hochsprache, und nicht wie Erasmus im Latein der Gelehrten, das Montaigne gemäß dem humanistischen Bildungsideal seines Vaters schon von Kindesbeinen an gelernt hatte. Auf diese Weise bezeugt die Bezeichnung MONTAIGNE-Programm, dass Europäer-Sein untrennbar mit dem Erwerb und dem Gebrauch einer lebenden, auf affektiver Nähe gründenden Sprache (oder mehrerer) verbunden ist. Drittens ist sein Werk, die Essais, der Selbsterfahrung gewidmet. Damit stellt es eine frühe, kritische Instanz gegenüber dem heraufziehenden naturwissenschaftlich-technischen Dynamismus dar. [^]
  15. „[…] die europäische Intellektualkultur, den spezifisch europäischen Stil der zur Hochkultur gehörigen besonderen Disziplin. Dieser Stil besteht darin, daß jeder Mensch (zunächst: jeder erwachsene Mann) eingeladen ist, sich sein eigenes Urteil zu bilden und auf dieser Grundlage Vorschläge über Tatsachen und Programme einzelnen und gemeinsamen Lebens zu machen; die Disziplinierung besteht darin, daß er seine Meinung begründen und der Kritik der Anderen aussetzen muß.“ (Schmitz 1997: 23) Drei Merksprüche verdeutlichen dies: ‚Weder will ich nämlich herrschen noch mich beherrschen lassen.‘ Dies meint die Zurückweisung von aktiver wie passiver Despoten- und Priesterherrschaft. Es folgt die zunächst rätselhafte Aufforderung: ‚Werde, der du bist!‘ Sie war an den einzelnen Menschen gerichtet, sich als unfertig zu betrachten, um selbst den Weg zum Selbstsein zu finden, also keine (theologische, biologische o.ä.) Vorbestimmung zu akzeptieren. Schließlich: ‚Erkenne dich selbst! Sei besonnen!‘ Die Selbstbesinnung wurde damit auf das lebenskluge Abwägen zwischen den Extremen der Selbstüberschätzung und der Selbsterniedrigung verwiesen. Im Gegensatz zum mythischen Verständnis wurde der Mensch als mündig (frei), entwicklungsfähig (sich entwerfend) und rechenschaftsfähig (für sein Handeln verantwortlich) aufgefasst. Zur Vorgeschichte vgl. Meier (2012). [^]
  16. Verschiedentlich verweist Schmitz erstens auf die bloß leiblichen Regungen wie Schreck, Angst, Schmerz, Hunger, Durst, Jucken, Stechen, Wollust, Ekel, Frische, Müdigkeit; zweitens auf die leiblichen Regungen, die affektives Betroffensein von Gefühlen sind, drittens auf die gespürten willkürlichen und unwillkürlichen Bewegungen wie Gehen, Greifen, Springen, Tanzen, Zittern, Zucken, Schlucken, und viertens auf die unumkehrbaren leiblichen Richtungen, teils ohne Bewegung vorkommend wie der Blick, teils an Bewegungen gebunden wie Ausatmen und Schlucken (vgl. Schmitz 2011: 4). [^]
  17. „Die wichtigste Dimension des leiblichen Befindens ist die von Enge und Weite, besetzt mit gegen einander strebenden, aber mehr oder weniger an einander gebundenen Tendenzen der Engung und Weitung. Leiblichsein bedeutet in erster Linie: Zwischen Enge und Weite in der Mitte zu stehen und weder von dieser noch von jener ganz loszukommen, wenigstens so lange, wie das bewußte Erleben währt. Im heftigen Schreck schwindet es im Extrem einer Engung ohne Weitung, beim Einschlafen und in verwandten Trancezuständen im Extrem einer Weitung ohne Engung, und beide Extreme können auch zusammenfallen, wenn das Band zwischen Engung und Weitung reißt. […] Das primäre Verhältnis zwischen Engung und Weitung besteht darin, dass sie antagonistisch konkurrieren, indem sie einander anstacheln und eben dadurch Widerstand leisten. In diesem Verhältnis bezeichne ich die Engung als Spannung, die Weitung als Schwellung (im Sinne von ‚geschwellt‘, nicht von ‚geschwollen‘). Jede kann dominieren; beide Tendenzen können sich auch ungefähr das Gleichgewicht halten. […] [Es kommt ein weiteres Begriffspaar hinzu.] Protopathische und epikritische Tendenz. Protopathisch ist die Tendenz zum Dumpfen, Diffusen, Ausstrahlenden, worin die Umrisse verschwimmen, epikritisch die schärfende, spitze, Punkte und Umrisse setzende Tendenz.“ (Schmitz 21992: 11–19) [^]
  18. Darunter werden nicht naturwissenschaftlich reduzierte, quantifizierbare körperliche Prozesse verstanden, sondern leiblich-körperlich verschlungene, nur ansatzweise objektivierbare Phänomene. [^]
  19. Wenn im Folgenden von Lebenspraxis ohne andere Bezugnahme gesprochen wird, dann ist das Sich-einleben in Situationen im Zielland gemeint. [^]
  20. Zum Thema der Sprachenwahl siehe Teil 2 des vorliegenden Aufsatzes. [^]
  21. Dass das Affiziert-Werden einen doppelten, passiv-aktiven Sachverhalt bezeichnet, wird in Teil 2 erläutert. [^]
  22. Für die Darstellung der Schmitz’schen Sprachtheorie siehe Demmerling (2018), der den aktuellen Stand der philosophischen Debatte erläutert. [^]
  23. Im Unterschied dazu handelt es sich aber nicht um die Simulation gemeinsamen Situationen, sondern um die Vorstufe implantierender gemeinsamer Situationen mit den Gruppenmitgliedern. [^]
  24. Im Spiel, d.h. durch die Einklammerung der Tatsächlichkeit, besteht die Aussicht, dass entweder die unter Druck stehende, starre Fassung ein wenig gelockert oder aber die labile Fassung entlastet werden kann. Für Erläuterungen siehe Teil 2 des vorliegenden Aufsatzes. [^]
  25. Über die Rolle leiblicher Brückenqualitäten (Bewegungssuggestionen, synästhetische Charaktere) siehe Schmitz (2005), 126–137 sowie die Erläuterungen in Teil 2. [^]
  26. Damit dürfte das MONTAIGNE-Projekt die bei Schmitz vorliegenden Äußerungen zum Fremdsprachenerwerb ergänzen (Schmitz 2012: 217–218). [^]

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Kurzbio

Dr. phil. Werner Müller-Pelzer war von 1990 bis 2014 Studiengangsleiter für die Studiengänge International Business deutsch-französisch und deutsch-spanisch an der FH Dortmund. Er leitet die Forschungsstelle für interkulturelle und europäische Studien und ist Herausgeber des eJournals impEct.

Anschrift:

Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Wirtschaft

Emil-Figge-Straße 44

44227 Dortmund

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